KulturVision:
Von Aal bis Zander

Eine Tür geht zu, eine andere auf, heißt es. Eine neue, spannende Ausstellungsabteilung im Museum Jagerhaus Gmund schließt die Lücke, die das stillgelegte Aquadome in Bad Wiessee hinterlässt.

jagerhaus kulturvision fischer
Machten den neuen Sammlungsschwerpunkt möglich: Marianne Baader (Nachlass), Maria Prenzel, Priska Büttel (Heimatfreunde Gmund e.V.), Dr. Anton Lentner (Vorstand Hubertus-Altgelt-Stiftung). / Foto: Ines Wagner

Die im Tegernsee, der Mangfall und in umliegenden Gewässern heimischen Fische kann man jetzt in echt und Lebensgröße im Jagerhaus entdecken. Das ermöglicht eine Schenkung von 22 eindrucksvollen Präparaten aus dem Nachlass des Anglers Heinz Baader – ein Glücksfall. Auch der Fischereiverein engagierte sich nach Fischerart. 

Brechend voll war das Jagerhaus am Sonntag zur Eröffnung der neuen Sammlungsabteilung im Untergeschoss des Museums. Dort in der Waschküche, zu der die lebensgroße Figur eines Fischers den Weg weist, ist jetzt eine ganze Wand der neuen Fischsammlung gewidmet. Von Aal bis Zander, von der kleinen Renke bis zum Mordstrumm-Waller, vom räuberischen Hecht mit seinem gefährlichen Gebiss bis zum in den 1990er-Jahren durch eine Krebspest im See ausgestorbenen Edelkrebsen reicht die Sammlung. Insgesamt 22 Präparate nennt das Museum jetzt stolz sein Eigen.

Blick in die Ausstellung - Jagerhaus Fischereiverein
Blick in die Sammlung – die hochwertigen Fischpräparate „schwimmen“ hinter Glas. / Foto: Ines Wagner

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Der Verein Heimatfreunde Gmund hätte sich aus dem Nachlass der hochwertigen und bemerkenswerten Sammlung des ambitionierten Fischers Heinz Baader etwas aussuchen dürfen, erzählte Vorstandsvorsitzende Maria Prenzel bei der Eröffnungsfeierlichkeit: „Da waren wir überrascht über die außerordentliche Vielfalt und Qualität der Exponate, aber auch über das großzügige Angebot, und haben richtig zugeschlagen.“ Sie dankte der Witwe Heinz Baaders herzlich mit einem Blumenstrauß.

Während Umbau geplant

Blumen gab es auch für Priska Büttel für die hervorragende Konzeption der Ausstellung. Tatkräftig zur Seite hatten ihr dabei Maximilian Voit vom Fischerverband Oberbayern sowie Thomas Mattner und Stefan Bartl vom Bezirksfischereiverein Miesbach-Tegernsee gestanden. Geplant wurde das neue Ausstellungskonzept bereits während der anderthalbjährigen Schließung des Museums – ein Kraftakt während des Umbaus, der sich gelohnt hat. Ein dritter Strauß ging an Maria Wimmer, die zweite Vorsitzende des Fischereivereins Tegernseer Tal e.V. für die tatkräftige Unterstützung bei der Eröffnungsfeier. 

Dank an Hubertus-Altgelt-Stiftung

Ohne die Großzügigkeit der Hubertus-Altgelt-Stiftung sei das Ganze nicht möglich gewesen, so Maria Prenzel. Sie habe die kompletten Kosten übernommen. Dafür bedankte sich auch Christine Zierer im Namen der Gemeinde herzlich. Die Mangfall habe immer eine große Rolle in der Geschichte des Ortes gespielt, von der Trifft über den Fischfang bis zum Bootsverleih: „Es ist auch unser Heimathaus und wir alle profitieren davon“, lobt sie. „Fische waren immer wichtiger Teil des Speiseplans der Gmunder, nicht nur freitags.“ Ihr herzliches Vergelt’s Gott galt daher der Witwe Heinz Baaders und Anton Lentner von der Altgelt-Stiftung: „Danke, dass Sie den Verein bedacht haben und die Fische im Rahmen des Nachlassverfahrens in das Jagerhaus gelangt sind.“

Ein Highlight der Eröffnungsveranstaltung war der interessante und kurzweilige Vortrag von Thomas Mattner, dem ersten Vorsitzenden vom Bezirksfischereiverein Miesbach-Tegernsee, dem „ältesten Naturschutzverein“ im Landkreis. Der leidenschaftliche Fischer und Taucher hatte jede Menge anschaulicher Unterwasserfotos im Gepäck, als er die Geschichte der Fischerei von der Steinzeit bis heute im Schnelldurchgang durchmaß.

Fischereiverein gut vertreten

Dicht an dicht gedrängt lauschten die Gäste – darunter eine große Fischergemeinschaft – seinen Ausführungen zum „Who’s who“ unter der Wasseroberfläche von Tegernsee und Mangfall. Beginnend in der Würmeiszeit und mit dem großzügigen Kompliment an den See – er sei kein „Moderlappen“, sondern äußerst sauber – ließ er die Gäste der Eröffnung daran teilhaben, wie Fischer und Taucher den See entdecken.

Dieser sei nicht nur von unzähligen Fische bevölkert, sondern auch von interessanten Schleimalgen und unsterblichen, aus reinen Stammzellen bestehenden Hydras, von Egeln, Bachflohkrebsen oder Wasserasseln etwa. Er erzählte, dass im mittelalterlichen Kloster während der Fastenzeit ungefähr 10.000 Rotscherenkrebse verzehrt wurden, die gesamte Population der Edelkrebse allerdings in den 1990er-Jahren von einer Krebspest ausgelöscht wurde. Dass die Renke der „Brotfisch“ der Angler sei und die Seeforelle der spektakulärste Fang, der „Fisch der tausend Würfe“.

„Das Leben im See hat immer auch etwas mit dem Tod zu tun“

Interessant war auch der kurze Exkurs zur früheren Herstellung des  kostbaren „Fischsilber“ aus Schuppen von Lauben. Und dass der Raubfisch Hecht einen Barsch vor dem Schlucken umdreht, um ihn aufgrund seiner gefährlichen Rückenflosse nicht von hinten zu fressen. Auch dass heute die Äsche häufig ein Opfer übertriebenen Naturschutzes würde, ließ sich erfahren. Gänsesäger und Otter könnten sie ungehemmt angreifen und tödlich verletzen. Und das war längst nicht alles. Dieser enorme Wissensschatz soll künftig noch multimedial in die Ausstellung eingefügt werden.

 Fischereiverein organisierte Kinderangeln
Die Kinder durften sich im Auswerfen der Angel versuchen – begleitet von Martin von Preysing vom Fischereiverein Tegernseer Tal e.V. Foto: Ines Wagner

Delikatessen vom Fischereiverein und Bistro

Nach dem vielbeklatschten Vortrag durften die Delikatessen aus dem See verkostet werden. Das Fischereibistro von Christoph von Preysing sowie die Fischereiverein Tegernsee e.V. hatten großzügig kulinarisch aufgefahren und die Museumsgäste mit Fischkanapees und -pflanzerln verwöhnt. Im Anschluss daran ging’s hinab in das Untergeschoss. Eine ganze Wand des neuen Sammlungsraumes ist von 20 unterschiedlichen Fischen sowie zwei Krebspräparaten „bevölkert“. Man kann hinter Glas die spitzen Zähne des Hechts bestaunen, die gefährliche Rückenflosse („nicht gegen den Strich schlucken“) des Barschs, bis hin zum mächtigen Wels und dem schmackhaften Aitel, der auch Döbel heißt.

Zur musikalischen Umrahmung hätten sich Bildhauer Konrad Broxtermann gemeinsam mit seinem Musikerkollegen Franz Hagg kein besseres Lied aussuchen können als die Vertonung eines Gedichtes des österreichischen Lyrikers Theodor Kramer „Beim Stromwirt“. „Koste vom Hecht, er ist frisch, … ich bin alt wie ein Fisch…“ heißt es da etwa, einfühlsam vorgetragen. Irisch-bairisch begleitete das Gitarren- und Gesangsduo die gelungene Eröffnungsveranstaltung.

Weiterlesen: Neustart im Jagerhaus.

Jagerhaus

Das Museum im Jagerhaus öffnet bis zur Winterpause im November zu den gewohnten Öffnungszeiten: Montag, Freitag und Sonntag jeweils von 14 bis 17 Uhr (feiertags geschlossen). Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen auf der Webseite des Museums.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Online-Magazin KulturVision am 30.06.2024 | Ein Beitrag von Ines Wagner.

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