Halbe Wiese bringt volle Kassen

Zur Zeit ist das Grundstück nahe des Rudolf-Kempe-Wegs noch als „Fläche für Gemeinbedarf“ eingetragen. Noch im vergangenen September hatte Gmunds Geschäftsleiter Alfons Besel auf Nachfrage erklärt, man denke nicht daran, das Gebiet zur Wohnbebauung freizugeben. Nun ist der erste Schritt dahin getan.

Die Hälfte der großen Fläche hat der Gemeinderat gestern als „reines Wohngebiet“ im neuen Flächennutzungsplan vorgesehen. Dabei gab es zahlreiche Einwände.

Das Grundstück im Vordergrund gehört seit 2011 der Gemeinde Gmund. Hinten der Ortskern von Dürnbach / Archivbild

„Mit dem Landbaderfeld ist der Bedarf für die Gemeinde erstmal gedeckt“. Mit diesen Worten hatte Geschäftsleiter Alfons Besel noch vor vier Monaten Vermutungen vom Tisch gewischt, die knapp 40.000 Quadratmeter große freie Fläche in Dürnbach könne ebenfalls zu Bauland erklärt werden. Sie diene lediglich als „Finanzpolster“ für die Gemeinde.

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Ein Polster, das sich irgendwann in bare Münze umwandeln könnte. Denn in der gestrigen, rund dreistündigen Sitzung des Gmunder Gemeinderates kam die Kehrtwende. Die Hälfte des großen Grundstücks mit der pikanten Vergangenheit wird nun als „reines Wohngebiet“ ausgewiesen.

Unter Wert gekauft

Dabei besitzt das Areal, auf dem im vergangenen Jahr die Festivitäten von Feuerwehr und Gebirgsschützen über die Bühne gingen, eine interessante Vorgeschichte. Das Grundstück westlich vom Ortskern Dürnbachs ist Ortskundigen als ehemaliges „Schörghuber-Jennerwein-Grundstück“ bekannt. Als es vor sieben Jahren dort zu einer Versteigerung kam, weil sich die unterschiedlichen Eigentümer nicht einigen konnten, gab es im Vorfeld eine Einschätzung der Gemeinde Gmund. Die Fläche sei nicht einmal als Volksfestplatz geeignet, da die natürlichen Eigenheiten der Landschaft beeinträchtigt würden.

Zudem bestätigte der damalige Vize-Bürgermeister Marinus Dießl (CSU), dass „die Aufstellung eines Bebauungsplans vorerst nicht geplant ist“. Deshalb stufte der Gutachter den Verkehrswert auf 335.000 Euro ein. Das sind knapp über 8 Euro pro Quadratmeter. Laut einem Bericht im Merkur vom 24.3.2006 erhielt schließlich die Schörghuber-Gruppe für 1,1 Millionen Euro den Zuschlag. Fünf Jahre später vermeldete die Gemeinde Gmund dann im Oktober 2011 den Kauf des Grundstücks. Rund 694.000 Euro soll das Areal nach einem Bericht im Gelben Blatt gekostet haben. Dies würde einen Nachlass von knapp 400.000 Euro unter dem Einstandspreis bedeuten.

Zahlreiche Stellungnahmen

Mit der nun geplanten Ausweisung im Bauleitplan und der damit verbundenen Vorbereitung für Wohnland ist der Weg theoretisch frei. Mit dem zu erwartenden Verkaufspreis von 400 Euro pro Quadratmeter wäre der Haushalt der Gemeinde als Eigentümerin der Wiese saniert. Doch zuvor müsste das Gebiet erst als reines Bauland ausgewiesen werden. Und das, so Besel auf Nachfrage, könne ohne weiteres noch Jahre dauern oder auch gar nicht passieren.

Bei der gestrigen Sitzung gab es aber so schon etliche Stellungnahmen, die angehört werden mussten. Wegen der großen Anzahl der Schreiben kam nur eine kleine Auswahl davon wörtlich zur Sprache. Zu viele Einwände waren für den kompletten Flächennutzungsplan eingegangen. Während die 14 öffentlichen Träger kaum Bedenken geäußert hatten, waren es vor allem 23 Bürger, die sich an den Plänen störten. Die meisten Stellungnahmen betrafen dabei die Wiese in Dürnbach.

So hält beispielsweise Naturschützer Karl Brutscher die Umwandlung von Landschaftsschutzgebiet in Bauland für rechtswidrig. Weitere Bürger beklagten in ihren Schreiben den „Verlust der dörflichen Struktur Dürnbachs“. Von einer „tiefgreifenden Entwicklung, noch bevor der erste Stein am neuen Landbaderfeld gesetzt ist“, ist die Rede. Und Klaus Raßhofer prophezeite Ärger wegen seiner angrenzenden Schreinerei und der damit verbundenen Lärmbelästigung.

Nachzahlpflicht droht

Doch all das war gestern kein großes Thema. Denn da die Gemeinde Gmund über den neuen Flächennutzungsplan zu Bauerwartungsland und später möglicherweise zu Bauland kommt, ist nun theoretisch eine gigantische Wertsteigerung von etlichen Millionen Euro möglich.

Ein Umstand, der auch die Schörghuber-Gruppe freuen dürfte. Denn spätestens wenn das Grundstück zu Bauland wird, hat die Gemeinde eine Nachzahlungspflicht gegenüber dem Unternehmen, von dem sie das Grundstück für einen Bruchteil der nun zu erwartenden Summe gekauft hatte. „Die Differenz zwischen dem landwirtschaftlichen Preis und dem erzielbaren Preis müsste zurückgezahlt werden“, so erklärte es Besel im September auf Nachfrage.

Potentielles Bauland soweit das Auge reicht.
Potenzielles Bauland so weit das Auge reicht.

Die östliche Wiesenhälfte soll nun zum „reinen Wohngebiet“ werden. Doch Bürgermeister Georg von Preysing (CSU) freut sich bereits darüber, dass die westliche Hälfte als späterer Vorrat auch noch zur Verfügung steht, auch wenn das Gebiet derzeit noch im Landschaftsschutzgebiet „Tegernsee und Umgebung“ liegt. Das hatte die Untere Naturschutzbehörde im September vergangenen Jahres bestätigt.

Der jetzige Beschluss, die halbe Wiese, die nicht im Landschaftsschutzgebiet liegt, als vorbereitendes Wohnland auszuweisen, fiel zwar einstimmig. Doch Helga Wagner von den Grünen kündigte direkt nach der Abstimmung an, einen schriftlichen Antrag stellen zu wollen, damit die Wiese aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen wird. Wagner ist seit Monaten dagegen, dass das Gebiet zu Bauland wird. Doch bei der entscheidenden Sitzung am Dienstag habe Sie keine Möglichkeit gehabt dagegen zu stimmen, wie Sie auf Nachfrage erklärt:

Die Beschlussfassung wurde nach dem Vor-Ort-Termin am Nachmittag mündlich geändert. In der Sitzung konnte ich dann nicht mit Nein stimmen, weil ich sonst automatisch den ersten Beschluss akzeptiert hätte. Doch das wollte ich auch nicht. Ich lasse mich jetzt beraten und werde versuchen den gesamten Beschluss anzufechten.

Unabhängig von Wagners nächsten Schritten ist der weitere Ablauf rund um das Dürnbacher Feld derzeit noch offen. Denn wann und wie das Grundstück bebaut werden soll, steht wie beschrieben derzeit noch nicht fest. Möglich wäre unter anderem ein Einheimischen-Programm, wie es die Gemeinde Gmund derzeit teilweise auf dem Landbaderfeld realisiert.

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