„Was denn? Es stimmt doch!“

Die CSU und das Internet – seit jeher ein leidiges Thema. Wie eine jüngste Peinlichkeit zeigt, ist man wohl noch lange nicht im altbekannten „Neuland“ angekommen: Der 74-jährige „Webmaster“ des Miesbacher Kreisverbands blamiert die Partei mit einer kruden Ansammlung pressefeindlicher Zitate. Nach außen hin rudern Repräsentanten zurück – intern geschieht offenbar nichts.

Zitate
Eine Auswahl der Zitate, die gestern auf der Homepage der CSU Miesbach zu lesen waren.

Auf der Internetseite des Kreisverbands der CSU Miesbach waren gestern einige Zitate über den Journalismus zu lesen – und sie waren alles andere als positiv. So hieß es dort etwa: „Journalisten klopfen einem ständig auf die Schuter – auf der Suche nach der Stelle, wo das Messer am leichtesten eindringt.“

Die anderen Aussprüche sind ähnlich abwertend: Medien würden gewollt manipulieren und Meinungen diktieren. Berichterstatter werden mit Verbrechern gleichgesetzt. Inzwischen sind die Zitate wieder von der Seite verschwunden.

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Der Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der CSU Miesbach, Alexander Radwan, distanziert sich im Gespräch mit der TS von der Veröffentlichung. Herr Kögl handle als Webmaster in eigener Verantwortung. Er selbst habe ein anderes Bild vom Journalismus, sagt Radwan und erklärt:

Natürlich gefallen einem als Politiker nicht alle Berichte und natürlich läuft nicht immer alles reibungslos.

Dennoch sehe er Meinungsfreiheit und kritischen, unabhängigen Journalismus als wichtigen Teil unserer Grundordnung. Man müsse daher ein Miteinander suchen und sich gegenseitig mit Respekt behandeln.

„Die Zitate hätten eigentlich gar nicht mehr online sein sollen“, sagt Kögl auf Anfrage. Er habe sie im Januar dieses Jahres veröffentlicht und dann auch wieder von der Seite genommen. Damals seien sie noch „sehr passend“ gewesen. Wie die Zitate dann wieder auf die Seite gekommen seien, sei für ihn ein Rätsel: „Ich bin ja kein Techniker“, kommentiert er. „Irgendwas ist wohl schief gelaufen.“

Kögl selbst sieht „hier definitiv keinen Skandal“ – und eigentlich nicht einmal ein Problem. Er findet seine Auswahl „lustig und amüsant“. Und er habe sogar Journalisten in seinem Bekanntenkreis, die „über seine Sammlung von Aphorismen lachen“ könnten. Außerdem seien die Aussprüche ja auch zutreffend.

Alexander Radwan von der CSU. Nach Erfahrungen auf europäischer Ebene und im Bayerischen Landtag will er nun für die CSU in den Bundestag.
In der Öffentlichkeit distanziert Alexander Radwan sich von den Zitaten – intern gab es offenbar noch keine Auseinandersetzung. Archivbild.

Man müsse die Zitate allerdings im Kontext betrachten: Im Januar habe es „eine ganze Reihe von Berichten“ gegeben, die „sehr einseitig und wahrheitsverfälschend“ gewesen seien. Als Beispiel nennt er die „tendenziöse Berichterstattung“ gegen die Pegida-Bewegung.

Die CSU rudert öffentlich zurück, die Zitate verschwinden und Herr Radwan distanziert sich – intern geht es aber offenbar anders zu: Kögl sagte gegenüber der TS, dass er bislang „noch keinen Ärger bekommen habe“ und fragt:

Wo kämen wir denn dann hin?

Er beruft sich auf die „freie Meinungsäußerung“. Es seien ja außerdem nicht seine Zitate, sondern die von anderen Leuten. Kögl gesteht allerdings ein, dass seine Auswahl „etwas einseitig“ gewesen ist: „Natürlich sind nicht alle Journalisten Lügner.“

Auf dem Weg ins Neuland dümpelt die CSU Miesbach durch ein Watt der Rückständigkeit. Und immer wieder tauchen Peinlichkeiten auf: Knapp ein Jahr nach seinem Rücktritt wurde Jakob Kreidl auf der Homepage immer noch als der aktuelle Landrat dargestellt. Auf der Website ist genau eine Telefonnummer zu finden – die ist allerdings nicht mehr aktuell. Und jetzt verstört ein „Webmaster“ durch vollkommene Ahnungslosigkeit, haarsträubende Inkompetenz und eine unangenehme Nähe zur Pegida-Bewegung.

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