Seit Jahrzehnten ist die Adler-Apotheke ein eingesessenes Geschäft in der Münchner Straße. Sie hatte viele Stammkunden. Viele davon kamen von den Ärzten aus der Umgebung. Deshalb hatten sie auch keine Angst, als das Holzkirchner Einkaufsparadies (HEP) vor vier Jahren seine Pforten öffnete.
Neue Einkaufsphilosophie entstanden
Umso überraschter waren die Apotheker, dass ihr Kundenkreis zunehmend kleiner wurde. „Das HEP hat leider negative Auswirkungen auf uns. Zwar sind unsere Stammkunden geblieben, aber viele Laufkunden nehmen ihre Medikamente mittlerweile beim Einkaufen im HEP mit“, berichtet Gabriele Klein, Pharmazie-Ingenieurin bei der Adler-Apotheke. Besonders betroffen seien die nicht-rezeptpflichtigen Mittel.
Aber das Einkaufsverhalten habe sich eben in den vergangenen Jahre stark verändert. „Heutzutage muss alles schnell gehen: schnell ins Geschäft rein, schnell wieder raus“, kommentiert sie das Einkaufsverhalten der Kunden. Sie vermisst die Zeiten, als noch Leute durch die Münchner Strasse bummelten und zwischendurch ihre Einkäufe erledigten. Besserung verspricht sie sich allerdings von dem Abschluss der Bauarbeiten auf dem früheren Baywa-Gelände und hofft, dass sich dadurch „wieder mehr Geschäfte ansiedeln und mehr Leben stattfindet“.
Auch andere Geschäftsinhaber, die nicht namentlich genannt werden möchten, leiden unter dem aktuellen Einkaufsverhalten. Viele Menschen seien berufstätig und gingen zwischen 18 und 20 Uhr einkaufen. Das könnten die kleinen Einzelhändler schon vom Personalaufwand her nicht leisten, spielen Inhaber der betroffenen Läden auf die Vorteile der Einkaufszentren an.
“HEP keine Konkurrenz”
Den Einfluss des HEP auf ihr Schuhgeschäft kann Lavinia Prodehl von Schuh Linse dagegen nicht einschätzen. Ihr Laden habe erst vor drei Jahren geöffnet. Prodehls Problem ist eher, dass es zwar Parkplätze gibt, viele Leute aber nicht gewillt sind, ein paar Meter zu laufen. „Und der Verkehrslärm ist viel zu laut“, findet sie. Ihr Wunsch ist eine „30-er Zone mit Bummel-Atmosphäre“.
Zu viel Verkehr, ein fehlender Ortskern und keine Laufkundschaft sind auch die Kritikpunkte von Daniela Hensel vom Zuckerwerkstatt-Team. Vor fünf Jahren hat die Patisserie und Konditorei mit Café am Oskar-von-Miller-Platz gestartet. Eine direkte Auswirkung des HEP sieht aber auch sie nicht. „Die Tagesbar im HEP ist keine Konkurrenz für uns. Unser Angebot ist komplett anders“, wehrt sie jeden Vergleich ab.
„Als Fachgeschäft spüren wir das HEP überhaupt nicht“, kommentiert auch Wolfgang Jennerwein vom gleichnamigen Modehaus am Marktplatz. Man habe einen völlig anderen qualitativen Anspruch und damit eine andere Zielgruppe als die Discounter, so Jennerwein. Insgesamt sieht der Ladenbetreiber, der auch als Gemeinderat aktiv ist, dass des Einkaufparadies zwar Menschen aus dem Einzugsgebiet von Valley über Otterfing bis Warngau anziehe. Doch aus seiner Sicht würden einige der dort angesiedelten Filialisten dem Anspruch von Holzkirchen nicht gerecht werden.
Insbesondere den Vorteil für die Gemeinde durch die Gewerbeansiedlung vermisst er. Zwar würde Holzkirchen die Kaufkraft stärker abschöpfen, da die Leute beispielsweise für Kommunikationstechnik nicht mehr nach München zum Einkaufen pendeln müssten. Aber, moniert er, die Filialisten zahlten geringe Löhne und keine Gewerbesteuer hier am Ort, sondern am Hauptsitz der Firma.
Geschäfte passen sich an
Eine Mitarbeiterin des Geschenkshops Cose Cosi in der Münchner Straße hingegen hat den Eindruck, dass das HEP mit Geschäften wie Edeka und DM „ein Traum ist, der Menschen aus dem Umland anlockt und zum Bummeln im Ort verleitet“. Trotzdem musste ihre Chefin sich blitzschnell ein neues, zugkräftiges Konzept überlegen, als das HEP mit dem Deko-Spezialisten Depot kam und ihr die Kunden wegschnappte.
Doch Inhaberin Gabriela Gabrielli wollte nicht den Kopf in den Sand stecken und passte sich an. Statt Deko-Artikel zu verkaufen sattelte sie auf Schmuck und Geschenkartikel um. Statt Großsortimenter setzte sie nun auf individuelle Produktauswahl, gute Beratung und persönlichen Kundenkontakt. „Bei uns haben die Kunden einen Namen“, betont die Geschäftsfrau, „und dieser Trend bedeutet für mich Zukunft“.
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