Welche Rolle spielt der Alkohol?

Letzte Woche kam es in der Holzkirchner Traglufthalle zu Randalen. Ein Streit zweier Asylbewerber eskalierte. Offenbar sind die beiden der Polizei nicht gerade unbekannt. Die Ursache solcher Streits ist oft ein überaus tiefliegendes Problem. 

Prinzipiell ist Alkohol in der Traglufthalle verboten, eine hundertprozentige Gewähr, dass sich alle Bewohner an das Verbot halten, gibt es jedoch nicht.

In der Nacht vom 11. auf 12. Januar geriet ein Streit zweier Asylbewerber in der Traglufthalle am Moarhölzl außer Kontrolle. Die Polizei musste mit insgesamt acht Streifen anrücken, um die Situation in den Griff zu bekommen. Blind vor Wut warfen vereinzelte Flüchtlinge mit Eiern um sich – auch auf die Beamten. Wie sich herausstellte, sind die zwei Streithähne bereits polizeilich bekannt. Dienststellenleiter Johann Brandhuber von der Polizeiinspektion Holzkirchen erklärt gegenüber unserer Zeitung, wodurch die Randalierer immer wieder auffällig wurden:

Die Beiden wurden auch außerhalb der Halle auf den Straßen in Holzkirchen auffällig. Immer dann, wenn sie Alkohol konsumiert hatten.

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Dieses Problem müsse man in den Griff bekommen, so Brandhuber. Prinzipiell gilt in der Traglufthalle am Moarhölzl ein striktes Alkoholverbot. Wie der Pressesprecher des Landratsamtes Gerhard Brandl erklärt, seien die Sicherheitskräfte dazu verpflichtet, Kontrollen beim Betreten der Halle durchzuführen. “Eine hundertprozentige Gewähr, dass kein Alkohol in die Halle kommt gibt es jedoch nicht”. So kann es schon mal vorkommen, dass ein Bewohner unbemerkt eine Flasche Bier in die Räumlichkeiten schmuggelt. Wenn so etwas vorkomme, gebe es den erhobenen Zeigefinger und das Getränk werde abgenommen, so Brandl. Ob das reicht?

Asylbewerber überfordert im Umgang mit Alkohol

Wie Diplom-Psychologin Englhart vom Landratsamt und Matthias Dürlich von der Caritas Miesbach bestätigen, seien viele Asylbewerber mit dem schier endlosen Angebot an Alkohol in Deutschland überfordert und vor allem unerfahren im Umgang damit. Denn in den meisten Heimatländern der Flüchtlinge ist der Verzehr von Alkohol verboten. Dieses Problem ist im Landkreis Miesbach nicht neu.

Hierzu bietet die Caritas Miesbach in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Präventionsmaßnahmen für alkoholkranke Asylbewerber an. In Einzel- oder Gruppengesprächen, inklusive Dolmetscher versucht Kursleiter Dürlich dem Alkoholproblem der meist traumatisierten Asylbewerber auf den Grund zu gehen und gemeinsam mit den Teilnehmern Lösungen zu finden. Dürlich erklärt:

Viele Asylbewerber sind überrascht, wie präsent Alkohol in Deutschland ist. Wenn sie dann die Wirkung entdecken und beispielsweise merken bei Schlafstörungen schlafe ich mit einem oder zwei Flaschen Bier leichter ein, entsteht eine gefährliche Mischung. Man nennt das ein sogenanntes Wirkungstrinken.

Ein weiteres Problem sei laut Dürlich das Informationsdefizit der Flüchtlinge. Denn in den meisten Kulturkreisen aus denen die Asylbewerber stammen, sei Alkohol verboten. Die Flüchtlinge könnten die Grenze nicht abschätzen, ab wann Alkohol zum Problem werde.

Überwiegend sieht Dürlich die Altersgruppe zwischen 20 und 40 Jahren gefährdet. Wobei man bei suchtkranken Asylbewerbern unter drei Gruppen unterscheiden muss. Einmal die Leute, die bereits in ihrem Heimatland ein Alkoholproblem hatten. Dann die Gruppe, welche den Alkohol und seine Wirkung während der Flucht kennengelernt haben und schließlich die Flüchtlinge, die den Erstkontakt mit Alkohol erst in Deutschland hatten. Die größten Beratungserfolge erziele er bei der letzten Gruppe, so Dürlich. Da die Sucht hier noch nicht so lange andauere und tief sitze.

Auch bei den beiden Streithähnen aus der Traglufthalle war Alkohol Teil der Ursache der Eskalation. Ob die beiden räumlich getrennt werden, sollte nach Angaben der Polizei geprüft werden. Polizeichef Brandhuber betont auf Nachfrage, dass man hier keine überstürzten Aktionen vornehmen wolle, zumal sich der Konflikt im öffentlichen Gemeinschaftsraum der Halle abspielte und Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerbe in der Gemeinde und Umgebung ohnehin knapp seien. Zumindest die privaten Mansarden der beiden Streithähne habe man auseinander verlegt, so Brandhuber.

Security “überfordert”

Dass es zu lautstarken Auseinandersetzungen in der Halle komme, sei kein Einzelfall. “Viele Bewohner sind nachts genervt, weil sie keine Ruhe finden”, so der Polizeichef. Der Sicherheitsdienst war in der Nacht, in der es zu dem Vorfall kam, laut Brandhuber “überfordert”. Denn die Sicherheitskräfte dürften in einer solchen Situation keine Zwangsmaßnahmen unternehmen. Die Handhabe liege hier bei den Beamten.

Aktuell ermittelt die Holzkirchner Polizei noch in dem Fall. Da es sich um ein “schwebendes Verfahren” der Polizei handle, möchte sich das Landratsamt derzeit zu diesem Fall nicht äußern. Allgemein sieht das Verfahren jedoch so aus, dass strafrechtliches Verhalten automatisch an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wird und Ordnungswidrigkeiten ans Landratsamt Miesbach weitergereicht werden.

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