„Ich bin dafür, dass wir gleich heute einen Arbeitskreis für die Asylunterkunft gründen“, schlug der neue Weyarner Bürgermeister Leonhard Wöhr den Zuhörern vor. Und Wöhr betonte:
Wir müssen von Null auf Hundert. Wir sollten mit vier Leuten starten, die das Ganze koordinieren.
Per Handzeichen meldeten sich auf den Aufruf einige Bürger. Für deren Engagement gab es großen Beifall in der gut besuchten Aula der Weyarner Grundschule.
Denn die Zeit drängt, sollen doch am kommenden Donnerstag die ersten sieben Flüchtlinge in Thalham eintreffen. Der neue Arbeitskreis ist einer unter vielen im Landkreis, die sich für
Asylbewerber per Ehrenamt einsetzen. Einige Vertreter hatte Bürgermeister Wöhr eingeladen, um vor Ort über ihre Arbeit und praktische Erfahrungen zu berichten.
“Die letzten in der Kette”
Einer der wenigen „Amtlichen“, die Rede und Antwort standen, war Wolfgang Zierer vom Landratsamt Miesbach. Er erläuterte in seinem Vortrag die bürokratische Seite, unter anderem, dass das Amt eine Vorgabe an zu schaffenden Plätzen von der Regierung bekomme. „Wir sind die letzten in der Kette. Ich sage das jetzt ein bisschen flapsig, wir sind dann froh, wenn wir von Eigentümern etwas angeboten kommen“, so Zierer.
Momentan habe der Landkreis 200 Menschen untergebracht. Bis Ende April hätte man laut Vorgabe 222 unterbringen müssen. Werner List aus Thalham meldete sich zu Wort:
Das ist alles so kurzfristig. Wir sind völlig überrannt worden. Wir sind vierzig Einwohner und haben jetzt 30 Gäste.
Es seien keine Sportmöglichkeiten im Ort. Keine sozialen Einrichtungen. Ein weiterer Mitbürger wollte vom Landratsamt-Vertreter wissen, ob das Amt über die Verhältnismäßigkeit von Einwohnern zu Asylsuchenden nachgedacht habe. „Sie stehen hier in keinem Wettstreit mit den Menschen“, so Zierers Antwort, die von Anwesenden mit ungläubigem Kopfschütteln quittiert wurde.
Der Experte versuchte zu beruhigen: „Es sind keine marodierenden Banden.“ Natürlich gebe es immer wieder „kleinere“ Probleme. Rückendeckung bekam Zierer vom Inspektionsleiter der Polizei Holzkirchen. Josef Lang teilte mit, dass in seinem Zuständigkeitsbereich, speziell in Otterfing und Warngau, wo bereits Asylbewerber leben würden, weder Straftaten begangen wurden, noch Beschwerden vorlägen.
Schilderungen aus der Praxis
Einige Zuhörer beschäftigte die Frage nach der Unterbringung der Flüchtlinge. Große Sorge mache man sich auch um die Betreuung, vor allem auch aufgrund fehlender Rad- und Fußwege. Spontan stand eine Weyarner Bürgerin auf und sagte, sie wolle sich einbringen und die Kinder in die Schule fahren. Auf diese spontane Hilfsbereitschaft reagierten trotz der emotional angespannten Atmosphäre viele der Anwesenden mit Applaus.
Neugierig lauschten die Zuhörer den Ausführungen von Lisa Brandl-Schindler und Angela Mai vom Arbeitskreis Asyl im Landkreis Miesbach. Beide erzählten anschaulich aus der Praxis über ihre Arbeit mit den Flüchtlingen. Wie beispielsweise mit Verständigungsproblemen umgegangen werde: „Wir sprechen auch kein Syrisch, Arabisch. Wir holen dann einen Dolmetscher und es funktioniert“, so Mai. Die Flüchtlingsfamilien wollten sich keinesfalls abschotten. Viele würden sich über einen Kontakt freuen. „Bisher haben wir immer eine Lösung gefunden“, so Brandl-Schindler.
Warum jedoch auch Sensibilität im Umgang mit den „Neubürgern“ gefragt sei, erklärte Max Niedermeier, Integrationsbeauftragter des Landkreises Miesbach: „Wir wollen diese Menschen ordentlich unterbringen. Anfangs kann in eine Unterkunft nicht jeder reinmarschieren.“ Viele Flüchtlinge seien traumatisiert. Einige hätten vor fremden Menschen Angst.
Dass die Thalhamer mit ihren Bedenken nicht allein gelassen werden, zeigte sich vor allem gegen Ende der Veranstaltung. Von allen Seiten gab es Unterstützungsbekundungen – von Weyarner Bürgern an die Thalhamer gerichtet. Die Gemeindebürgerin Susanne Schwarz sprach es vor allen Anwesenden offen aus: „Weyarn steht auf und hält zu den Tahlhamern.“
Und Rita Knollmann vom Arbeitskreis Dorfleben in Weyarn fügte hinzu: „Ich verstehe euch und eure Bedenken. Aber ihr seid nicht alleine.“ Rathauschef Leonhard Wöhr schloss sich „seinen“ Bürgern an und bot allen freiwilligen Helfern an, sich bei der Gemeinde zu melden.
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