Gmund:
Kabarettist Christian Springer bringt den Nahen Osten an den Tegernsee

Der Münchner Kabarettist Christian Springer organisiert, von Libanon aus, Hilfslieferungen für die Opfer im Erdbebengebiet. Dafür braucht er Geld. Am Dienstagabend war er zu Gast beim Lions Club Gmund-Oberland.

Beirut: Die Wunden des Bürgerkriegs sind überall sichtbar. Foto: Martin Calsow

Christian Springer ist ein Mensch, der brennt. Da steht er in einer Nadelstreifenhose, einem grünen Pullover, ohne Mikro, und droht schon zu Beginn, dass er vom “hundertsten ins Tausendste” käme. Wenn der 59-Jährige im breiten Münchnerisch von seiner Arbeit, seinen Überzeugungen frei spricht, ist die Passion für seine Sache in jedem Wort zu spüren. Laut, eindringlich, nur selten humorig, berichtet er im gut gefüllten kleinen Saal des Maximilian an diesem Abend.

Vor über zehn Jahren gründete der Kabarettist seine Hilfsorganisation “Orienthelfer”. Damaliger Auslöser: der Krieg in Syrien. Geflüchtete aus dem Krisengebiet kamen in das kleine Land am Mittelmeer, überforderten den Libanon, der ohnehin mit Korruption und radikalen Gruppen zu kämpfen hatte. Springer ist mit seinem Verein, auf Spenden, aus den unterschiedlichsten Quellen, angewiesen.

Er nimmt gern, auch vom fußballerischen Gegner. Denn Springer ist 60er-Fan. Sogar Mitglied und hat dennoch in Uli Hoeneß einen treuen Unterstützer. Seine Stiftung, FC-Bayern-Hilfe, hat in den vergangenen Jahren immer wieder schnell und unbürokratisch dem Verein geholfen. “Ich brauchte einen gebrauchten Feuerwehrwagen für die eingeschlossenen Menschen in Aleppo. Als ich im Libanon war, erreichte mich ein Anruf vom Uli Hoeneß. Kurz darauf wurde mir in der Allianz-Arena ein Fahrzeug überreicht. Es fällt mir schwer, es zu sagen: Aber der FC Bayern ist uns immer eine große Hilfe gewesen.

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Christian Springer hat eine enge Beziehung zum Tegernsee, sagt er. Kurz nach dem Krieg, da habe sein Vater, unten am Gasteig in Gmund, einen Gemüseladen gehabt. Wenig später sei man nach München gezogen, aber im Winter immer wieder hergekommen. “Am Ödberg habe ich das Skifahren gelernt, zig Mal bin ich auf die Neureuth zum Rodeln gekommen.” Das freut das heimische Publikum.

Die Präsidentin des Lions Club Gmund-Oberland, Barbara Bourjau, verwies in ihrer Begrüßung auch darauf, dass der Club sich mit seiner Leitlinie des Dienens und Helfens sehr mit Springers Engagement identifizieren könne. Auch deswegen wurde zu Beginn dem “Orienthelfer” Springer der handelsübliche Riesencheck mit immerhin 3.000 Euro überreicht.

Klare Worte zur Hamas

Springer wäre nicht Springer, wenn er nicht die aktuelle Situation im Nahen Osten mit sehr deutlichen, zum Teil auch krassen Aussagen einordnete. “Die Hamas ist eine Mörderbande. Sie gehört vom Erdboden getilgt”, sagt er. Das ist in der Deutlichkeit von vielen seiner Kollegen aus dem Kultur-Milieu, in den vergangenen Wochen, nach dem Massaker vom 07. Oktober in Israel, nicht zu hören gewesen. Und natürlich ist Assad, der syrische Diktator, zwar wieder auf der internationalen Bühne, aber dennoch bleibt er für Springer ein Schlächter.

Springer ist kein naiver, von einer Mission erfüllter Mensch. Er weiß um die Fallstricke im Nahen Osten, weiß, dass ein falsches Wort schon Verderben, mindestens aber Bedrohungen zur Folge haben kann. Er erzählt, wie deutsche Stellen im Libanon, Parteistiftungen zum Beispiel, peinlich dort das Wort Israel vermeiden, um es sich nicht mit arabischen Gruppen zu verscherzen. Ihm ist es wurscht. Springer spricht klar, behält auch unter Druck, so scheint es, seinen moralischen Kompass. Statt lavieren, eine falsche Balance suchen, will er Menschen in Not dort direkt und nachhaltig helfen.

Es ist keine leichte Kost, die er an diesem Abend den zirka 40 Menschen im Gasthof serviert. Das Grauen des Nahen Osten, vom Erdbebengebiet in Syrien, bis hin zu den Kindern in libanesischen Gefängnissen – es ist ein Parforce-Ritt durch das Schrecken in dieser Region.

Aber die Menschen, die auf Einladung des Lions Clubs an diesem Abend kamen, wissen das zu schätzen. Springer reißt mit, ist authentisch. Das war schon im Vorgespräch zu bemerken, wo Springer auf die Frage nach der seltsamen Sprachlosigkeit im linksliberalen Künstler-Milieu sehr deutliche Worte fand. “Alte Freundschaften unter Kollegen sind dort zu Ende gegangen. Das habe schon in der Pandemie-Zeit begonnen, setzte sich beim russischen Angriffskrieg fort und kommt jetzt beim Massaker in Israel wieder”, sagt er. Sieht bei den alten Linken, “jenen aus der 68er-Zeit, den üblichen Anti-Amerikanismus wieder zutage treten.”

Er zuckt mit Schultern. Er nimmt diese Entwicklung zur Kenntnis, ist mit sich im Reinen. Das mag auch damit zu tun haben, dass Springer vor Ort war, ist und sein wird, während viele heimische Kommentatoren und Viel-Erklärer den Nahen Osten gern vom Sofa aus “erklären”. Springer ist ein Arbeitsmonster. Kommt hier an den Tegernsee, inmitten seiner Tournee, war tagsüber im Studio, wird am nächsten Tag weiterreisen, zu einem Auftritt nach Erlangen. Nebenbei stellt er noch an diesem Abend sein, im letzten Jahr erschienenes Buch “Ich und der Russe”, vor – ein klares Bekenntnis zur Ukraine.

Springer stößt jenen Deutschen, die mit kruden Thesen eine Russlandnähe Deutschlands herbeifabulieren ein Bein, so wie er es eben auch mit den seltsamen Sympathisanten der Hamas in Deutschland macht. Klar, scharf und penetrant. “Wir müssen dieses Land, unser Land und unsere Freiheit vor den Feinden schützen”, fordert er an diesem Abend eindringlich auf.

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