Der Mensch hinter der “Heuschrecke”

Wohltat und Wirtschaftlichkeit – bei Managern ein Widerspruch? Manche werden sich noch an die „Heuschreckendebatte“ erinnern. Ein tierisch guter Begriff für „böse Manager“, die das Geld verscheuern, dass ihnen nicht gehört und so andere ausbeuten.

„Heuschrecken“ gelten im deutschen politischen Sprachgebrauch seitdem als eine abwertende Metapher für Formen der Kapitalbeteiligung mit mutmaßlich zu kurzfristigen oder überzogenen Renditeerwartungen.

Doch manche neigen dazu, das Heuschreckenbild auf alle Manager und Unternehmer zu übertragen. Der Tegernseer Pfarrer Martin Weber kann das nicht mehr hören. Pauschalisierungen sind ihm zuwider. Und mindestens ein Gegenbeispiel hat Weber parat.

Von rechts: Pfarrer Martin Weber, Oliver Steinmann und Dekan Walter Waldschütz
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Oliver Steinmann scheint beide Attribute verbinden zu können. Der fränkische Geschäftsmann fördert seit Jahren Webers gemeinnützigen Verein „Die Glückskinder e.V.“, der seit der Gründung im Jahr 2007 Kinder in der Nachbarschaft unterstützt. Und so stehen da zwei zusammen, die auf den ersten Blick vieles trennt, auf den zweiten aber auch einiges verbindet.

Der Seelsorger

Ein Mann, der sich für viele Menschen einsetzt. 2.500 „Schäfchen“ hat seine evangelisch-lutherische Gemeinde, verteilt auf die drei Gemeinden Kreuth, Rottach-Egern und Tegernsee.

Weber ist laut eigenen Aussagen weit entfernt von der Vierzig-Stunden-Woche. Nicht immer leicht zu vereinbaren mit der eigenen Familie. Das geht nur, weil Ehefrau Tina die Kinderkrippe im Tegernseer Pfarrhaus leitet. Und weil der kleine Sohn ebenfalls in der Krippe untergebracht ist. Weber ist Fürsprecher für andere Menschen. Einer, der sich hinstellt und sagt, was er denkt.

Zwar ist auch der Pfarrer in gewisser Weise „Manager“, aber nicht im klassischen Sinne. Drei große Töpfe mit Geld hat er im Hintergrund. Um Projekte in seiner Gemeinde umsetzen zu können. Aber auch um die Elternbeiträge seiner Kinderkrippe klein halten zu können.

Es gebe Spender, die auf einmal 25.000 Euro zur Verfügung stellen würden. Andere sind sogenannte Kleinspender und bringen große Summen gemeinsam auf. „Beide Gruppen muss es geben,“ so der Seelsorger.

Der Förderer im Hintergrund

Jetzt spricht Pfarrer Weber für – und über – Oliver Steinmann. Steinmann stellt sich ungern in den Vordergrund stellt. Er gehört zur Gruppe „Ich tue Gutes, rede auch darüber, aber als Person muss ich nicht vorne dranstehen.“

Martin Weber kennt ihn gut und lange. Kann viel über ihn erzählen. Gerade hat er zwei Stunden mit dem Geschäftsmann telefoniert. Steinmann wohnt nicht im Tal, ist in Franken zuhause, verweilt nur ab und zu an seinem Zweitwohnsitz.

Scout, DerDieDas oder “for you”, das sind die Marken, für die er sich als Unternehmer und Manager einsetzt. Ein knallharter Geschäftsmann soll er sein.

Gleichzeitig setzt er sich aber auch für „Webers Kinder“ ein. „Das muss sich nicht widersprechen,“ weiß der Pfarrer. Lugt da der Mensch hinter dem Manager hervor? „Das sind Leute, die nicht anders ticken, als wir,“ meint Weber. „Dafür ist da ein großes Verantwortungsgefühl, ein anderer Blickwinkel und ein finanzieller Zugang, der vieles möglich macht.”

Die Gründe der Gönner

Viel Geld – wenig Geld. „Die Gründe, warum jemand sein Geld spendet, sind die gleichen,“ betont Weber. Im Bereich der Großspender komme eventuell noch die Überzeugung der Welt etwas zu verdanken hinzu. Weber sieht das so: “Wer viel hat, der hat auch viel Verantwortung. Die meisten, die viel besitzen, haben oft auch ein sehr hohes soziales Bewusstsein. Das schließt sich nicht aus.”

Dabei wünschen sich manche Groß-Spender ein gewisses Mitspracherecht, wofür das Geld verwendet wird. Sie bringen sich in dem Fall beispielsweise in Besprechungen ein, bei denen Projektausgaben abgesprochen werden. Andere Vertrauen wiederrum auf das verantwortungsvolle Umgehen der Projektverantwortlichen mit der Spende. „Ich geb’ dir was, du machst was schönes draus,“ ist hier offenbar der Wunsch.

Soziales Engagement ist nicht nur eine Finanzfrage

Heute wird nicht mehr so selbstverständlich gespendet, wie noch vor ein paar Jahren. „Es geht uns zwar nicht schlechter geht, aber man merkt wir sind angespannter,“ weiß Weber. Dabei buhlen zahlreiche Institutionen um die Gunst der Gönner. Allein in Deutschland gibt es mehr als 600.000 gemeinnützige Vereine und Stiftungen.

In der Auswahl der Projekte, die unterstützt werden, kommt meistens ein persönlicher Bezug hinzu. Wer selbst Familienvater ist, wird eher Kinderprojekte fördern. Wer im Umkreis einen krebskranken Menschen hat, wird in diese Richtung tendieren.

Dabei ist es laut Weber egal, ob es „nur“ 10 Euro sind oder 10.000. „Was ist mein Bewusstsein? Will ich helfen?“ Das seien die entscheidende Fragen, wenn es um soziales Engagement geht.

Doch den großen Spendern kommt eine wichtige Bedeutung zu. Denn wenn staatliche Mittel nicht mehr reichen, Projekte hohen Finanzbedarf haben oder sehr risikoreich sind braucht es sie um die großen Löcher zu schließen. Einiges wird erst durch große Spenden überhaupt erst möglich.

Und so mag man über Manager oder „Heuschrecken“ denken, was man will. Aussagen wie „Die bösen Jungs haben alle kein moralisches Bewusstsein,“ hält Pfarrer Weber jedoch für kontraproduktiv. Denn warum sollte jemand etwas Gutes tun, wenn ihm gleichzeitig diagnostiziert wird „Du bist der letzte Depp?“

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