Wenn von Löwis auf den Bürger trifft

Feuerprobe für Bürgermeister Olaf von Löwis: zum ersten Mal in seiner Amtszeit hatte er gestern Abend zur Bürgerversammlung in den Oberbräu-Saal geladen. Seinen Jahresbericht hielt er kurz – doch die Holzkirchner mussten Sitzfleisch mitbringen. Auf der Tagesordnung: 19 Anträge und sieben Anfragen aus Bürgerreihen.

Weit über 200 Bürgerinnen und Bürger verfolgten gestern den Vortrag des Bürgermeisters sowie die Anträge aus ihren Reihen.
Weit über 200 Bürgerinnen und Bürger verfolgten gestern den Vortrag des Bürgermeisters sowie die Anträge aus ihren Reihen.

Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) machte es für Politikerverhältnisse kurz: nur knapp eine Stunde brauchte er, um das Jahr 2014 Revue passieren zu lassen. Den rund 250 anwesenden Bürgern präsentierte er die aktuellen Eckdaten der Marktgemeinde. Die Kritik, die bei einigen der neunzehn Anträgen und sieben Anfragen, mitschwang, lächelte er weg.

Schon als von Löwis den aktuellen Schuldenstand der Marktgemeinde, immerhin rund 14,5 Millionen Euro, verkündete, ging ein Raunen durch den Oberbräu-Saal. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von rund 910 Euro liege Holzkirchen aber im Landesdurchschnitt, beruhigte er die Bürger. Als verlässliche Einnahmequelle sieht von Löwis zukünftig vor allem die Einkommenssteuer.

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Kinder, Verkehr und Wohnen

2014 hat die Marktgemeinde vor allem in Kinderbetreuung und Schulen investiert. Die Kindertagesstätte „Kinderland“ an der Erich-Kästner Straße lässt sich die Gemeinde rund 4,7 Millionen Euro kosten – bis zum Frühjahr 2016 soll sie fertiggestellt sein, erklärte von Löwis gestern. Zum Schuljahresbeginn 2016 sollen auch die Sanierungsarbeiten – trotz Beseitigung schädlicher Baustoffe – an der Grundschule I in der Baumgartenstraße abgeschlossen sein.

Das kommunale Unternehmen „Frischeküche“, das sämtliche Kindergarten-, Hort- und Schuleinrichtungen im Umkreis beliefert, war zuletzt durch Negativ-Schlagzeilen aufgefallen. Für dieses Jahr sind rund 386 000 Euro Defizit prognostiziert – „bezüglich der Finanzierung erarbeitet der Vorstand mit dem Verwaltungsrat ein zukunftsfähiges Konzept“, erklärte von Löwis knapp und ging zum nächsten Agendapunkt über.

Denn mehr noch als Kinder und Schulen beschäftigt die Bürger die Orts- und Verkehrsentwicklung. Thema Nummer eins: die geplante Südumgehung. Nachdem sich am Dienstag der Gemeinderat positionierte, stellte auch von Löwis auf der Bürgerversammlung klar, dass er es „begrüße“, wenn die Umfahrungen für Holzkirchen, Großhartpenning und Kurzenberg in den vordringlichen Bedarf aufgenommen würden:

Damit würde der Ball im Spiel bleiben und durch die vorgesehene Beteiligung der Kommunen und Fachplanungsträger unmittelbare Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnet werden. Ich sehe dies als Chance an, alle Möglichkeiten auszuloten, welche Vor- bzw. Nachteile entsprechende Umfahrungsvarianten bieten.

In Zusammenarbeit mit Verkehrsexperten soll der „Arbeitskreis Verkehr“ ein Mobilitätskonzept entwickeln. Nach den Osterferien sollen die Bürgerinitiativen in den Planungsdialog mit einbezogen werden. Eine “Zukunftswerkstatt” könnte dann konkrete Bürgerbeteiligung ermöglichen. In die Mobilitätsstudie wird auch der „Brennpunkt: Bahnhof“ einfließen.

In Holzkirchen gestaltet sich die Wohnungssuche nach wie vor schwierig. So wird sowohl der gemeindliche als auch der private Wohnungsbau 2015 Thema sein. Auch ein Einheimischenmodell sei in Bearbeitung, erklärte von Löwis in seinem Vortrag. Im Rathaus und den Gemeindewerken fokussiert man sich weiterhin auf den Breitbandausbau und das Geothermie-Projekt, wofür Ende April die weiteren Schritte beschlossen werden.

2015 werden rund 100 weitere Asylbewerber nach Holzkirchen kommen, die die Gemeinde unterbringen muss. Würden sich keine weiteren Unterkunftsmöglichkeiten finden, würde dies notfalls durch staatliche Beschlagnahmung geschehen, so von Löwis. Die Bürgerversammlung nutzte er daher für einen beherzten Aufruf:

Unter Ihnen sind vielleicht Haus- und Grundstückseigner – bitte machen Sie sich Gedanken.

Nach dem Vortrag ging man zum brisanten Teil der Bürgerversammlung über. Dafür mussten die Bürger gestern viel Sitzfleisch und Ausdauer mitbringen: einige Engagierte hatten gleich mehrere Anträge und Anfragen gestellt. Die Bandbreite der Anträge reichte von Gehwegserrichtungen, Straßenverkehrssicherung, aufzustellenden Papierkörben, der Änderung der Agendapunkte der Bürgerversammlung bis hin zur Anschaffung eines Loipenspurgerätes und der öffentlichen Übertragung von Gemeinderatssitzungen im Internet.

Gestern fand im Oberbräu-Saal die Bürgerversammlung statt. Olaf von Löwis brachte die Bürger auf den aktuellsten Stand.
Gestern fand im Oberbräu-Saal die Bürgerversammlung statt. Olaf von Löwis brachte die Bürger auf den aktuellsten Stand.

Die Holzkirchnerin Iris Fischer forderte unter anderem gestern Abend getreu dem Motto „Erst schauen – dann bauen“ das Erstellen von virtuellen Modellen für größere Baumaßnahmen im Ort. Sie begründete ihren Antrag anhand des derzeit kontrovers diskutierten Gebäudekomplexes auf dem ehemaligen BayWa-Gelände: „Weder Form noch Farbe noch Gestaltung scheinen gelungen.“

Bürgermeister von Löwis machte die Holzkirchner darauf aufmerksam, dass bereits Modelle von Architekten oder der Bauverwaltung erstellt würden. Per Abstimmung entschieden auch die Bürger, dass Fischers Antrag auf „virtuelle” Modelle nicht im Gemeinderat behandelt werden sollte. Ihr Antrag auf die Einführung eines „Soundingboards“ im Gemeinderat fand unter den versammelten Bürgern ebenfalls wenig Anklang. Von Löwis merkte an, dass die Einschätzungen der Bürger ohnehin regelmäßig eingebracht würden.

Ein weiterer Antragsteller, Sebastian Franz, forderte im Namen der Holzkirchner Jungen Union die Umsetzbarkeit eines „Free WiFi“ für Holzkirchen zu prüfen und die Kosten zu ermitteln. Als Beispiel zog Franz das „Free WiFi Tegernsee“ heran. Die Rathausvertreter vertrösteten und wollen die Änderung des Telemediengesetzes zunächst abwarten. Nur nicht hudeln im Land des Lächelns.

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