Wenn Wanderer die Stirnlampe zeigen

Der Förster Wolfgang Kuhn sagt, die Abendwanderer hinauf zur Aueralm stören. Der Förster mag die Stirnlichter nicht. Überhaupt ist zu viel Mensch im Wald. Vor allem am Abend. Da will Kuhn lieber allein sein und sein ganz eigenes, exklusives Walderlebnis haben. Findet zumindest unser neuer Kolumnist.

Hier sitzt er, der Glöckner von Gmund. Hier sieht und hört er alles. Hier verliert sich – zwischen Glockengeläut und Nebel – der eine oder andere Kommentar.

Guido, “der Glöckner” von Gmund:

Kaum jemand kennt ihn. Er sitzt im Turm der Gmunder Kirche und sorgt für das Geläut. Manche glauben, er sei der uneheliche Sohn eines verarmten Landadeligen, der hier sein Leben fristet. Andere meinen, ein Stoderer, der am Gasteig zu lange im Stau stand, habe ihn hier vergessen. Der Glöckner weiß alles und kommentiert es. Er braucht keinen Besen, um durchs Tal zu kommen. Er sieht und hört auch so noch gut.

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Der Glöckner von Gmund kommentiert:
Biologie war nicht mein Spitzenfach. Aber ich habe ein paar einfache Fragen: Täglich donnern Dutzende LKW aus Österreich den Breitenbach und das Söllbach hinauf und hinunter. Das passiert auch gern im Dämmerlicht. Ist das dem Wild wurscht? Wenn man der Argumentation des Försters Wolfgang Kuhn folgt, müsste das so sein.

Die Aueralm ist die einzige Gastwirtschaft im Wiesseer Bergwald, die nicht einem Betonbaron aus Freising gehört. Söllbachklause und Bauer in der Au nennt er schon sein eigen, dazu riesige Hektar Wald von Kreuth bis Marienstein. Nur eben nicht die Auerlam – noch nicht. Und so ein Förster, der will es sich ja mit einem Großwaldbesitzer wie dem Betonbaron nicht verscherzen. Gibt es da vielleicht einen Interessenkonflikt? Vielleicht gar eine Absprache? Schauen wir einmal in die bayerische Verfassung:

Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet.

Es scheint, dass diese Idee aus dem Jahr 1947 nicht bei jedem fest im Bewusstsein verankert ist. Wer dieser Tage über Buch hinauf zum Bauer in der Au geht, bemerkt eine “leichte” Veränderung der Landschaft. Hunderte Meter Zaun dominieren. Bäume wurden gefällt. Das Anwesen des Betonbarons wurde mit immer neuen Bautätigkeiten erweitert.

Es war und ist der Wunsch der Superreichen, etwas zu haben, was andere nicht haben. Schnelle Autos, große Uhren und Hotels – das kann jeder haben. Aber so ein Anwesen, wo andere nur spazieren gehen dürfen, das ist exklusiv, besonders. Wenn man dann noch die zwei wichtigen Gastwirtschaften einfach stilllegt, hat man endgültig seine Ruhe.

Der Lärm der Fahrzeuge, die die Bäume fällen, stört nicht. Dafür aber die Stirnlampen der Wanderer auf dem Weg zur Aueralm.

Die Bayerische Forstwirtschaft und der Super-Waldbesitzer – sie wollen das Gebiet von Kreuth bis Waakirchen allein nutzen. Da werden „Autobahnen“ in den Wald geschlagen, um noch besser und sicherer das Holz herauszuholen und in Österreich zu verscherbeln.

Stören Wanderer und andere Wenigverdiener da nur? Schauen Landrat, Schutzgemeinschaft und die Gemeinden des Tals genau hin, wissen sie, was dort passiert? Wurde der Betonbaron im Wiesseer Gemeinderat vorstellig und erklärte der Gemeinschaft, was er denn mit diesem Gebiet anstellen will, was seine Pläne sind? Warum sollte er? Er ist exklusiv.

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