„Wer hier lebt, der lebt sicher!“

Auf den ersten Blick ist die Zahl erschreckend: 2015 ist die Anzahl der Straftaten im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd um fast 54 Prozent gestiegen. Im Landkreis Miesbach ist zudem die Aufklärungsquote von Straftaten gesunken. Doch der Grund dafür sind nicht etwa marodierende Flüchtlinge, wie die detaillierte Analyse der TS zeigt.

Polizeipräsident Robert Kopp relativiert die exorbitant hohen Kriminalstatistiken. (Montage/Quelle: Polizeipräsidium Oberbayern Süd)
Polizeipräsident Robert Kopp relativiert die exorbitant hohen Kriminalstatistiken. (Quelle: Polizeipräsidium Oberbayern Süd/Montage)

Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, durchquert mit großer Wahrscheinlichkeit den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Für die aktuelle Kriminalstatistik hat das ungewohnte Größenordnungen zur Folge: Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 98.345 Straftaten erfasst, darunter sowohl strafbare Versuche als auch vollendete Taten. 2014 lag die Zahl noch bei knapp 64.000 – ein Anstieg um 53,7 Prozent, rechnet die Polizei vor.

Doch entgegen der landläufigen Auffassung, dass Asylbewerber durch Diebstähle und Gewalttaten die Kriminalstatistiken in die Höhe treiben, ist der Grund für den Anstieg anderswo zu finden. Denn über die Hälfte der fast 100.000 Straftaten fällt laut Polizei in die Kategorie „Straftaten gegen das Aufenthaltsgesetz“, auch „ausländerrechtliche Delikte“ genannt:

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Mit einer Grenzlänge von 438 km zu den österreichischen Bundesländern Oberösterreich, Salzburg und Tirol sowie wichtigen deutschen Transitstrecken, allen voran die Bundesautobahn A8 München-Salzburg, steht das Polizeipräsidium Oberbayern Süd im Fokus der Migrationssituation.

Insbesondere während der Sommermonate wurden täglich „bis zu mehrere Hundert illegal eingereiste Personen“ aufgegriffen und registriert: „Die zahlreich geschleusten Menschen wurden oftmals von den Schleusern direkt an den Autobahnen abgesetzt“, schreibt die Polizei in ihrem Report. Die Einführung von Grenzkontrollen durch die Bundespolizei führte demnach ab dem 13. September 2015 zu einer Entspannung der Schleuserproblematik.

Im vergangenen Sommer griff die Bundespolizei am Rosenheimer Bahnhof täglich immer neue Flüchtlinge auf. Mittlerweile sind die Beamten verstärkt an der Grenze zu Österreich im Einsatz. Quelle: BP Rosenheim
Im vergangenen Sommer griff die Bundespolizei am Rosenheimer Bahnhof täglich immer neue Flüchtlinge auf. Mittlerweile sind die Beamten verstärkt an der Grenze zu Österreich im Einsatz. (Quelle: Bundespolizei Rosenheim)

Zieht man die etlichen ausländerrechtlichen Verstöße ab, sieht die Kriminalstatistik jedoch ganz anders aus. Dann offenbart sich nämlich eine Überraschung: 2015 war tatsächlich ein Rückgang der Straftaten von gut sechs Prozent auf 48.408 zu verzeichnen. Besonders stark ist der Rückgang in den Landkreisen Rosenheim, Berchtesgadener Land und Altötting.

Miesbach hingegen hat als einer von zwei Landkreisen einen Anstieg von Straftaten zu verzeichnen, und zwar um 0,6 Prozent auf 3.550. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote von Straftaten um 3,3 auf 58,8 Prozent gesunken. Bezieht man ausländerrechtliche Vergehen mit ein, liegt der Landkreis bei 3.666 Fällen – hier ist der Anstieg mit 0,5 Prozent geringer.

Polizeipräsident Robert Kopp setzt den anhaltenden Diskussionen ein positives Fazit entgegen: „An der Kernaussage hinsichtlich unseres Sicherheitszustands hat sich nichts, aber wirklich gar nichts geändert: Wer hier lebt, der lebt sicher! Daran kann turbulentes Zahlenjonglieren nicht rütteln.“ Ein Extralob gibt es von Kopp für das „großartige Engagement“ seiner Beschäftigten.

Eigene Zweigstelle für „Irreguläre Migration“

Dennoch bedeutet der Rückgang von Straftaten fernab des Aufenthaltsgesetzes nicht, dass Flüchtlinge keine Probleme bereiten. Einerseits wurde eine sogenannte Besondere Aufbauorganisation „Irreguläre Migration“ eingerichtet, bei der das Polizeipräsidium durch Einheiten der Bayerischen Bereitschaftspolizei unterstützt wird. Zudem gibt es im gesamten Zuständigkeitsbereich des Präsidiums 68 zentrale und 339 dezentrale Unterkünfte für Asylbewerber. Diese waren im vergangenen Jahr Schauplatz von 1.701 Polizeieinsätzen – im Vergleich zu 2014 fast eine Verdreifachung.

Für die einzelnen Landkreise seien diese Zahlen jedoch noch nicht aufgeschlüsselt worden, erklärt Pressesprecher Stefan Sonntag auf Nachfrage der Tegernseer Stimme. Auch für die Kategorie „Gewalt gegen Polizeibeamte“ liegen keine landkreisbezogenen Details vor, doch „Asylbewerber spielen da eine untergeordnete Rolle“, so Sonntag. Interessant dürfte es für den Landkreis Miesbach werden, wenn die Polizei Anfang April im Landratsamt genauer zugeschnittene Statistiken präsentiert. Derzeit werden die entsprechenden Daten noch ausgewertet.

Alle Daten der Kriminalstatistik sind im Internet verfügbar. Dort gibt es auch weitere Informationen zur „Tatverdächtigenstruktur“ sowie zu Themen wie häuslicher Gewalt, Internetkriminalität, politisch motivierten Straftaten und Terrorgefahr. Die Tegernseer Stimme hält Sie selbstverständlich mit Details über den Landkreis Miesbach auf dem Laufenden.

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