Wer nimmt die Sache in die Hand?

Ein Geschäftsgebäude inklusive dezenter "Werbeanlage" in der Rottacher Seestraße

Das Thema „Geschäfte im Tal“ geht in die nächste Runde. Vergangene Woche haben wir die Frage gestellt, ob es eine TTT für das talweite Gewerbe geben sollte. Im Nachgang haben wir erneut das Gespräch mit Geschäftsleuten gesucht und gefragt, was sie eigentlich an ihrer Situation stört und was sie sich zur Verbesserung wünschen. Aus den Diskussionen wurde schnell klar: Ganz so einfach ist es nicht. Und das hat mehrere Gründe.

Talweiter Ansatz nötig

Unter den Rottacher Einzelhändlern zählt Ulli Hensel zu den aktivsten. Der Inhaber des gleichnamigen Modegeschäfts hat die Werbegemeinschaft Rottach-Egern vor einigen Jahren mitbegründet. Ein Zusammenschluss mehrerer Gleichgesinnter, die sich von jenem kleinen Kreis versprachen, dass er ihren Interessen mehr Gewicht verleihen solle. Inzwischen existiert der Kreis aber nur noch „rudimentär“, wie Hensel rückblickend sagt.

„Wir waren recht flott beisammen, hatten einige Ideen und haben uns mit dem Bürgermeister getroffen. Aber es hat immer an einer Persönlichkeit gefehlt, die die Sache vorantreibt. Wir haben es nicht geschafft, den wechselnden Kreis der Unternehmer im Tal anzusprechen.“ Dazu kommt, dass sich die fünf verbliebenen Mitglieder in jüngster Zeit immer weniger einig waren – besonders, wenn es ums Finanzielle ging.

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Es sei aber, so Hensel weiter, auch nicht der Job des Bürgermeisters, die ganzen Einzelhändler zusammenzubringen. Vor allem da es um einen talweiten Ansatz gehen müsse.

Was es braucht, ist ein glaubwürdiger Moderator, einer der die Sache in die Hand nimmt.

Dem stimmen prinzipiell alle zu, mit denen wir sprachen. Doch schnell zeigt sich, wo der Schuh wirklich drückt. Unter den Händlern einen Konsens zu finden, ist schwer. Thomas Negele, Inhaber von „Juwelier Risch“ in der Rottacher Seestraße, meint, dass eine Vernetzung ohnehin wenig bringe: „Es ist zwar schön, wenn alle an einem Strang ziehen, aber aus Erfahrung weiß ich, dass es einfach nicht funktioniert. Die Interessen sind genauso unterschiedlich wie die Geschäfte.“

Internationale Kundschaft

Andere Interessen – und eine andere Kundschaft – hat Mode Moosbrugger, ebenfalls in Rottach-Egern. Dort kaufen überwiegend Auswärtige und internationale Kunden ein, wie Silvan Schober erklärt.

Von den regionalen Kunden könnten wir gar nicht leben. Das ist natürlich auch einfach eine Preisfrage.

Daher sei die Vermarktung innerhalb des Tals für Mode Moosbrugger relativ irrelevant. Das Problem ist für Schober ein anderes: „Auf der Homepage der TTT ist Shopping im Tal schlecht präsentiert. Unser internationales Publikum bekommt so gar nicht mit, dass es uns gibt.“ Mehr Präsenz nach außen wäre für ein Geschäft wie Moosbrugger also eine Verbesserung.

Ganz anders sieht das wiederum Goldschmiedemeisterin Ursula Bertele. In ihrem Tegernseer Traditionsgeschäft liegen schon immer Prospekte und Flyer aus. Und umgekehrt sind ihre Broschüren in Hotels und Trachtenläden zu finden. Diesen Austausch, diese Zusammenarbeit möchte Bertele intensivieren. „Ich versuche, die Leute und das Geld am Tegernsee zu lassen. Wir müssen uns die Kunden gegenseitig zuschicken und so das Tal als Ganzes stärken. Es gibt hier ja alles, aber die Leute wissen es nicht.“

Gemeindevertreter signalisieren Unterstützung

Auf Gemeindeseite sieht man das Problem vor allem im organisatorischen Defizit der Geschäfte und Verbände. In Gmund etwa mangelt es nicht an Interessensgemeinschaften: So gab es mal einen Manager auf Zeit, der den Händlern mit Rat und Tat zur Seite stand. Aber die Sache verlief im Sande. Nach wie vor existiert immerhin die Interessensgemeinschaft lokaler Geschäfte. Doch der Kreis ist überschaubar, wie der Gmunder Geschäftsleiter Alfons Besel erklärt.

Es wäre schön, wenn sich der Gemeinschaft mal wieder ein paar neue Geschäfte anschließen würden.

Auch den Gmunder Gewerbeverband und die Standortmarketing Gemeinschaft für den Landkreis sieht Besel in der Pflicht. „Der Gewerbeverband ist völlig passiv. Und die SMG wäre ja da, aber es tut sich wenig. Eigentlich sollte sie die Wünsche der Geschäftsleute aufgreifen – gerade wenn es darum geht, die Talgemeinden zusammenzubringen.“

An der Gemeinde würden Verbesserungen jedenfalls nicht scheitern, verspricht Besel. „Wenn an uns ein konkreter Vorschlag herangetragen wird, sind wir immer bereit, mitzuhelfen.“

Mehr miteinander sprechen

Der designierte Rottacher Bürgermeister, Christian Köck, ist mit dem Versprechen angetreten, sich um die Problematik zu kümmern – zumindest in seiner Gemeinde. „Bisher war es immer schwierig, alle unter einen Hut zu bringen. Die Werbegemeinschaft nimmt zurzeit alles auf ihre Kappe und signalisiert: Es sollen sich mehr Betriebe beteiligen“, sagt Köck.

Es sei nicht die richtige Aufgabe für einen Bürgermeister, sich an die Spitze einer Interessensgemeinschaft zu stellen, doch „die Herrschaften endlich wieder an einen Tisch zu bekommen“ – das wolle er anpacken und betont: „An sich hat Rottach ja ein tolles Angebot. Aber wir müssen die Zusammenarbeit dringend verbessern, da möchte ich die Initiative ergreifen. Wir haben Potential nach oben.“ Das gelte, so Köck weiter, nicht nur für Geschäfte, sondern auch fürs Handwerk.

Ob das Miteinander-Reden auch Gemeinden übergreifend möglich ist, vermag Köck zu diesem Zeitpunkt nicht zu sagen: „Das ganze Tal zusammenzubringen, wäre sicher ein großes Ziel, aber viele denken halt, dass die Welt am Ortsschild zu Ende ist.“

Vernetzung und Dialog – nur wann?

Und auch auf Landkreisebene hat man das Problem auf dem Schirm, wie Alexander Schmid, Geschäftsführer der SMG erklärt. Der Chef der Standortmarketing-Gesellschaft möchte den Sommer über endlich einen talweiten Dialog etablieren. „Jetzt muss etwas passieren, das steht außer Frage“, so Schmid.

Die Rosenstraße als Fußgängerzone? Thomas Müller brachte diese Idee schon beim Arbeitskreis Ortsmitte ein / Quelle:  M. Königsbeck, Th.Müller
Manche Ideen, wie die Beruhigung der Rosenstraße, können nur lokal realisiert werden / Quelle: M.Königsbeck, Th.Müller

Momentan beschäftigt man sich aber noch damit, was eigentlich passieren soll. „Ganz konkrete Dinge müssen immer noch vor Ort gelöst werden. Ich denke da zum Beispiel an die Tegernseer Rosenstraße als Fußgängerzone. Aber talweit sehe ich uns in der Pflicht.“

Schmid möchte die örtlichen Initiativen an einen Tisch holen und dann Veranstaltungen für alle Händler planen. „Bei dringenden Themen sollten wir uns externe Experten dazuholen.“ Dieses Vorgehen kann Schmid sich etwa bei den Themen E-Commerce und Leerstandsmanagement vorstellen. „Außerdem könnte man für die Gemeinden jeweils ein Portfolio ausarbeiten, um zu sehen, was da ist und was fehlt.“

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