Wie grün ist der Nordlandkreis?

Anton "Toniì Hofreiter, MdB, B¸ndnis 90/Die Gr¸nen:

Künftig wird der Wolfgang Rzehak im Landkreis Miesbach das lokalpolitische Zepter übernehmen. Der 46-jährige hat erste Prämissen für seine Politik in einem „traditionell wertekonservativen Landkreis“ formuliert. Doch welche Schwerpunkte sieht sein prominenter Mitstreiter im Bundestag, der frühere Sauerlacher Gemeinderat Dr. Anton Hofreiter, um Grüne Politik in der Region umzusetzen? Und welche Lösung sieht er bei den Verkehrsproblemen in und um Holzkirchen.


Zur Person Toni Hofreiter:

Toni Hofreiter MdB, Buendnis 90/Die Gruenen im Bundestag Seit fast 30 Jahren engagiert sich der gebürtige Münchner bei den Grünen. Der promovierte Biologe war Gemeinderat in Sauerlach, von 2002 bis 2013 Kreisrat im Kreistag München und bis vor kurzem Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages. Seit 2005 sitzt er im Deutschen Bundestag, seit 2013 fungiert er als Fraktionsvorsitzender. Das Wohl des Landkreises Miesbach liegt ihm sehr am Herzen.

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Holzkirchner Stimme: Mit Wolfgang Rzehak wird Holzkirchen in Kürze einen der ersten beiden grünen Landräte in der Bundesrepublik bekommen. Wie groß war der Jubel in Berlin?

Toni Hofreiter: Die Begeisterung war riesig. Und steigerte sich, als bekannt wurde, dass die frühere Grünen-Landtagsabgeordnete Susanna Tausendfreund mit 70 Prozent vor der CSU gewonnen hat und dort als erste grüne Bürgermeisterin in Pullach einziehen wird.

Holzkirchner Stimme: Was ist wichtig für unsere Region? Wie kann der Landkreis Miesbach „grüner“ werden?

Toni Hofreiter: Ökologische Landwirtschaft und nachhaltiger Tourismus können hier in der Region noch stärker werden. Eine große Rolle spielt natürlich auch die Verkehrsproblematik.

Holzkirchner Stimme: Fangen wir doch gleich mit der Verkehrssituation an. Bis vor einem Jahr waren Sie Vorsitzender des Verkehrs-Ausschusses im Deutschen Bundestag. Wie lässt sich das tägliche Verkehrschaos auf unseren Straßen zum Beispiel in Holzkirchen lösen?

Toni Hofreiter: Da die Region sehr zerstritten über die verschiedenen Umgehungsstraßen ist, sehe ich nur eine langfristige Lösung: Den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, für den wir Grünen ja schon immer plädieren. Ich weiß, die Züge sind voll, aber die Straßen sind es auch. Wir sollten das Bahnsystem ausbauen und Engpässe lokal vor Ort lösen.

Holzkirchner Stimme: Aber die Bayerische Oberlandbahn (BOB) brilliert zurzeit eher mit Negativschlagzeilen.

Toni Hofreiter: Neben technischen Problemen bei der BOB ist die Schwachstelle beim Bayerischen Wirtschaftsministerium zu suchen. Dort liegt die Hoheit über den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Im Prinzip fahren die Züge im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland. Dafür erhält das Bayerische Wirtschaftsministerium jährlich eine Milliarde Euro vom Bund. Der Zugverkehr wird dann von den Beamten in Auftrag gegeben. Die falsche Beauftragung ist eine der Hauptursachen der Bahnprobleme im Oberland.

Holzkirchner Stimme: Was ist mit der Verkehrssituation auf den Straßen rund um Holzkirchen?

Toni Hofreiter: Auch hier bin ich der Meinung, dass der öffentliche Nahverkehr, in diesem Falle das Buskonzept, verbessert werden muss. Das ist Sache des Landkreises.

Holzkirchner Stimme: Welchen konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor, um das Nadelöhr Holzkirchen zu entschärfen?

Toni Hofreiter: Innerorts würde ich die Infrastruktur optimieren. Es würde Entlastung bringen, wenn der Bahn- und Fahrradverkehr besser aufeinander abgestimmt wären. Man könnte zum Beispiel mehr Abstellmöglichkeiten für Pedelecs und E-Bikes an den Bahnhöfen einrichten. Die klassische Lösung wären Kernverkehrspläne für den Nah- und Fernverkehr.

Holzkirchner Stimme: Solche Projekte kosten Zeit und Geld. Welchen Zeitrahmen veranschlagen Sie?

Toni Hofreiter: Parkmöglichkeiten für Bikes sind natürlich kurzfristiger zu realisieren. Für Baumaßnahmen im Straßenbereich würde ich einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren veranschlagen.

Mehr Busse als Zugpferd für Urlauber

Holzkirchner Stimme: Wie kann der Landkreis für Touristen ihrer Meinung nach attraktiv bleiben – besonders nachdem die Gemeinde Schliersee aus der geplanten Fusion ausscheren will?

Toni Hofreiter: Synergie-Effekte und Kooperationen erreichen mehr als Konkurrenz. Es ist besser, wenn die Tourismusverbände zusammenarbeiten. Warum kommen die Menschen hierher, um Urlaub zu machen? Unser großes Plus ist die wunderschöne Landschaft. Mit diesem Potential sollten wir klug umgehen und die Natur schützen. Bei Unterkünften und Gastronomie wünsche ich mir langfristig ein gutes Preis-Leistungsverhältnis.

Holzkirchner Stimme: Und wie kann die Region mehr Gäste anlocken?

Toni Hofreiter: Da ein Großteil der Klientel jenseits der Sechzig ist, sollten die Gemeinden über Alternativen zum PKW nachdenken. Günstige Buskonzepte, vielleicht in Verbindung mit der Kurkarte, gestalten Tagesausflüge für Senioren einfacher und erlauben sogar, abends ein Gläschen mehr zu trinken.

Holzkirchner Stimme: Welche ökologischen Aspekte stehen im Vordergrund?

Toni Hofreiter: Die Tatsache, dass sich das bayerische Oberland als gentechnik-freie Zone präsentiert, halte ich für ein großes Vermarktungsplus, das die Region ja auch erfolgreich einsetzt. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keinen Grund, Gentechnik in der Landwirtschaft einzusetzen. Und schon gar nicht über ein Freihandelsabkommen, das ist ein absolutes ‚Grünes No-Go‘.

Herr Hofreiter, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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