„Ski und Rodel gut“ hieß es bis vor kurzem noch für alle Wintersportler, die die unvergleichliche Aussicht vom Wallberg mit sportlichen Aktivitäten verbinden wollten. Für ganze Generationen bedeutet dieser Berg den Inbegriff positiver Erinnerungen: Zu einer glücklichen Kindheit gehört das Rodeln im Winter wie die Pudelmütze auf den Kopf.
Doch wieviel Mensch verträgt der Berg?
Gegen Sport am Berg ist zuerst einmal nichts zu sagen. Und Tourismus und Freizeitausübung sind für die Alpenländer inzwischen bedeutende Wirtschaftsfaktoren geworden. Den Wallberg, als klassischen Hausberg der Talgemeinden, hat der Tourismus dabei vor allem in den letzten 60 Jahren geprägt.
Nach ihrer Einweihung 1951 hat die Wallbergbahn vieles möglich gemacht. Rund zwölf Minuten, 10 Euro und keinen Tropfen Schweiß kostet es, die auf über 1.600 Metern gelegene Bergstation zu erreichen.
Bis zu 3.000 Leute befördert die Bergbahn laut Presseabteilung. Pro Tag wohlgemerkt. Das sind 750 Gondeln voller Menschen – wenn alle Sitzplätze darin besetzt sind. Die Spitzen werden beispielsweise an sonnigen Tagen in den Weihnachtsferien erreicht.
Die Masse an Mensch bleibt das ganze Jahr relativ durchgängig, egal ob es Sommer ist, Frühjahr, Herbst oder Winter. Laut Selbstaussage hat die Bahn seit Inbetriebnahme im Jahre 1951 weit über 13 Millionen Gäste befördert.
Da diese nicht alle Mitgebrachtes essen möchten, kehrt ein Großteil davon ins Panoramarestaurant ein. 600 bis 700 Essen gibt Utta Schönhöfer und ihr Team pro Tag aus. 250 Plätze innen und 360 auf der Terrasse umfasst das Gebäude. Ruhetage gibt es keine. Weder für das Personal. Noch für den Berg. Nur während der Revisionszeiten zu den Saisonwechseln ist es oben etwas ruhiger.
Zum Vergleich: Am Hirschberg verlassen an Spitzentagen zwar ebenfalls rund 500 Essen die Küche, jedoch ist das Geschäft – ohne Bergbahn – wesentlich wetterabhängiger. Gerade im Winter, wenn wird der Gang durch Schnee und Wind erschwert wird, kommen nur ein paar Besucher bis ganz nach oben.
Die Leidens-Geschichte
Für den Wallberg hatte man bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einschneidende Pläne. Dem „freundlichen Riesen“ sollte eine Narbe zugefügt werden.
Laut Website der Wallbergbahn versuchte eine Gruppe um den Gasthofbesitzer Max Bachmair, Investoren für die Errichtung einer Personenseilbahn zu gewinnen. Ein Vorhaben, dass am fehlenden Kapital scheiterte.
In den 50er Jahren entstand dann innerhalb kürzester Zeit die Bahn. Dazu wurde eine gerade Schneise vom Fuß des Berges bis hinauf zum Sattel gehauen und mächtige Fundamente für die Stützen betoniert. Nach neun Monaten war der Weg frei für die Jungfernfahrt der Gondeln, die ab sofort eine Strecke von gut zwei Kilometern zurücklegen konnten.
Großteils in mühevoller Arbeit bauten “starke Männer die starke Bahn”. Im Jahr 1982 erwarb Bauunternehmer Josef Schörghuber Anteile an der Wallbergbahn AG. Daraufhin wurde die Bahn saniert und modernisiert. Und heute “ist die Anlage noch so gut wie vor 60 Jahren,” so Alexandra Schörghuber in ihrer Rede zur Jubiläumsfeier im letzten Jahr.
Sensibles Ökosystem mit Störfaktoren
Doch wie gut funktioniert das Leben am Wallberg? Laut Christine Markgraf vom Bund Naturschutz trifft der Ansturm der Besucher auf ein hochsensibles Ökosystem. Die Alpen sind neben dem Wattenmeer das einzige großflächige und noch relativ naturnahe Ökosystem in Mitteleuropa. “Sie nehmen eine Sonderstellung als Lebensraum vieler Menschen und hochspezialisierter Tiere und Pflanzen ein.”
Doch laut Markgraf habe sich Ihr Zustand durch vielerlei menschliche Eingriffe, auch durch den (Sport-)Tourismus, dramatisch verschlechtert.
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Outdoor-Sportler wie Mountainbiker oder Tourenskigeher würden mit zunehmender räumlicher und zeitlicher Ausdehnung und vermehrtem technischem Einsatz in bisher unerreichbare oder ungenützte Räume vordringen. Dadurch besteht die Gefahr, dass auch die letzten verbliebenen Rückzugsräume in den Alpen erschlossen werden. Zum Nachteil für die Tiere und Pflanzen.
Die Ausbreitung der Infrastruktur – wie der Bergbahn oder der Skilifte – tut ihr übriges und fordert zusätzlichen Raum. Sie macht es auch nicht so sportlichen Zeitgenossen möglich, die Berge zu „erklimmen“.
Das Wild wird aufgescheucht und hat immer weniger Rückzugsmöglichkeiten, seit sich Funsportler auch die letzten ruhigen Ecken zu eigen machen. Hinzu kommt das immer stärker in Erscheinung tretende Müllproblem. Der weitere Ausbau der touristischen Infrastrukturen stößt in zahlreichen Alpentälern bereits an seine Grenzen, vor allem, da durch Naturgefahren, wie Lawinen und Muren das Flächenangebot begrenzt ist.
“Weniger ist mehr”
Für Werner Fees vom Bund Naturschutz sollte die Konsequenz trotzdem nicht lauten, dass Erholungssuchende und Sportler aus dem Alpenraum verbannt werden. Freiwilliger Verzicht gemäß dem Motto „weniger ist mehr“ mit dem richtigen Maß für Raum und Zeit müsste die Devise heißen.
Der Mensch braucht den intensiven Kontakt mit der Natur, um sich ihr nicht weiter zu entfremden und sich ihres Wertes bewusst zu bleiben. Sonst werden die Berge zunehmend zur Arena für die unterschiedlichsten Aktivitäten, und ihre Belastungsgrenzen sind bereits überschritten – sommers wie winters.
Gerade steht wieder ein Saisonwechsel an. Für den Wallberg wird sich dadurch nicht viel ändern. Er bleibt weiterhin das, was den freundlichen Riesen für viele so anziehend macht: Ein Mekka für Wintersportler, Wanderer, Sonnenanbeter, Drachen- und Gleitschirmflieger.
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