KulturVision:
Wie wollen wir arbeiten?

Im Rahmen von „anders wachsen“ lädt der Verein KulturVision e.V. auch heuer wieder zu Fastenpredigten in die Kapelle zur Heiligen Familie in Holzkirchen ein. Nach den gut besuchten ersten beiden Veranstaltungen, die Leben und Wohnen unter die Lupe nahmen, war am dritten Sonntag die Gestaltung der Arbeitswelt das Thema des Impulsreferates und der anschließenden Diskussion.

Sepp Hornsteiner, Florian Hornsteiner und Markus Bogner (v.l.). Foto: Monika Ziegler

„Wie wollen wir arbeiten?“, ist eine Frage, die wir uns noch nicht seit allzu langer Zeit stellen. Bis vor kurzem wurde der Acht-Stundentag von wenigen Menschen hinterfragt. Impulsredner Florian Hornsteiner, Gründer der Coworkerei Tegernsee, blickte im ersten Teil seines Vortrages auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zurück. Die Menschen, die sich jetzt in den 50ern bis 60ern befinden, wuchsen mit Eltern der Nachkriegsgeneration auf, deren Leben vom Wiederaufbau in der Zeit des Wirtschaftswunders geprägt war. Nach dem Motto „Wer etwas leistet, ist etwas wert“ stürzten sich die heutigen „Babyboomer“ ins Arbeitsleben, während die jungen Menschen heute eher ins Arbeitsleben „gleiten“, führt Florian Hornsteiner aus.

Besteht die Generation Z nur aus verzogenen Fratzen?

Zu Beginn habe er die Generation Z, die jetzt ins Arbeitsleben einsteigt, als „verzogene Fratzen“ wahrgenommen, gibt der Fastenredner zu. Ihre Wünsche nach einer Vier-Tage-Woche mit hohen Gehaltsansprüchen konnte er nicht verstehen, hat aber seine Meinung inzwischen geändert. Er sieht jetzt junge Menschen, die entscheiden, was sie wollen, die neben der Arbeit auch andere Dinge für wichtig halten und nicht nach denselben Werten streben wie die Generationen vor ihnen.

Dennoch – die Babyboomer werden in Kürze in Rente gehen und Arbeitskräfte werden fehlen. Aus dem Vortrag von Florian Hornsteiner und auch der von Moderator Markus Bogner geleiteten Diskussion geht klar hervor, dass sich das Thema Arbeit in unserer Gesellschaft in einem enormen Transformationsprozess befindet, der momentan mehr Fragen aufwirft, als er Antworten geben kann.

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Das Vier-Tage-Woche-Experiment

Arbeitsmodelle entwickeln sich gerade, werden ausprobiert und verändern sich im laufenden Prozess. Der Vortragende berichtet von einer Studie in Großbritannien, die im Jahr 2022 durchgeführt wurde. 61 Unternehmen führten die Vier-Tage-Woche über sechs Monate mit entsprechend weniger Wochenstunden, aber gleichbleibendem Lohn ein. Aufgrund der positiven Ergebnisse wie dem Rückgang der Krankenstände und erhöhter Produktivität blieben nach dem Versuch 54 der Unternehmen bei der neuen Regelung.

Arbeitsmodelle der Zukunft

Neben den verschiedenen Arbeitszeitmodellen spielen in der neuen Arbeitswelt auch verschiedene Arbeitsformen eine Rolle. Durch die Coronazeit vorangetriebene Modelle wie das „Homeoffice“ sprach der Vortragende genauso an wie das „hybride Arbeitsmodell“, in dem Arbeitende teils von zu Hause aus arbeiten und dann wieder Tage in der Firma verbringen.

Die 2015 von Florian Hornsteiner gegründete „Coworkerei“ in Dürnbach zählt zu den „third places“, womit Arbeitsplätze gemeint sind, die sich weder am Firmenort, noch zu Hause befinden. Diese Orte bieten Vorteile wie einen kürzeren Arbeitsweg, die Trennung von Privatem und Beruflichem, die im Homeoffice verloren gehe, und führten auch zu einer Stärkung der Region, berichtet Florian Hornsteiner aus seiner Erfahrung. Was noch fehle, sei die Unterstützung von Coworking Projekten durch große Firmen, die jedoch in Zukunft zu erwarten sei.

Für den dritten Teil des Vortrages befragte Florian Hornsteiner erst einmal Chat GPT, die Form der künstlichen Intelligenz, die allgemein zugänglich ist und genützt wird, was sie zu diesem Thema zu sagen hätte und das Ergebnis war, wie erwartet, gut strukturiert und umfassend. Künstliche Intelligenz und die daraus resultierende Automatisierung und Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen, die unermessliche Zahl an neu entstehenden Berufen, Möglichkeiten, Gefahren und ein unfassbares Potenzial, waren weitere Themen der sonntäglichen Fastenpredigt.

Bei diesem epischen Ausmaß an Neuerung sei vor allem eines wichtig, unterstrich Florian Hornsteiner, nämlich die lebenslange Bereitschaft zu lernen. Ein Beispiel dafür und außerdem ein wundervoll kontrastreiches Element zu so viel unberechenbarer Zukunft war an diesem Abend die musikalische Begleitung vom Sepp Hornsteiner. Mit Musikstücken aus dem 16. Jahrhundert, dargeboten auf seiner Vihuela, erinnerte der Professor (em.) für Volksmusik und Musikgeschichte an der Musikhochschule München daran, dass Kreativität und auch Althergebrachtes ihren Platz in der neuen Welt finden werden.

Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Online-Magazin KulturVision am 13.03.2024 | Ein Beitrag von Karin Sommer.

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