„Wir brauchen kein neues Wehr“

Gestern fand die Jahreshauptversammlung des Aktionsbündnisses „Rettet den Tegernsee“ statt. Die Mitglieder haben ein Jahr lang aktiv am Hochwasserproblem gearbeitet.

Aus Sicht der Verantwortlichen gibt es noch viel zu tun. Verwunderlich sind vor allem die teils kontroversen Aussagen zum Schuhmacherwehr von Regierung, Behörden und Betreibern.

Vorstand Andreas Scherzer berichtet gestern von ersten Erfolge des Vereins Rettet den Tegernsee
Vorstand Andreas Scherzer berichtete gestern von ersten Erfolgen des Vereins Rettet den Tegernsee.

Wie verwundbar der Tegernsee ist, hat das Jahrhunderthochwasser des vergangenen Jahres erneut bewiesen. Aus diesem Grund haben sich damals Betroffene zu dem Aktionsbündnis „Rettet den Tegernsee“ zusammengeschlossen. Zwölf Monate später zieht der Verein nun ein erstes Resümee, um die Bürger über Erfolge und Misserfolge zu informieren.

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Noch nicht so weit, wie erhofft

Bis zum jetzigen Stand sind rund 120 Mitglieder dem Verein beigetreten. Zwischen 10.000 und 12.000 Euro wurden in Gutachten, Wasserspezialisten und Anwälte investiert. Finanziert werden die Ausgaben durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Zwar haben sich die bisherigen Investitionen teils gelohnt, trotzdem ist man noch nicht so weit, wie erhofft. „Wir haben gedacht, wir können den Verein Ende des Jahres auflösen, weil wir die Behörden überzeugt haben, aber weit gefehlt“, sagt Peter Amberger. Die Verantwortlichen wollen also weiter kämpfen.

Viel hat der Verein im vergangenen Jahr erlebt. Unstimmigkeiten mit den Bürgermeistern und zahlreiche Gespräche mit Behörden und Spezialisten. Im Fokus der Gespräche steht immer wieder das Schuhmacherwehr in Gmund an der Mangfall. In die Kritik geriet deshalb vor einigen Monaten die Büttenpapierfabrik Gmund, die für das Wehr zuständig ist. Eine Turbine war außer Betrieb und die Staubretter waren nicht alle umgelegt. Laut Scherzer habe das Landratsamt als oberste Aufsichtsbehörde nicht einmal von diesen Ausfällen gewusst. „Die Kontrolle soll in Zukunft besser werden“, so Scherzer.

Was bringen die umgelegten Staubretter?

Die wichtigste Forderung des Vereins ist eine Testphase, in der die Staubretter des Schuhmacherwehrs für einen längeren Zeitraum gelegt bleiben. So soll festgestellt werden, ob der See dann bei erneuten Regenfällen nicht überlaufen würde. Dazu gibt es jedoch die verschiedensten Meinungen. Die Regierung von Oberbayern hat erklärt, dass dieser Fall schon berechnet wurde und der See so eine Wasserhöhe von vier Zentimetern verlieren würde.

Florian Kohler, Geschäftsführer der Büttenpapierfabrik Gmund und verantwortlich für den Vor-Ort-Betrieb des Wehrs, ist dagegen überzeugt, dass sich in diesem Fall rein gar nichts verändern würde. Wieder anderer Meinung ist das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim. Nach dessen Ansicht würde der See laut technischen Berechnungen bei gelegten Staubrettern 24 Zentimeter an Höhe verlieren. Sollte das zutreffen, ist Scherzer der Meinung:

Dann brauchen wir ja kein neues Wehr mehr.

Ein neues Wehr, wie es das Wasserwirtschaftsamt nach Aussage von Scherzer aktuell plant, ist für den Verein nicht notwendig, denn es würde den Wasserpegel des Sees um rund 30 Zentimeter verändern. Das wären also nur sechs Zentimeter mehr, als das alte Wehr ohne Bretter schaffen würde. Eine weitere Forderung der Gruppierung Rettet den Tegernsee ist die Ausbaggerung von Flussmündungen, in erster Linie der Mangfall.

Vor allem der Ausbau von Weißach und Rottach sorgt dafür, dass das Wasser noch schneller in den See fließt. Insgesamt fließen 300 Kubikmeter Wasser in der Sekunde zu und nur 120 aus der Mangfall wieder ab. Eine Ausbaggerung der Mündungen und in erster Linie der Mangfall, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Während einer Testphase sollen die Staubretter des Wehrs für längere Zeit gelegt bleiben
Während einer Testphase sollen die Staubretter des Schuhmacherwehrs für längere Zeit gelegt bleiben.

Außerdem sollen jetzt, wie der Vorstand bestätigte, die Zahlen überprüft werden, bei welcher Pegelhöhe das Wehr generell geöffnet wird. Die aktuellen Zahlen sind 40 Jahre alt und entsprechen nicht mehr der aktuellen Situation. In einem Punkt ist sich Scherzer sicher: „Das Wasserwirtschaftsamt hat Geld – sie machen es nur nicht.“

Das würde auch zum Vorschlag von Maria Heiß aus Tegernsee passen. Sie plädiert für einen Hochwasserfonds, der funktioniert wie ein Brandschutz. Die Regierung habe das laut Peter Kathan, Vorstand des Wiesseer Yachtclubs, schon abgesegnet. Was der Verein aber vor allem braucht, ist die Unterstützung der Gemeinden und Bürgermeister: „Wir brauchen Fachleute, können das aber nicht mehr aus unserer Tasche bezahlen“, betont Scherzer abschließend. Am 23. Oktober wird es deshalb ein Treffen mit den Talbürgermeistern, dem Wasserwirtschaftsamt und dem Landrat geben.

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