“Wir sind völlig vor den Kopf gestoßen”

Ein Schock für die bisherigen Platzhirsche: Ab nächstem Schuljahr soll die Frischeküche nicht nur das Mittagessen in die Holzkirchner Schulen liefern, sondern auch noch den Pausenverkauf übernehmen. Das bedeutet den Rausschmiss für die Kiosk-Betreiber.

Simone Häusler und Aushilfe Manou Hämmerle in
Simone Hässler und Aushilfe Manou Hämmerle in “ihrem” Kiosk an der Holzkirchner Realschule.

“Die Frischeküche wird in Zukunft den Pausenverkauf an den Kiosken der Realschule und des Gymnasiums des Marktes Holzkirchen übernehmen”, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Landratsamtes. Am 17. März traf sich der Verwaltungsrat der Frischeküche. „Dabei wurde die Entscheidung getroffen, aktiv in den Pausenverkauf einzusteigen“, berichtet Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis. Die Frischeküche biete selbst zubereitete Speisen für die Holzkirchner Kinder und Schüler an. Dabei werde besonders auf saisonale und frische Zutaten Wert gelegt. Landrat Wolfgang Rzehak betont:

Wir wollen das Konzept der Frischeküche weiter unterstützen. Diese Entscheidung ist explizit kein negatives Urteil über die Leistung der beiden bisherigen Kioskbetreiber.

Anzeige

Für die kommt die Nachricht trotzdem unerwartet. Manuela Thoma und Simone Hässler sprechen von einem echten Schock. Aus heiterem Himmel und ohne jeglichen Grund sei bei ihnen am Gründonnerstag die Kündigung ins Haus geflattert. Traurig erzählt Thoma: “Wir sind völlig vor den Kopf gestoßen und verstehen die Welt nicht mehr.” Sie und ihre Kollegin betreiben den Kiosk an der Holzkirchner Realschule seit einem guten Jahr. Zu kaufen gibt es so gut wie alles, was das Schülerherz begehrt: von belegten Brezen und Semmeln über Obstsalat und Smoothies bis hin zu frischen Salaten.

Auch warme Speisen wie Leberkäse, Fleischpflanzerl oder Pizza werden ausgegeben. Besonders beliebt sind die selbstgebackenen Kuchen von Thoma und Hässler. An Angebot fehlt es hier nicht – und frisch und gesund seien die Snacks auch. Der Kiosk erfreut sich nicht nur bei Schülern, sondern auch bei den Lehrern großer Beliebtheit. “Unsere Remouladen und Salatdressings sowie alle Soßen machen wir selber”, bestätigt Thoma. Natürlich könne man nicht ausgiebig kochen, dazu sei der Platz einfach nicht da.

Falsche Versprechungen vom Landratsamt

Hässler hat für die Selbstständigkeit extra ihren Job in München gekündigt und ist aufs Land nach Lochhofen gezogen – “um mich voll und ganz dem Geschäft hier zu widmen. Wenn ich gewusst hätte, dass das nur für ein Jahr ist, hätte ich das niemals gemacht”, so Hässler. Das Landratsamt habe den beiden Betreiberinnen viel versprochen. Von einer “langfristigen Tätigkeit” sei die Rede gewesen, ähnlich wie bei dem Vorgänger, der zehn Jahre den Pausenverkauf an der Realschule betrieb.

Den Grund für die Kündigung sehen die beiden in der Wirtschaftlichkeit der Frischeküche. “Die Frischeküche schreibt seit Jahren rote Zahlen und ist nicht ausgelastet”, urteilt Thoma. Mit dem Pausenverkauf dürfte die Frischeküche aber nun draufzahlen, ist sich die Betreiberin sicher. Im besten Fall könne mit den ganzen Vorbereitungen und Personalkosten “ein Plus-Minus-Geschäft” rauskommen.

Bedeutet der Wechsel auch eine Verbesserung für die Schüler?

Das Landratsamt kündigt also bereits vorhandenen Kiosk-Betreibern und stellt wieder neue Mitarbeiter ein. Dieses Konzept werde vor allem auf den Schultern der Schüler ausgetragen werden, beschwert sich Hässler. Die Frischeküche wird wohl nur in den Pausen verkaufen. Das ist alles andere als vorteilhaft für die Schüler. “Viele Schüler kaufen schon morgens ihr Frühstück oder haben über die Pause Sportunterricht und können erst später was essen”, weiß Thoma. Öffnungszeiten nur in den Pausen seien nicht machbar.

Auch Sabrina Weber, die den Pausenverkauf am Holzkirchner Gymnasium betreibt, ist schockiert und sehr enttäuscht. Sie und ihr Team sind seit der Eröffnung der Schule mit vollem Herzblut bei der Sache. Alle angebotenen Snacks, wie belegte Semmeln, Salate, Wraps und Nudelsalat sowie warme Speisen werden frisch und eigenhändig zubereitet. Die Semmeln vom Bäcker, die Wurst vom örtlichen Metzger. Frisch und regional. Auch die Schüler sind mit dem Angebot zufrieden: “Es gibt viel Auswahl und alles schmeckt gut”, so eine Schülerin. Die einhellige Meinung der Schüler: Sie wollen, dass der Kiosk bleibt.

“Wir werden kämpfen”

Abgesehen davon gab es mit der Frischeküche im Gymnasium bereits Probleme: “Wir schmeißen wöchentlich 240 Liter Essensreste der Frischeküche weg”, so Weber. Es werde einfach zuviel produziert und der Fokus auf die falschen Gerichte gelegt: “Vieles bleibt liegen und wird nicht von den Schülern gegessen.” Das Landratsamt habe man bereits auf diese Problematik aufmerksam gemacht. Doch die ließen keine Taten folgen und spielen das Problem als “Einzelfall” ab.

An der Realschule kennt man das Problem: “50 Prozent der Schüler essen keine Frischeküche und vieles bleibt liegen”, so Thoma. Die Kiosk-Betreiberinnen von Realschule und Gymnasium wollen nun gemeinsam eine Petition starten, um ihr Revier zu verteidigen. “Wir werden kämpfen”, verspricht Thoma.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner