BOB-Unfall: Fahrerin außer Lebensgefahr

Aktualisierung vom 9. Mai / 15:18 Uhr
Die Frau, die bei dem Zusammenstoß ihres Autos mit der BOB am Piesenkamer Bahnübergang schwerverletzt wurde und seitdem in einer Münchner Klinik liegt, wird den Aussagen der Holzkirchner Polizei zufolge das Unglück überleben.

Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber, in dessen Gemeinde der Übergang liegt, nimmt den Unfall auch weiterhin sehr ernst und möchte sich mit den Sicherheitsbemühungen der DB Netz AG nicht zufriedengeben. “Ich habe den Eindruck, das interessiert die gar nicht”, so Thurnhubers Eindruck nach der vergangenen Sicherheitsbegehung mit DB Netz, Bayerische Oberlandbahn und Polizei vor etwa zehn Tagen.

unfall warngau
Am 1. April kam es zu einem Zusammenstoß zwischen einem PKW und der BOB. Eine Frau verstarb noch an der Unfallstelle.
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Der Übergang in Richtung Piesenkam ist derzeit mit Andreaskreuz und einem blinkenden Warnlicht ausgestattet. Bereits mehrere Hundert Meter vorher wird beidseitig auf die Gefahrenstelle hingewiesen. Die Geschwindigkeit, die man am Übergang fahren darf, will Thurnhuber bereits in den nächsten zwei Wochen per Verkehrsschild auf 30 km/h ändern. Bisher war die Regelung so, dass das Stufensystem mit mehreren Schildern eine immer geringer werdende Geschwindigkeit zuließ: 100, 80, 70, bis 50 km/h direkt am Übergang.

Kritik an DB Netz AG

In einem zweiten Schritt will der Warngauer Bürgermeister einen Verkehrsplaner für den “Problemübergang” zu Rate ziehen. “Wie lässt sich das Problem mit der Sicherheit in Zukunft am besten lösen?” – die Frage möchte Thurnhuber beantwortet haben. “Wir sind schon am Suchen nach einem geeigneten Planer”, berichtet er. Unter Umständen laufe es auf eine kreuzungsfreie Lösung (per Über- oder Unterführung) hinaus.

Thurnhuber ist entsetzt darüber, dass die DB Netz AG keinen Schritt auf die Gemeinde zugeht. “Die sagen immer, man solle alle Straßen sperren.” Das ist für ihn keine Lösung. “Das wäre ja so wie: Wir bauen die Schienen ab”, kontert er. Wenn es keine andere Lösung gibt, könnte er sich auch vorstellen, dass die Gemeinde ein Kreuzungsrechtsverfahren einleitet, um mehr Sicherheit am Übergang zu gewährleisten.

Ursprünglicher Artikel vom 1. April mit der Überschrift “Tödliches Unglück an Bahnübergang – Suche nach den Ursachen beginnt”
Unbeschrankte Bahnübergänge wie der zwischen Piesenkam und Warngau, an dem sich heute Morgen ein schwerer Unfall mit Todesfolge ereignet hat, regen immer wieder zu Diskussionen an.

Und obwohl die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen in Deutschland in den letzten 15 Jahren rückläufig ist, ist doch jeder Unfall und vor allem jeder Tote einer zu viel.

Der Bahnübergang in Gmund-Finsterwald ist vollbeschrankt
Der Bahnübergang in Gmund-Finsterwald ist halbbeschrankt

Im Jahr 2010 ereigneten sich an deutschen Bahnübergängen 225 Unfälle, darunter 52 mit Todesfolge. Das ist zwar ein deutlicher Rückgang, wenn man sich die Zahl von 563 Unfällen aus dem Jahr 1996 vor Augen führt. Trotzdem sind für die Bundesregierung die Raten immer noch zu hoch. Laut einem Bericht der Saarbrücker Zeitung vom vergangenen April plane man mit einer Aufklärungskampane, leichtsinnige Aktionen von Verkehrsteilnehmern stärker zu verhindern.

Für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter von den Grünen, ist das keine adäquate Lösung, wie er gegenüber der Zeitung bekräftigte. Die Bahn habe im gesamten Bundesgebiet die Anzahl der Vollschranken verringert. „Das hat leider schlimme Konsequenzen für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer.“

Völlig ungesicherte Bahnübergänge gibt es nicht

Vor allem im Oberland gibt es einige Übergänge, die keine Beschrankung besitzen. Trotzdem müssen alle Bahnübergänge entweder mit technischen Einrichtungen oder durch andere Maßnahmen gesichert werden. Denn obwohl Schienenfahrzeuge – wegen der geringeren Haftreibung und der größeren bewegten Masse und einem bedeutend längeren Bremsweg – Vorfahrt vor Straßenfahrzeugen haben, kommt es an den Kreuzungspunkten zwischen Bahn und anderen Verkehrsteilnehmern immer wieder zu gefährlichen Situationen.

Auch der Bahnübergang bei Piesenkam gehört zu den Stellen, an denen sich in der Vergangenheit Unfälle ereignet haben. Das bestätigen nicht nur die Einsatzkräfte heute vor Ort, sondern auch Kommentatoren:

„Ich wohne seit Langem in Warngau, und seit dem Zugunglück vor ca. 35 Jahren passiert an diesem Bahnübergang immer wieder etwas. Da gehören Schranken hin, es ist einfach eine gefährliche Stelle!“

Um Verkehrsteilnehmer – aber auch die Menschen in den Zügen – zu schützen, werden solche Stellen auf unterschiedlichste Weise gesichert. Ganz ungesicherte Bahnübergänge gibt es nicht. Auch wenn von dieser Bezeichnung häufig und besonders nach Unfällen allzu leicht Gebrauch gemacht wird. Nur: sind die Sicherheitsmaßnahmen auch wirklich immer ausreichend? Wir haben – anlässlich des schweren Unfalles – nachgefragt.

„Wir tun, was wir können“

Die Strecke, auf der der Unfall passiert ist, wird zwar von der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) befahren. Für das Streckennetz verantwortlich ist jedoch die Deutsche Bahn Netz AG. Da wir dort wegen des heutigen Feiertages keinen Verantwortlichen erreichen konnten, hakten wir anderweitig nach.

Arno Beugel, Qualitätsmanager für den Bahnbetrieb, gibt uns bereitwillig Auskunft. Grundlegend wäre es so, dass die Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) auch Vorschriften zur Sicherung von Bahnübergängen beinhalten. Nach dieser gehen Verantwortliche also vor, wenn sie entscheiden, wie ein jeweiliger Bahnübergang gesichert wird – etwa mit einer Schranke (Voll- oder Halb-) oder mit einem Andreaskreuz.

Der Übergang zwischen Warngau und Piesenkam. Die BOB kam heute von rechts, wo eine Baumgruppe den Blick ein wenig behindert.
Der Übergang zwischen Warngau und Piesenkam. Die BOB kam von rechts, wo eine Baumgruppe den Blick ein wenig versperrt.

Nach schweren Unfällen – wie dem tragischen Ereignis von heute – nähme man sich den jeweiligen Übergang vor und werte die Stelle erneut aus. Das sei in der Vergangenheit auch schon an dem Übergang zwischen Piesenkam und Warngau passiert. Man stehe in Gesprächen mit DB Netz AG, der Gemeinde Warngau und weiteren Verantwortlichen. „Wir tun, was wir können“, beteuert Beugel.

Dabei muss man allerdings bedenken, dass es in diesem Jahr im gesamten BOB-Netz der erste Unfall an einem Bahnübergang gewesen ist. Im vergangenen Jahr, so Beugel, habe es gar keine Unfälle gegeben. Im Jahr 2011 waren es drei – ein schwerer Unfall in Thann und in Piesenkam – und ein Unfall in Thalham.

Mehr Sicherheit

Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber, auf dessen Gemeindegrund der Übergang liegt, berichtet von den Sicherheitsbemühungen der Kommune. In regelmäßigen Abständen fänden Sicherheitsbegehungen an besagtem Übergang statt, um mehr Sicherheit zu garantieren. Mit dabei sind das Landratsamt, Polizei und die DB Netz AG.

Nach dem schweren Unfall Nähe Thann vor rund zwei Jahren habe man der DB Netz AG den Vorschlag gemacht, dort eine Schranke aufzustellen. Man wollte sich sogar mit einem Drittel an den hohen Kosten beteiligen. 600.000 Euro kostet eine Vollbeschrankung. „Leider hat die DB Netz AG die Schranke abgelehnt“, bedauert Thurnhuber.

„Sonst hilft das ganze Schilderaufstellen nichts“

Der Übergang in Richtung Piesenkam ist derzeit mit Andreaskreuz und einem blinkenden Warnlicht ausgestattet. Bereits mehrere Hundert Meter vorher wird beidseitig auf die Gefahrenstelle hingewiesen. Hinzu komme, so Thurnhuber, ein eingeführtes Stufensystem, das die Geschwindigkeit der Fahrzeuge begrenzen soll. Die Autos sollten sich so zuerst mit maximal 100, dann 80, 70 und schließlich mit 50 Kilometern pro Stunde dem Übergang nähern.

Entscheidend sei letztendlich aber auch, wie sich Autofahrer im Falle von unbeschrankten Bahnübergängen verhielten. Deshalb müsse man sich in jedem Einzelfall Unfallursache und -Hergang ansehen. „Sonst hilft das ganze Schilderaufstellen nichts“, so der Warngauer Bürgermeister. Beim heutigen Unfall ist die Unfallursache zumindest bisher noch unklar. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte im Tagesverlauf einen Sachverständiger an den Unfallort gerufen, der zusammen mit den ermittelnden Polizeibeamten den genauen Hergang rekonstruieren soll.

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