Jetzt rechtfertigt sich einer der Bauern für das gemeinsame Vorgehen. Doch er will auf die Gegner zugehen.
„Ferien wie im Bilderbuch“ ist das Versprechen der Familie Berghammer, die in Gmund Ferienwohnungen vermietet. Zum Frühstück gebe es die Milch gratis, heißt es auf der Internetseite. Und die kommt vom eigenen Hof, aus ökologischer Milchviehhaltung. Doch diese Art der Landwirtschaft hat ihren Preis.
Pro Tag fallen im Berghammer-Kuhstall bis zu 17 Arbeitsstunden an, sagt Landwirt Josef Berghammer. Um alles zu bewirtschaften, müssen seine Eltern – 66 und 70 Jahre alt – noch mit anpacken. Maria Berghammer kümmert sich früh morgens auf dem Hof um die Kühe und anschließend wieder um die Gäste. Sieben Tage in der Woche gehe das so, sagt Berghammer. Ein Wochenende gibt es nicht. Die Kühe wollen jeden Tag versorgt sein:
In meinen neun Ehejahren hatten wir nicht einmal vier Tage Urlaub.
Das soll sich ändern. Denn wenn es nach ihm und seinen beiden Mitstreitern Michael Koch und Korbinian Bartl geht, sollen bald zwei Ställe mit 4.080 Quadratmetern Fläche entstehen, in dem die drei Landwirte ihre Betriebe zusammenlegen und gemeinsam bewirtschaften wollen. Etwa 150 Kühe sollen dort unterkommen.
Durch die gemeinsame Bewirtschaftung wollen die Landwirte ihre Arbeit besser koordinieren und dadurch die Arbeitsbelastung senken. Der Gemeinderat hat bereits mit acht zu drei Stimmen für das Projekt gestimmt. Derzeit läuft eine Bauvoranfrage, über die das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sowie die Untere Naturschutzbehörde zu entscheiden haben.
Verantwortungslose Tierhaltung mit „Naturland“-Siegel?
Von einem „Riesenstall“ sprechen die Gegner des Projekts, wie beispielsweise Angela Brogsitter-Finck, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal. Mit einer Unterschriftenliste will sie die Genehmigung des Baus verhindern. Jetzt hat sie einen Brief an Landwirtschaftsminister Helmut Brunner geschrieben. Darin heißt es:
Bitte machen Sie Ernst mit Ihrem „bayerischen Weg“ und unterstützen Sie diejenigen, die sorgsam und verantwortungsvoll mit den Tieren, mit unserer einmaligen Landschaft umgehen.
Ein Landwirt, der das „Naturland“-Siegel trägt, also ökologisch gefördert wird, aber unverantwortlich mit seinen Tieren umgeht? Ein Betrieb mit 150 Kühen sei verglichen mit den anderen Betrieben groß, sagt Berghammer. Aber im Umland gebe es noch deutlich größere Ställe – um die 250 Kühe seien dort untergebracht. Keine 1.000 oder 2.000.
Auf Nachfrage beim AELF schwächt sich der Vorwurf des unverantwortlichen Handelns weiter ab: Fünf Quadratmeter Platz braucht eine konventionell gehaltene Kuh mindestens, heißt es da. Eine „Bio-Kuh“ braucht sechs. In dem Stall, den Berghammer, Bartl und Koch gemeinsam betreiben wollen, hätte jede Kuh rund 27 Quadratmeter Platz. Es gehe auch nicht, dass man alle Milchhöfe „über einen Kamm schert“, heißt es aus dem AELF weiter.
Es komme immer darauf an, wie viele Kühe die Familien ernähren können und wie viele Landwirte einen Hof gemeinsam betreiben. Wenn es nach den Beratern von Berghammer und Co ginge, bräuchte jeder von ihnen 70 bis 80 Kühe, um über die Runden zu kommen. Zusammen haben sie gerade mal 100 Kühe in ihren Ställen. Dass sich diese Zahl auf 150 erhöhen soll, begründet Berghammer mit der Leistung der Melkcomputer, die sie dort einsetzen wollen. Zwischen 65 und 75 Kühe schafft jede Maschine. „Wir wollen, dass die Geräte auch ausgelastet sind“, sagt der Milchviehwirt, der zudem ab kommendem Jahr erstmal mit geringeren Einnahmen rechnen muss.
Konventionell statt Bio: „An der Haltung ändert sich nichts“
Als Bio-Bauer kann er seine Milch noch für 50 Cent pro Liter abgeben. Doch ab kommendem Jahr ändern sich die Regeln für die ökologische Milchviehhaltung: „Dann müsste ich einen Laufstall bauen“, so Berghammer. Deshalb werde er den Hof dann als konventionelle Milchviehhaltung betreiben: „An der Haltung ändert sich nichts“, sagt er. Auch nicht an der Arbeit. Aber statt 50 Cent wird jeder Liter Milch künftig nur noch 40 Cent einbringen, 20 Prozent weniger.
Eigentlich wolle er die Landwirtschaft erhalten, sagt er. Doch derzeit gleichen sich Einnahmen und Ausgaben aus. Wenn er nachrechnet, erhält er einen Stundenlohn von 2,80 Euro – weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Mit der Neuregelung für die ökologische Landwirtschaft hätte er seinen Hof auch schließen können, sagt er.
Jetzt warten er und seine Mitstreiter erst einmal auf die Antwort aus dem Landratsamt. Danach will man auf die Gegner zugehen und die Bürger vor Ort informieren: „Ich zeige ihnen meinen Stall und dann einen konventionellen Großstall. Dann können sie sich entscheiden, wo sie lieber Kuh sein wollen“, sagt er. Den Unwillen der Einheimischen will Berghammer aber nicht auf sich ziehen. Sollte der Gegenwind nicht abflauen, könne es möglicherweise nur noch Urlaub wie im Bilderbuch geben – mit Streichelzoo statt Kühen auf der Weide.
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