Zehn Fragen an … Anton Grafwallner

Das Tegernseer Tal ist einzigartig. Aber wie sieht der Blick jedes Einzelnen aus? Wir wollen in unserer Reihe „Zehn Fragen an …“ Talbürger interviewen.

Beim letzten Mal wünschte sich Dr. Klaus Fresenius den Behindertenbeauftragten des Landkreises als nächsten Interviewpartner. Der erzählt uns heute, was das Tal für ihn so besonders macht.

Anton Grafwallner engagiert sich in zahlreichen Ehrenämtern für das Tegernseer Tal und die Menschen
Anton Grafwallner engagiert sich in zahlreichen Ehrenämtern für das Tegernseer Tal und die Menschen.

Anton Grafwallner ist 66 Jahre alt, studierter Verkehrsingenieur, Behindertenbeauftragter des Landkreises sowie seit 30 Jahren ehrenamtlicher Pflanzenbeobachter für den deutschen Wetterdienst. Grafwallner ist wegen der Erkrankung an Multipler Sklerose seit 1992 auf den Rollstuhl angewiesen. Trotzdem engagiert er sich in vielerlei Hinsicht für den Landkreis und das Tegernseer Tal.

Anzeige

Hallo Herr Grafwallner, was bedeutet das Tegernseer Tal für Sie?

Für mich ist das Tegernseer Tal nicht so relevant. Eigentlich ist Festenbach meine Heimat. Mein Garten ist artenreich an Pflanzen und Insekten, man kann die Berge sehen und es ist bis auf die Staatsstraße ruhig. Aber natürlich freue ich mich auch über den Tegernsee und die Landschaft hier, vor allem für die Touristen und Tagesausflügler.

Was gefällt Ihnen hier besonders gut?

Dass wir abseits des Mainstreams sind. Also im Hinterland. Hier kann ich mich mit dem Rollstuhl ziemlich frei bewegen.

Was würden Sie am liebsten sofort ändern?

Da gibt es zwei Sachen: Erstens die sofortige Wiedereinführung der Wehrpflicht. Im Moment fehlen überall Zivildienstleistende. Gestern erst hat mich der Verein für therapeutisches Reiten angerufen, dass sie keine Fahrer mehr haben, die die Kinder dort hinbringen können. Das kann nicht sein. Und zweitens die Modernisierung der Ampeln im Tegernseer Tal und die Verbindung untereinander. Die Fachbehörden hier bräuchten mehr Informationen, wie man den Verkehr sinnvoll regelt und steuert.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz am See?

An der Seepromenade in Gmund. Dort sind sogar Radfahrer erlaubt. Außerdem ist dort immer buntes Treiben und trotzdem ein geregeltes Miteinander. Besonders schön ist es, dort den Sonnenuntergang zu erleben.

Was ist Ihr persönlicher Freizeittipp?

Das sind die Wege abseits der bekannten Straßen. Dort, wo man gut mit dem Rollstuhl fahren kann. Es gibt sogar einen Rollstuhl-Wanderweg für E-Rollis und Handbiker um den Tegernsee und gut ausgebaute Wege an der Weißach und im Suttengebiet. Dort kann man herrlich die Natur genießen, ohne dass man sich anstrengen muss.

Welchen Ort möchten Sie unbedingt einmal besuchen?

Mal wieder auf die Neureuth zu kommen, wäre mein Traum. Oben mit der Familie und Freunden Brotzeit machen und den Sonnenuntergang genießen, das wäre für mich ein absolutes Highlight. Früher war ich oft auf der Neureuth.

Bei welcher Veranstaltung kann man Sie als nächstes antreffen?

Ganz bestimmt bei der Eröffnung des neuen Biergartens in Kaltenbrunn. Dort wird es vier Behindertenparkplätze geben, außerdem wird alles barrierefrei sein. Der Investor hat auch den Weg angepasst, so dass die Neigung geringer und so auch gut mit dem Rollstuhl befahrbar ist.

Wo sehen Sie in Ihrer Aufgabe als Behindertenbeauftragter im Tal dringend Handlungsbedarf?

Das sind drei Dinge: Einmal müssen alle Rathäuser und Sitzungssäle barrierefrei über Aufzüge erreichbar sein, damit auch Menschen mit Behinderung an den Sitzungen teilnehmen können. Damit würde dokumentiert werden, dass etwas für Menschen mit Behinderung getan und nicht nur geredet wird. Im Rathaus in Gmund ist das schon möglich. Außerdem braucht das Tal dringend ein rollstuhlgerechtes Taxi. Und zu guter Letzt bin ich für die Wiedereinführung des Anrufsammeltaxis. Vor allem für ältere Leute und Jugendliche ist das von großer Wichtigkeit. Ich erwarte von den Talbürgermeistern, dass dieses Thema ernsthaft angegangen wird.

Sie sind außerdem ein großer Verkehrsexperte und haben lange bei Siemens gearbeitet. Gibt es Maßnahmen, die kurzfristig umsetzbar sind und das Verkehrsaufkommen im Tal verbessern würden?

Das ist überhaupt kein Problem, man muss es nur wollen. Zum einen muss die Ampel an der Kreuzstraße zurück zum Zweiphasenbetrieb, so wie am Anfang. Zudem muss man moderne Gerätetechnik und eine moderne Verkehrsplanung garantieren. So könnte man die Zahl der Autos, die pro Stunde aus dem Tal herausfließen, von derzeit 800 auf bis zu 1.200 Fahrzeuge erhöhen. Das würde bedeuten, der Stau fängt eine halbe Stunde später an und hört eine halbe Stunde früher wieder auf. Ganz vermeiden lassen wird er sich nicht. Die Ampeln in Tegernsee und Rottach-Egern müssen von der Einzelschaltung zu einer grünen Welle umgestellt und sinnvoll verkehrsabhängig gesteuert werden. Das Ziel muss es sein, einen fließenden Verkehr zu haben. In Bad Wiessee würde ich die beiden Zebrastreifen im Ortskern durch zwei verkehrsabhängige Ampeln ersetzen. Aktuell staut sich der Verkehr meist bis zur Weißach, weil viele Fußgänger über die Zebrastreifen gehen. Das könnte man so verbessern.

Wem sollen wir die zehn Fragen als nächstes stellen?

Ich bin der Meinung, es sollte mal wieder eine Frau befragt werden und schlage deshalb Hildegard Wagner vor. Sie hatte den Mut, ihr Hotel Concordia in Bad Wiessee barrierefrei umzubauen. Das ist ein Einstieg in den barrierefreien Tourismus hier im Tal.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner