Zeit, Benzin, Sehnsucht: Dating auf dem Land

Was macht Dating im ländlichen Raum so hart? Wie viele Kilometer sind für die Vielleicht-Liebe drin? Zwei persönliche Geschichten aus dem Dating-Dschungel.

Die Liebe – kommt angeblich überraschend. Bessere Karten haben nette Menschen.

Die hübsche junge Frau mit dem glänzenden Haar, das sanft ihr Gesicht umspielt, strahlt. Es ist dieses Strahlen der frisch Verliebten: leicht verlegen, man spürt geradezu ihre Schmetterlinge im Bauch. Luisa (Name von der Redaktion geändert) ist 29 und hat ihr Liebesglück gefunden. Doch die Arzthelferin aus dem Landkreis Miesbach musste dafür einiges investieren: Zeit, Nerven und viele Kilometer. Nach einigen Versuchen in der Tinder-Sphäre hat es dann endlich gefunkt. Und zwar so richtig. Deshalb investiert sie weiter – Zeit, Benzin, Sehnsucht. Um ihren neuen Freund zu sehen, fährt sie rund zwei Stunden nach Österreich. Doch das nimmt sie gerne in Kauf.

Jung, männlich – veroarscht?

Der 35-jährige Florian (Name von der Redaktion geändert) schlägt sich ebenfalls tapfer durch den Dating-Dschungel. Während die meisten seiner Kumpels bereits verheiratet sind und Kinder haben, ist er noch bei Tinder auf der Suche nach Ms. Right. Doch die Suche gestaltet sich schwierig. Denn seit der Übernahme des elterlichen Betriebs bleibt dem attraktiven jungen Mann mit den strahlend blauen Augen und der sportlichen Figur kaum Luft, um in seinem PS-starken Auto durch die Lande zu tingeln. In den zwei Jahren, die er jetzt schon solo unterwegs ist, hat Florian die wildesten Geschichten erlebt: Ohne es zu wissen, hat er sich mit einer vergebenen Frau getroffen, ist auf Dating-Unsitten wie Ghosting (plötzliches Abtauchen ohne die Gründe zu nennen) gestoßen und hat sich schon oft „ziemlich veroarscht g’fühlt“, wie er zugibt. 

Das macht Dating auf dem Land so kompliziert

Weite Strecken, die Frage nach der Location fürs Date, wenig „Dating-Material“. Für viele Städter klingt das wundersam, wartet das nächste Date für sie schon um die Ecke in einem netten Café. Und wohl die größte Herausforderung: Wo soll man hier die große Liebe finden? In einem Verein? Beim Maibaumaufstellen oder beim Waldfest? Durch Zufall im Supermarkt oder beim Wandern? So ein romantischer Zufallsfund ist wie ein Sechser im Lotto.

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Single-Events am Tegernsee, regionale Partnerbörsen, Single-Reisen

Zum Glück gibt es auch im Tal Dating-Optionen. Single-Events wie „Herzensangelegenheiten“ in der Egerner Alm zum Beispiel. Hier gibt es Dinner und Programm zum Kennenlernen in gehobenem Ambiente. Allerdings sind derartige Single-Events mitunter recht kostspielig. Pluspunkt: Die Gewissheit ist inklusive, dass die Gäste wirklich daran interessiert sind, ihr Herz zu verschenken. Dating der besonderen Art bieten geführte Reisen und Touren für Alleinstehende. Wie schaut’s aus mit einer geführten Alpenüberquerung vom Tegernsee bis nach Sterzing? Oder doch lieber ein Tagesausflug mit wanderlustigen Singles in der Region? Auch viele Kleinanzeigenportale haben Rubriken, in denen Singles aus der Region inserieren. Aber Obacht: Datet am besten im öffentlichen Raum statt, denn das Internet bietet nicht nur unendliche Möglichkeiten, es birgt auch Gefahren.

Tindern hilft – manchmal 

Insbesondere für Singles, die in einem sehr ländlichen Gebiet leben, ist Tinder quasi die romantische Default-Einstellung. Doch Tinder auf dem Land hat einige Tücken. Wohin die Liebe fällt, bestimmt nämlich der Suchradius, den man bei Dating-Apps einstellen kann. Wie viele Kilometer bist Du bereit, für die Vielleicht-Liebe zu fahren? Weil die Auswahl im ländlichen Raum recht überschaubar ist, sind viele mit dem Radius großzügig. Ach, die paar Kilometer weiter. Auch beliebt: an der gewünschten Altersspanne kurbeln. Ein paar Jahre nach unten, ein paar Jahre nach oben. Pro-Tipp: Je flexibler die Vorstellungen vom Partner, desto mehr Matches. Bauer sucht Frau lässt grüßen.

Digitale Default-Einstellung: Tinder

Land-Singles müssen flexibel sein 

Eine gewisse Flexibilität ist für Singles vom Land ein Muss. Wählerisch sein wie in München oder Berlin? Keine gute Idee! Die Suche nach dem oder der Richtigen soll ja nicht zur Never-Ending-Story werden. Doch trotz Flexibilität bleibt es tricky. Denn auch wenn ein Single vom Land den Suchradius bei der App großzügig einstellt, werden nur die Personen angezeigt, die ebenfalls einen großen Radius definiert haben und bereit sind, weit zu fahren. Da wäre dann auch schon wieder das nächste Problem: das viele Fahren. Während man sich in Städten einfach spontan auf einen Kaffee oder einen Drink im Kiez treffen kann, müssen Partnersuchende auf dem Land erst einmal einen Ort finden. Autobahnraststätte? Wie romantisch! Vielleicht also doch lieber fürs erste Date in die Stadt. Und wenn’s nicht läuft? Vielleicht ergibt sich ja spontan ein weiteres Date.

Landherz trifft Großstadtherz

Am Wochenende schwärmen viele Städter ins Tal. Dating-Prime-Time! Mit dem frischen Schwung dürfte sich nämlich das ein oder andere Match ergeben. Wenn es funkt, ist es eine Win-Win-Situation: die Städter können übers Wochenende bleiben und sparen sich die Blechlawine Richtung München. Die Einheimischen gewinnen eine City-Dependance. Wer weiß: Vielleicht hilft es dieses romantische Stadt-Land-Liebe-Spiel ja sogar, den ewigen Konflikt zwischen Tagesausflüglern und den Einheimischen zu schlichten? Wer sich also ein Münchner Gspusi vorstellen kann, der lege sich am Wochenende auf die Lauer. Wer lieber abends mit dem Auto zum Date ins Nirgendwo fährt, sollte auf das Gläschen Wein verzichten. Jedenfalls auf das zweite oder dritte.

Single sein genießen

Wenig Beachtung finden die Vorteile, die das Single-Dasein hat: Keiner, der einem nachts die Decke klaut oder laut schnarchend um den Schlaf bringt. Keine, die schon vor dem ersten Kaffee am Morgen gut gelaunt nach der eigenen Laune fragt. Niemand, der einem das Essen wegnascht, keine Diskussionen über das nächste Reiseziel. Luisas Beispiel macht Singles Mut. Aber: Auch sie hat die Tücken des Online-Datings erfahren. Viele ihrer Dates haben auf Tinder vorteilhafter ausgesehen. Die Realität: eher enttäuschend. Andere haben in ihrem Profil feste Beziehungsabsichten geäußert und wollten doch nur eine Affäre. Oder sie dateten parallel mehrere Frauen. Doch genau wie Florian ist auch sie trotz der vielen Enttäuschungen drangeblieben, ist weiter ausgegangen, hat alles wieder auf Null gestellt, ist an dem Erlebten gewachsen – und hat schließlich ihren Traummann gefunden.

Schlüssel zum Glück – Selbstwertgefühl und Geduld 

Und nur so funktioniert’s wohl mit der Liebe. Mit Geduld und einer positiven Grundeinstellung – egal, ob auf dem Land oder in der Metropole. Und wie bereitet man sich aufs Date vor? Am besten mit einem guten Mindset. Mögliche Zutaten dafür? Gelassenheit, Selbstliebe, Offenheit im Geiste und innere Ruhe. Dazu eine Prise Natürlichkeit und gute Laune: fertig ist die Basis für ein entspanntes Treffen. Ein nettes und authentisches Auftreten wirkt auf die meisten Menschen sympathisch und attraktiv. Wer sich hingegen verzweifelt und verkrampft in den Dating-Kosmos begibt, bewirkt womöglich das Gegenteil. Wie heißt es so schön? Gehe niemals einkaufen, wenn du hungrig bist. Denn dann landet meist viel Schmarrn im Einkaufswagen. 

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