Er hat ein Faible für fremde Kulturen und Religionen – besonders aber für das Orientalische. „Eigentlich bin ich früher immer zum Blumenfotographieren auf dem Bauch im Dietramszeller Moor gelegen“, lacht der Otterfinger Johann Erben. Bis ihn und seine Frau Christine die Reiselust packte. Dann zog es sie vom vorderen Orient und dem Iran bis nach Indien – und Erben hielt alles Erlebte auf seiner Kamera fest.
Dabei ist der Otterfinger auch im digitalen Zeitalter noch ein Mann der Alten Schule: er fotographiert analog und erstellt dann DIAs von den Abzügen. „Meine Bilder sind daher nahezu unbearbeitet“, erklärt er. Seine Frau Christine kümmert sich dann um das Scannen und den Druck. Im Format 40×60 sind die Fotos seiner aktuellen Ausstellung „Syrien, wie es einmal war“ gerade im Holzkirchner Atrium ausgestellt. Für den 84-Jährigen ist es bereits die neunte Ausstellung in der Region.
Für die Nachwelt festgehalten
Die Fotographien Erbens zeigen Syrien von seiner kulturell höchst bedeutenden Seite. Sie sind auf den Reisen des Ehepaares in den Jahren 1988 und 1998 entstanden und präsentieren daher das Land und die antiken Baudenkmäler so, wie es vor dem Bürgerkrieg und der Zerstörwut der Terrormiliz „Islamischer Staat“ war.
Die Bilder vom Syrienaufenthalt befanden sich bisher unveröffentlicht im privaten Archiv des Paares. Erst durch die Brisanz des Themas entstand gemeinsam mit Michael Werner, der sich um die Ausstellungen im Atrium kümmert, die Idee sie auch der Öffentlichkeit zu zeigen. Denn Erben ist in Anbetracht des großen unwiederbringlichen kulturellen Verlustes, den der Krieg und der IS für Syrien mit sich bringt, klar, dass seine Bilder von einer besseren Zeit zeugen und sie festhalten:
Wenn ich das gewusst hätte, dass das einmal mit Syrien passiert, hätte ich die Fotographien sofort ausgestellt.
Ihre Syrien-Reisen führten das Paar damals nach Aleppo, Apamea und Malula, wo wie Erben erklärt noch heute „Aramäisch, die Sprache Jesu“ gesprochen wird. Weitere Stationen waren das Weltkulturerbe Palmyra, das Simeonskloster, die Kreuzritterfestung „Krak des Chevaliers“ und die Toten Städte.
Die Fotographien schaut sich der Künstler jetzt mit Wehmut an: „In Aleppo steht kein Stein mehr auf dem anderen und auch Apamea ist völlig ausgesprengt“, so Erben. Im Simeonskloster beispielsweise hätten die Rebellen ihr Lager für längere Zeit aufgeschlagen und wären bombardiert worden, weiß Erben und folgert daraus die bittere Wahrheit: „Da kann gar nicht mehr viel übrig geblieben sein.“
Schätze für immer verloren
Einer der bedeutendsten antiken Tempel des Nahen Ostens, der vor 1900 Jahren erbaute Baalschamin-Tempel in der ehemals prächtigen Oasenstadt Palmyra, wurde hingegen mutwillig von den radikalen Dschihadisten gesprengt. „Die Satellitenbilder zeigen, dass auch in Palmyra das meiste dem Erdboden gleichgemacht wurde“, berichtet Erben.
Für das Paar ist es nur schwer zu begreifen, dass dort, wo Erben die Fotos einst gemacht hat und sie beide die Weltwunder mit eigenen Augen betrachten durften, heute nur noch ein Trümmerhaufen zu sehen wäre. Die Motivation hinter der Zerstörwut der Terroristen ist ihnen unbegreiflich. „Das sind schließlich nicht nur die Wurzeln des Christentums, sondern auch die des Islams“, weiß Erben.
Einzig für Damaskus bleibt noch Hoffnung: die Zynab-Moschee und die Omayaden-Moschee sollen im Krieg bisher unzerstört geblieben sein. Auf Erbens Bildern zeigen sich die prächtigen Mossaik-Arbeiten und das prunkvolle Spiel von Gold und Silber im Dekor der Gotteshäuser. „Damaskus gilt als Paradies auf Erden“, schwärmt der Otterfinger und hofft weiterhin darauf, dass Krieg und Terror den kulturellen Schätzen nicht nochmehr anhaben werden.
Am 8. April wird der Fotograph Johann Erben im Otterfinger Pfarrsaal einen Vortrag zum Thema Syrien und dem vorderen Orient halten und dabei vor allem auf die Geschichten hinter den Bildern eingehen. Seine aktuelle Ausstellung findet man noch bis zum 29. April im Foyer des Atriums in Holzkirchen.
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