Zwei Künstlerinnen mit dem gleichen Sinn für Ästhetik, jedoch einer unterschiedlichen Ausdrucksweise haben sich in einem kleinen Atelier in Rottach-Egern zu einer perfekten Symbiose verbunden. Die Malerin Stephanie Paula und die Illustratorin Katharina Bourjau zeigen ihre Werke in einer Gemeinschaftsausstellung und auch, wie beflügelnd gegenseitige Wertschätzung sein kann.
Sie hätten sich „spontan ineinander verliebt“, erzählen Stephanie Paula und Katharina Bourjau den Gästen ihrer Vernissage. Das ist nicht nur so gesagt, weil es nett klingt, nein, das merkt man den beiden Künstlerinnen tatsächlich an. So unterschiedlich sie in ihrer kreativen Ausdrucksweise auch sind, so verbindend ist ihre Motivauswahl. Die Landschaft, die Menschen, das Oberland – „wir sprechen die gleiche Sprache“, sagt Katharina Bourjau.
Paula findet Bourjau, Bourjau findet Inspiration
Tatsächlich war es Stephanie Paula, die im begleitenden Künstlerkatalog der Offenen Ateliertage 2020 von KulturVision e.V., die gebürtige Tegernseerin Bourjau und ihre Arbeiten entdeckte und sofort „hochinteressiert“ an der 33-Jährigen war. „Ich schrieb sie an, wir trafen uns beim Menschenrechtsfestival in Holzkirchen zum ersten Mal und haben uns sofort gemocht“, erzählt die Malerin aus Neuburg an der Donau. Eine Bekanntschaft, die schon bald künstlerische Früchte tragen sollte.
Ein Besuch in Stephanie Paulas kleinem Atelier in der Seestraße in Rottach-Egern inspirierte Katharina Bourjau, sich einer ganz besonderen Bilderreihe anzunehmen. Die für ihre grafischen und bunten Illustrationen bekannte freie Grafikerin verarbeitete alte Fotografien ihrer Vorfahren in ihren neuesten Werken. „Die Nostalgie in Stephanies Bildern inspirierte mich dazu.“ Dazu scannte sie die kleinen schwarz-weiß-Fotografien ihrer Verwandten und fügte sie in ihre charakteristischen Illustrationen in den Farbkombinationen rosa-blau, orange-türkis und lila-grün ein.
Bourjau verbindet Emotionalität mit Witz
„Ich habe für jedes Bild den passenden alten Holzrahmen gesucht“, erklärt sie. Deren geschnitzte Muster spiegeln sich wiederum in den grafischen Elementen der Bilder wider, welche im aufwendigen Risographiedruckverfahren entstanden und die Werke dadurch zu absoluten Unikaten machen.
Fehlen dürfen in Katharina Bourjaus Bildern natürlich nicht die kleinen Details, welche eigentlich gar nicht auf dem Originalfoto zu sehen wären. Eine Ente hier, eine kleine Kirche da oder das Hinterteil einer Kuh dort – die Illustratorin scheint einem durch die witzigen Elemente zu zuzwinkern.
Sich den Bildern und damit auch der Geschichte ihrer Vorfahren anzunehmen, sei kein leichtes Unterfangen gewesen, weiß Barbara Bourjau. Die Mutter der Tegernseerin, die vorwiegend in München lebt und arbeitet, ist stolz darauf, dass ihre Tochter diese Reihe nun vollendet hat. „Sie wollte das schon zuvor machen, hatte aber immer großen Respekt davor.“ Auch für die Mutter der Künstlerin sei dies sehr emotional, zeigen doch einige Bilder etwa ihren Vater als Kind mit seinem Hund Trixi oder ihre Großmutter in deren Garten in Louisenthal.
Zauberhaft auch das Bild „Schlittschuh-Lore“, welches neben dem großformatigen Werk „Schnellfeuer“ von Stephanie Paula hängt. Als ob sie zusammengehören würden, ergänzen sich die beiden Kunstwerke in ihrer Bildsprache und Farbigkeit.
Paula fängt intime Momente ein
Stephanie Paula arbeitet vor allem mit Ölfarben auf Leinwand. In ihren großformatigen Bildern schafft sie es alltägliche Szenerien derart intim einzufangen, dass sie wie der schönste Moment eines Tages wirken. Sei es das Mädchen in ihrer Tracht am Schießstand „Schnellfeuer“ oder die beiden Frauen auf ihren Tourenskiern in Brauneck, die in ein intensives Gespräch vertieft sind.
Schon fast meditativ wirkt die Szene des Jungen im Kuhstall, der von der Morgensonne in ein sanftes Licht getaucht wird und dem Vieh verträumt beim Fressen des Heus zusieht. Für ein Bild wie dieses ginge sie öfters an den gleichen Ort, erklärt die Künstlerin. „Dort mache ich mir dann viele Skizzen, denn Lebewesen halten bekanntlich nicht so lange still.“ Grundsätzlich versuche sie jedoch viel „direkt vom Leben zu malen“, sich also mit ihrer Staffelei an die Orte zu stellen und ihre Motive gleich auf die Leinwand zu bringen.
Die Malerin schafft es auf beeindruckende Art und Weise selbst quirlige und bewegte Szenen in einem Moment des Stillstands einzufrieren, ohne dabei deren Energie zu verlieren. Etwa eine bewirtschaftete Alm im Winter im Skigebiet Sudelfeld oder eine Frau beim Schwimmen in der Weißachmündung in Kreuth.
Ganz zu schweigen von einer Herde Schafe auf einem beschneiten Feld im Tölzer Land, die sicher nicht stillstanden, bis die Malerin ihr Werk vollendet hatte. Das Bild „Sie frieren nicht!“ hängt bei der Vernissage weit hinten im Raum, „denn ich bin mir nicht sicher, ob es noch feucht ist“, erzählt Stephanie Paula lachend.
Eine besondere Ausstellung
Sicher ist sicher, denn das gemütliche Atelier mit Wohnzimmercharakter füllt sich an diesem Abend schnell. Der Duft von Popcorn und Punsch liegt in der Luft und zwischen geschmücktem Christbaum und loderndem Feuer im Ofen, erfreuen sich die Gäste an den Werken der beiden Künstlerinnen.
Katharina Bourjau und Stephanie Paula ist es jeweils gelungen, Nostalgie und atmosphärische Momente im Oberland in ihren Werken einzufangen, ohne sie dabei abgedroschen und plakativ wirken zu lassen. Ihre gemeinsame Liebe für diese besonderen Augenblicke und die gegenseitige Wertschätzung füreinander, machen diese Ausstellung zu etwas Besonderem.
Die Ausstellung von Katharina Bourjau und Stephanie Paula im Atelier Paula in der Seestraße 59 in Rottach-Egern (im Hinterhof) ist noch bis einschließlich 23. Dezember 2023 zu sehen. Öffnungszeiten sind am 14. und 15. Dezember von 15 bis 18 Uhr sowie am 16. Dezember von 10 bis 18 Uhr, an allen anderen Tagen täglich von 17 bis 18 Uhr.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Online-Magazin KulturVision am 12.12.2023 | Ein Beitrag von Selina Bender.
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