200.000 Euro für die Tonne?

In dem Streit um den neuen Seesteg ist ein anderes Großprojekt der Stadt Tegernsee in den Hintergrund gerückt: Das Parkhaus am Hornparkplatz. Ob Bedarf da ist oder nicht, darüber driften die Meinungen weit auseinander.

Doch wie sinnvoll war es rund 200.000 Euro in die Planung zu investieren, obwohl noch immer nicht klar ist, ob das Parkhaus jemals gebaut wird? Wir sind dieser Frage einmal nachgegangen.

Das ehemalige Hornanwesen könnte irgendwann mal Platz bieten für ein Parkhaus mit 113 Stellplätzen / Archivbild

Es ist ruhig geworden um eines der großen Projekte der Stadt Tegernsee. Bestimmte das geplante Parkhaus in der Hauptstraße für eine Weile fast wöchentlich die Schlagzeilen, ist derzeit rund um das Projekt eher wenig Bewegung. Das heißt jedoch keineswegs, dass man sich auf seiten der Stadt von der Idee verabschiedet hat. Ganz im Gegenteil, die Planungen laufen weiter. “Der Bebauungsplan wird weiter geführt”, so Bürgermeister Peter Janssen auf Nachfrage.

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Noch mal zur Erinnerung: die Planungen sehen vor, ein überdachtes Parkhauses mit 113 Stellplätzen zu errichten. Die Kosten für den Bau werden mit 2,87 Millionen Euro und damit rund 25.000 Euro pro Stellplatz beziffert. Über den Bedarf und die Notwendigkeit des Bauvorhabens wurde bereits früher im Stadtrat ausführlich und kontrovers diskutiert.

Erst wurde geplant, dann der Bedarf ermittelt

Die Gegner und die Befürworter haben sich ihre Argumente zurechtgelegt. Neben den enormen Kosten, ist immer wieder zu hören, dass ein Parkhaus auf dem Land nicht angenommen werden würde.

Der wohl größte Streitpunkt ist allerdings die Frage, ob es in Tegernsee überhaupt Bedarf für ein solches Parkhaus gibt. Aus diesem Grund wurde vor einiger Zeit auch eine Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben und ausgewertet. Das Ergebnis: Tegernsee braucht kein Parkhaus. Da waren die Planungen indes schon voll im Gange. Und, so die Meinung der Mehrheit im Tegernseer Stadtrat, sei das Gutachten das Papier nicht Wert.

Parkhausentwürfe und Detailplanungen

Insgesamt knapp 200.000 Euro haben allein die bisherigen Planungen bereits gekostet. Vielen Kritikern ist das ein Dorn im Auge. “Es wurde geplant, bevor darüber nachgedacht wurde, ob wir in Tegernsee überhaupt ein Parkhaus brauchen”, bemängelt Stadtrat Andreas Obermüller die Vorgehensweise der Stadt.

Beauftragt mit den vorbereitenden Planungen wurde das Architekturbüro Wagenpfeil aus München. Für ein Honorar von rund 100.000 Euro wurden Parkhausentwürfe angefertigt. Unnötige Ausgaben, wie Obermüller findet: “Es wurden Skizzen für 18 verschiedene Varianten erstellt. Eine grobe Vorplanung hätte auf jeden Fall gereicht und wäre deutlich günstiger gewesen.”

Verwirklicht wurde bislang keiner der Entwürfe, und dabei wird es in dieser Legislaturperiode wohl auch bleiben. Eine Realisierung des Projekts noch vor den Kommunalwahlen im März 2014 gilt als ausgeschlossen.

Nichts desto trotz will man sich in der Stadt auf alle Eventualitäten vorbereiten und den Bebauungsplan weiter fortführen. “Falls sich akuter Bedarf ergibt”, so Bürgermeister Janssen. Aus diesem Grund will die Stadt auch weiterhin am Ball bleiben. Auf den Vorwurf, man habe durch die voreilige Planung unnötig Geld rausgeworfen, entgegnet Janssen gelassen:

Es ist sehr wichtig, die Planungen frühzeitig voranzutreiben, um auch schnell reagieren zu können.

Doch gerade mit dem Bedarf ist das so eine Sache. Auch der Rathauschef ist mittlerweile der Meinung, dass dieser Momentan nicht gegeben sei. Dies könne sich aber schnell ändern, sobald die Geschäfte in der Hauptstraße wieder in Fahrt kommen oder sich ein Investor für das Hotel Guggemos findet, so Janssen.

Die Henne und das Ei

Überhaupt ist es wie “die Geschichte von der Henne und dem Ei”, wie der Bürgermeister betont. Man weiß eben nicht, was zuerst da sein muss. Dabei kann man in der Tat die Frage stellen, ob ein besseres Parkplatzangebot nicht mehr Geschäftsleute und Kunden nach Tegernsee locken würde und sich dann der Bedarf für eben jenes Parkhaus tatsächlich einstellen würde.

Andererseits ist es sicher gewagt, über mehr Parkplätze auch automatisch auf mehr Besucher zu schließen. Auch ist nicht gesagt, dass das fehlende Parkhaus der Hauptgrund dafür ist, dass noch kein Investor für das Hotel Guggemos gefunden ist.

Das Hotel Guggemos befindet sich genau gegenüber dem geplanten Parkhaus

Ungeachtet dessen befürchten Kritiker, dass die Investitionen in die Planung so oder so verloren seien. Nach dem Ende der Amtszeit des jetzigen Stadtrats würden die Pläne zunächst in der Schublade verschwinden. Entsteht einige Zeit nach der Kommunalwahl 2014 plötzlich akuter Bedarf für ein Parkhaus, ist es gut möglich, dass aufgrund neuer Begebenheiten erneut geplant wird und die alten Unterlagen in den Schredder wandern.

Von dieser These sind frühere Mitglieder des Stadtrats jedenfalls überzeugt. So richtig an die Öffentlichkeit will aber niemand mit seiner Meinung. “Alles nur Hintergrundinformationen”, hören wir in den Gesprächen. Bürgermeister Janssen sieht das indes nicht als allzu großes Risiko:

Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die jetzigen Planungsunterlagen auch dann wieder aus der Schublade gezogen werden und Beachtung finden.

Die Zeit arbeitet gegen das Projekt

So oder so, bislang wurden rund 200.000 Euro in die Planungen eines Projekts investiert, von dem keiner weiß, ob es überhaupt jemals Wirklichkeit werden wird. Um so länger die Entwürfe in der Schubblade liegen, desto älter werden sie, und die Wahrscheinlichkeit, dass neu geplant wird, steigt.

Ob dieses Szenario jemals eintreten wird, ist derzeit nur schwer absehbar. Nur die Zeit wird zeigen, wer am Ende Recht behält. Bis dahin stehen sich jedoch die Aussagen von Bürgermeister Janssen und die der Kritiker weiter unvereinbar gegenüber.

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