200 neue Asylbewerber für Tegernsee

Einer “politischen Bombe” gleich kam die Information am Montag Abend. 200 neue Asylbewerber werden in die Dreifachturnhalle des Tegernseer Gymnasiums einziehen. Bürgermeister Johannes Hagn zeigte sich schockiert von der Entscheidung des Landratsamtes und machte klar, dass die Stadt mit diesen Massen nicht mehr verantwortungsvoll umgehen kann.

So könnte es in der Tegernseer Dreifachturnhalle bald aussehen.
So könnte es in der Tegernseer Dreifachturnhalle bald aussehen.

Die Lage in Tegernsee ist bereits jetzt angespannt. Kürzlich sorgte die Ankunft acht neuer Asylbewerber mitsamt Polizeieinsatz für Unruhe in der Stadt. Doch es kommt schlimmer. Nach der jüngsten Ankündigung des Landratsamtes drohen Tegernsee zu den 40 Asylbewerbern, weitere 200 Personen, die in den nächsten Wochen hinzukommen könnten.

Damit wären in der 3.600-Einwohner-Stadt talweit die meisten Flüchtlinge untergebracht. Geschockt und sprachlos nahmen die Mitglieder des Bauausschusses in der heutigen Sitzung die Nachricht von Bürgermeister Johannes Hagn über die aktuelle Asylsituation auf:

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Ich habe heute von unserem Landrat erfahren, dass in Tegernsee rund 200 Asylbewerber ankommen sollen.

Geht es um die Asylpolitik, so hat Tegernsee in der Vergangenheit stets eine Vorbildfunktion eingenommen. Doch die Hiobsbotschaft sprengt sämtliche Kapazitäten und Vorstellungen. Nach anfänglichem Schweigen kippte die Stimmung im Sitzungssaal. Vor allem drei Fragen standen dabei mehr oder weniger unbeantwortet im Raum: “Wie sollen wir das schaffen?” “Wer wird sich um diese Menschen kümmern?” Und vor allem: “Wo sollen all die Flüchtlinge untergebracht werden?”

Zumindest für die Frage nach der Unterbringung hat das Landratsamt eine Antwort. Die Neuankömmlinge werden zunächst in der 3-Fach-Turnhalle des Tegernseer Gymnasiums untergebracht. Die Umbaumaßnahmen beginnen in den nächsten Tagen, so Hagn. Doch hier könnte das nächste Problem entstehen. Die Schüler gehen zwar ab dem 1. August in die langen Sommerferien. Doch der Vereinssport wird ab dem Einzug der Flüchtlinge nicht mehr stattfinden können.

Es könne einfach nicht sein, dass man sich so stark für die Asylbewerber einsetzt und dann die Schülerschaft und die eigenen Vereine, die die Turnhalle ebenso nutzen, darunter leiden, hieß es aus den Reihen der Bauausschussmitglieder.

Talgemeinden halten zusammen

Vor allem Thomas Madl (SPD) sieht darin eine Gefahr der schulischen Qualitäten des Tegernseer Gymnasiums. Die Schule kämpfe eh schon um ihren Schülerbestand. Dass der Schulsport jetzt unter der Asylpolitik leiden muss, sei für das Ansehen der Einrichtung nicht sonderlich fördernd.

Ich sehe Tegernsee hier nicht nur vor einer humanitären, sondern auch einer schulischen Katastrophe.

Die Gutmütigkeit und freiwillige Bereitschaft der Stadt stößt an ihre Grenzen. Dabei versichert Bürgermeister Johannes Hagn, dass “es keinesfalls mehr vorkommen darf, dass wir hierbei alleine gelassen werden”.

Der Stadt sind die Hände gebunden

Doch hinsichtlich der geplanten Unterkunft sind den Tegernseern die Hände gebunden. Die 3-fach-Turnhalle gehört dem Landkreis Miesbach. Zwar sollen die 200 Flüchtlinge bis zum Ende der Sommerferien landkreisweit anderweitig umgesiedelt werden, doch wo genau das sein soll, weiß selbst das Landratsamt noch nicht.

Kurz nachdem die Hiobsbotschaft gestern das Tegernseer Rathaus erreicht hatte, führte Hagn mit dem Rottacher Bürgermeister Christian Köck bereits ein erstes Sondierungsgespräch:

Wir denken darüber nach, die Schüler vom Gymnasium für den Schulsport nach Rottach zu verlegen. Wenn deren Turnhalle fertig ist, müssen wir eben zusammenrücken.

Doch hier schließt sich schon das nächste Problem an: Wer übernimmt die Kosten für einen möglichen Schüler-Shuttle? Auch hier machte Hagn gestern klar, dass der Kuschelkurs ein Ende hat: “Bisher hat die Stadt dem Landratsamt noch keine Kosten in Rechnung gestellt. Das muss sich jetzt ändern.” Eine Kostendeckung durch das Landratsamt werde nun nicht mehr erwartet, sondern gefordert.

Der Bürgermeister erklärte weiterhin, dass die Kosten bisher von den Tegernseer Bürgern bezahlt wurden. Aber rund 200 Asylbewerber finanziell als Kommune alleine zu stemmen sei schier unmöglich.

Vor zwei Jahren wurde die Tegernseer Turnhalle renoviert. Nun soll sie als Auffanglager für bis zu 200 Asylbewerber dienen.
Vor zwei Jahren wurde die Turnhalle renoviert. Nun soll sie als Zwischenstation für bis zu 200 Asylbewerber dienen.

Doch nicht nur Geld ist Mangelware. Auch die Hilfsbereitschaft, um den Massen Herr zu werden, dürfte schnell an ihre Grenzen stoßen. Der Helferkreis Asyl sei, so Hagn, jetzt schon mehr als ausgelastet. Mit der großen Anzahl an Neuankömmlingen dürften die Freiwilligen völlig überfordert sein. Darüber waren sich zumindest die Mitglieder des Bauausschusses einig.

“Wer soll die Verpflegung all dieser Menschen übernehmen? Sie müssen essen und trinken”, warf Andrea Köstler (FWG) ein. Die Mensaverpflegung kann hierbei keine Abhilfe mehr schaffen. Auch an eine alternative Unterbringung ist nicht zu denken. “Es gibt derzeit keine Alternativen”, so Hagn ernüchtert.

Der Markt an Containern ist ausgeschöpft. Es gibt derzeit keine zu kaufen.

Die Verantwortlichen aus dem Rathaus klagen vor allem über das spärliche Hilfsangebot des Landratsamtes. Es fehlen ein Konzept, klare Linien und Vorgehensweisen, wie man eine derartige Herausforderung erfolgreich bewältigen kann.

Trotz der Ratlosigkeit beschlossen die Räte auf der Sitzung, einen offenen Brief an das Landratsamt zu schicken. Man wolle mehr Unterstützung, direkte Hilfeleistung und konkrete Lösungsvorschläge vom Amt. Mit den Worten “Ich bin immer noch sprachlos” schloss Bürgermeister Johannes Hagn die gestrige Sitzung.

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