Im TS-Interview äußert sich der der 49-Jährige zur Causa Kreidl, dem System hinter der Sparkasse und zum ebenfalls in die Kritik geratenen Vize-Landrat Arnfried Färber – wie Kerkel auch Mitglied der Freien Wähler.
Guten Tag Herr Kerkel. Wie bewerten Sie den Rückzug Ihres Kontrahenten Jakob Kreidl von der CSU?
Norbert Kerkel: Rein menschlich tut es mir leid. Es ist aber sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, der etwas zu spät kommt. Der Landkreis steht derzeit schon in einem schlechten Licht da. Hier muss Vertrauen wiederhergestellt werden.
Auch Ihr Parteifreund und stellvertretender Landrat Arnfried Färber steht wegen der Kosten seiner Geburtstagsfeier unter Beschuss. Sind 55.000 Euro für eine solche Feier vertretbar, und wäre nicht hier eine deutliche Beteiligung Färbers an den Kosten angemessen gewesen?
Norbert Kerkel: 55.000 Euro für so ein Fest sind mit Sicherheit unangemessen. Wir haben intern intensiv darüber diskutiert. Und in den kommenden Tagen wird es dazu eine Stellungnahme von Arnfried Färber geben.
Heißt das, Herr Färber will sich an den Kosten beteiligen?
Norbert Kerkel: Das ist denkbar.
Und was wäre sonst noch denkbar?
Norbert Kerkel: Ich kann und will mich heute nicht näher dazu äußern. Alles weitere wird Herr Färber in den nächsten Tagen bekannt geben.
Das Sponsoring der Sparkasse prüfen
Wie kann es sein, dass selbst der Sparkassen-Verwaltungsrat nichts von dem Sponsoring der Geburtstage gewusst hat? Wie wollen Sie als zukünftiger Landrat diese offenbar systematischen Verfehlungen in den Griff bekommen und das Vertrauen wiederherstellen?
Norbert Kerkel: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verwaltungsratsmitglieder hier ahnungslos waren. Gerade deshalb brauchen wir jetzt einen Neuanfang mit mehr Transparenz. Das gesamte Sponsoring der Sparkasse muss auf den Prüfstand. Ich plädiere dafür, dass hier künftig die Gremien des Kreistages stärker mit einbezogen werden. Eine Rechnungsprüfung sollte zudem durch externe Experten erfolgen.
Jakob Kreidl ist nun raus aus dem Rennen um den Posten des nächsten Miesbacher Landrats. Wer ist aus Ihrer Sicht nun Ihr schärfster Konkurrent?
Norbert Kerkel: Ich denke, es läuft auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Herrn Huber, Herrn Rzehak und mir raus. Herr Eberhard von der FPD hat aus meiner Sicht wenig Chancen.
Sind die Menschen hier bereit für einen grünen oder roten Landrat?
Norbert Kerkel: Das werden wir am 16. März sehen.
Respekt vor den Schulden
Für die meisten Bürger sind Sie nach wie vor „nur“ der Sohn vom Ex-Landrat. Wie wollen Sie aus dem Schatten Ihres Vaters heraustreten?
Norbert Kerkel: Der Vergleich ist natürlich immer da. Ich bin aber in einer ganz anderen Zeit aufgewachsen und habe eine ganz andere berufliche Ausbildung. Und es gibt sicher noch weitere Unterscheide zwischen uns. Werde ich gewählt, will ich durch meine Arbeit als Landrat überzeugen. Das ist das einzige, was zählt.
Sie haben mehrfach betont, dass Sie Respekt vor dem – mit 130 Millionen Euro relativ hohen – Schuldenstand des Landkreises haben. Wie wollen Sie diesen senken?
Norbert Kerkel: Wir müssen ganz genau schauen, welche Projekte geplant sind, und wie und ob wir diese finanzieren können. Es ist einfach mehr Haushaltsdisziplin gefragt. Zudem müssen wir weiter an der Höhe der Kreisumlage festhalten, um den Schuldenstand zu senken.
Das geht jedoch voll zu Lasten der Kommunen. Die Gemeinde Kreuth muss in diesem Jahr 600.000 Euro mehr und damit insgesamt eine Kreisumlage in Höhe von über zwei Millionen Euro an den Landkreis abführen. Ist das mit Ihrem Ziel, die Kommunen nicht stärker zu belasten, noch zu vereinbaren?
Norbert Kerkel: Die begonnenen Großprojekte, wie der Bau der Gmunder Realschule, müssen finanziert werden. Daher kann es derzeit keine Senkung der Kreisumlage geben. Das hat der Kreistag, und damit auch Vertreter der Gemeinde Kreuth, so beschlossen und mitgetragen. Wir dürfen die Gemeinden aber über das jetzige Maß hinaus nicht weiter belasten.
Auch für die geplante Fusion zu einer gemeinsamen landkreisweiten Tourismusorganisation müssen die Gemeinden ihren finanziellen Beitrag leisten. Sie haben sich für den Zusammenschluss von TTT und ATS ausgesprochen, aber auch gesagt, man dürfe nichts übers Knie brechen. Wie meinen Sie das?
Norbert Kerkel: Eine Vereinigung schon zum 1. Januar 2014 wäre voreilig gewesen. Man muss alle Gemeinden mit ins Boot holen. Die Fusion zum 1. Januar 2015 ist denkbar. Jetzt haben wir einen vernünftigen Zeitplan.
Was hätten Sie als Landrat in dieser Sache anders gemacht?
Norbert Kerkel: Ich hätte den einzelnen Gemeinden von Anfang an mehr Informationen und Zeit gegeben. Wir müssen die Bedenken der Kommunen ernst nehmen und diese, wo es geht, berücksichtigen. Nur so kann man einen tragfähigen Kompromiss finden. Wir müssen aber auch klar sagen, wo die Grenzen liegen und was eben nicht geht.
Wettbewerbsdruck für RVO
Kommen wir nun zu einem anderen Thema, das derzeit in aller Munde ist. Viele Bürger wünschen sich ein Ende der langen Staus rund um den Tegernsee. Wie wollen Sie das bestehende Verkehrsproblem lösen?
Norbert Kerkel: Eine grundsätzliche Lösung wird es so schnell nicht geben. Daher müssen wir an vielen verschiedenen Stellschrauben drehen. Zum einen gilt es, den Öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen und die Busse stärker einzubinden.
Sie plädieren unter anderem für eine Taktverdichtung des RVO. Dort heißt es jedoch, dass das aus finanzieller Sicht nicht möglich ist. Wie gehen Sie damit um?
Norbert Kerkel: Wir müssen das ganze RVO-System auf den Prüfstand stellen, uns zusammensetzen und ein Konzept überlegen. Ich bin dafür, auch andere Anbieter mit ins Boot zu holen und den RVO einer Wettbewerbssituation auszusetzen.
Was halten Sie von der Idee, die Seenschifffahrt mit in die TegernseeCard einzubinden?
Norbert Kerkel: Auch das ist eine Möglichkeit. Wenn die Verantwortlichen der Schifffahrt sagen, das ist nicht möglich, dann müssen wir sehen, woran es hängt und ob es dafür eine Lösung gibt.
Oder stattdessen doch eine Ringbahn rund um den See?
Norbert Kerkel: Die Ringbahn ist ein nettes Konzept. Ihre Umsetzung ist aber sehr teuer und angesichts des Flächenbedarfs auch zu aufwändig.
Was wäre also Ihre erste Maßnahme gegen das Verkehrsproblem, wenn Sie der nächste Landrat würden?
Norbert Kerkel: Ich bin für eine intelligente Ampelschaltung. So könnte man schnell eine Verbesserung erzielen.
Größtmögliche Transparenz
Auch der momentane Bauboom beschäftigt viele Einheimische im Tal. Den Gemeinden sind hier aber oft die Hände gebunden. Das letzte Wort hat immer der Kreisbaumeister. Wie wollen Sie hier einen verträglichen Weg einschlagen?
Norbert Kerkel: Hier muss man mit Augenmaß an die Sache herangehen und auf den Flächenverbrauch schauen. Es gilt, die Bauanträge so zu gestalten, dass sie mit der Ortsgestaltung verträglich sind.
Doch das reicht oft nicht. Der einzige Bezugspunkt für viele Bauträger ist die Bayerische Bauordnung. Sie ermöglicht um einiges mehr als so manche Ortsgestaltungssatzung. Was muss hier getan werden?
Norbert Kerkel: Über die gesetzlichen Rahmenbedingungen können auch wir uns nicht hinwegsetzen. Es gilt hier, frühzeitig mit den Bauträger zu reden und noch bevor der erste Bauantrag eingereicht wird, zu einem für beide Seiten erträglichen Kompromiss zu kommen. Auch ist es sinnvoll, Gebiete mit einem Bebauungsplan zu überplanen, um Investoren einen möglichst klaren Rahmen vorzugeben.
Sollten Sie tatsächlich gewählt werden, was wäre Ihre erste Amtshandlung als neuer Landrat?
Norbert Kerkel: Ich werde dafür sorgen, dass die bereits begonnene personelle Neuaufstellung des Verwaltungsrates der Sparkasse konsequent weitergeführt wird. Und mehr Transparenz herstellen. Alle Satzungen, Verordnungen und Beschlüsse, die öffentlich sein dürfen, werden ins Internet gestellt. In Zukunft soll es auch eine regelmäßige landkreisweite Befragung aller Bürger geben. Sie sollen beurteilen, wie zufrieden sie mit den Entscheidungen des Landkreises sind.
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