Wer im Winter schwimmt, rettet im Sommer Leben:
Wer denkt an die Wasserretter?

Ist eine Traglufthalle, über örtliche Freibäder gespannt, eine Alternative zu einem 30 Mio-Projekt in Bad Wiessee? Die Bürgermeister von Kreuth und Rottach-Egern winkten ab. Aber wie finden das die Wasserretter im Tal?

Es ist Winter. Der See liegt nahezu unberührt da. Hier und da schwimmen mittelalte Menschen im knapp vier Grad kaltem Wasser. Das ändert sich im Sommer. Vom Stand-Up-Paddler über die Plantscher bis hin zu den Seglern – alle nutzen das Gewässer. Um den See verteilt passen DLRG und Wasserwacht auf, retten zuweilen auch Leben. Das geht nicht ohne Training. Über Jahrzehnte konnten die Vereine im Wiesseer Badepark üben, den Nachwuchs ausbilden. Wichtige Voraussetzung für zum Teil schwierige Einsätze im Sommer. Das ist mit dem Abriss des Bads Geschichte. Was machen die Vereine, um gut trainiert in die kommende Saison zu kommen? Beispiel DLRG Tegernsee:

Benedikt Mengele, DLRG-Einsatzleiter, muss für jedes Training mit seinen Rettern in den Norden fahren: “Wir trainieren ganzjährig jeden Samstag im Schwimmbad BATUSA in Holzkirchen. Für diese Möglichkeit sind wir sehr dankbar, da wir so auch im Winter ein Schwimmtraining anbieten können.” Denn auch das gehört zu den Angeboten der örtlichen DLRG-Vereine: Schwimmausbildung.

“Im Sommer können wir auch donnerstags ins Freibad Rottach-Egern. Dort sind wir allerdings den Witterungsbedingungen ausgesetzt und können beispielsweise bei Gewitter nicht trainieren. Die reibungslose Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern ist hier zu erwähnen. Es wird sich stets bemüht, auch gesonderte Aktionen wie den Schwimmabzeichentag, Rettungsschwimmausbildungen oder Kinderschwimmkurse zu ermöglichen.”

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Die BRK-Wasserwacht. / Quelle: BRK

Um die Arbeit der freiwilligen Retter am See ein wenig zu verdeutlichen, hilft ein Blick in deren Bilanz für das vergangene Jahr. Nach eigener Auskunft verzeichnete man über 100 Einsätze und mehr als 6.500 Wachstunden. Dabei hat die DLRG Tegernsee nicht nur Menschen aus dem Wasser gerettet, sondern auch medizinische Erstversorgung geleistet und technische Hilfeleistungen am Wasser erfolgreich durchgeführt.

In Holzkirchen trainiert die DLRG Tegernsee, so Mengele, mit 50 Teilnehmern:

Tatsächlich ist es sehr wichtig, auch im Winter zu trainieren. Die Kontinuität im Training spielt, so wie in jedem Sport, eine entscheidende Rolle.

Es bestünde, so Mengele, durchaus die Gefahr, dass Lernerfolge der Teilnehmer über den Winter verloren gingen, dann erst wieder mühselig reaktiviert werden müssten. Und weiter: “Eine Verbesserung der Schwimmleistung, geschweige denn sicher Schwimmen lernen, ist somit mit einem reinen Sommertraining deutlich erschwert. Man könnte sagen „Schwimmen lernt man nun mal durchs Schwimmen“. Zudem ist es für die Teilnehmer unattraktiv, nur ein Sommerprogramm zu haben, welches im Winter einfach wegfällt.”

Gegen eine schnelle Traglufthallen-Lösung hat der Einsatzleiter nichts einzuwenden. “Wichtig ist uns, dass die Sicherheit der Teilnehmer gegeben ist. Dies ist zum Beispiel das Grundproblem einer Schwimmausbildung im Freigewässer… Ja, wir würden auch in einem geeigneten Schwimmbad mit Tragluft trainieren.”

Wie sehen es die Retter der Wasserwachten in Gmund, Bad Wiessee und Rottach-Egern? Sie sprechen von einem “Riesenproblem im Tegernseer Tal”, vermissen, ebenso wie die DLRG, Möglichkeiten für ein kontinuierliches Training. “Es fehlt ein öffentliches Schwimmbad, in dem nicht nur Kinder und Jugendliche zur Schwimmfähigkeit gebracht werden, sondern auch die Aktiven trainieren können. Im Sommer steht uns dankenswerterweise das See- und Warmbad der Gemeinde Rottach-Egern zur Verfügung”, so Alexandra Stüssi (Pressesprecherin des BRK-Kreisverbandes Miesbach) in ihrer Bilanz für das Jahr 2023. Sie schlüsselt für uns auf, wie und wo die einzelnen BRK-Gruppen im Tegernseer Tal den Winter über trainieren.

Dabei zieht es die Ortsgruppe Gmund zu den westlichen Nachbarn im Sportpark Bad Tölz. “Dort sind es rund 60 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 5 und 18 Jahren”, so Stüssi. Anders in Bad Wiessee: “Die dortige Gruppe führt im Winter kein Training im Wasser durch, konzentriert sich bei den Gruppenstunden im HLZ Bad Wiessee auf Erste Hilfe und allgemeine Themen (Knotenkunde, Gewässer/Natur/Umweltschutz, Entstehung und Aufgaben des Roten Kreuzes und der Wasserwacht). Im Sommer nehmen durchschnittlich 26 bis 30 Kinder und Jugendliche an den Schwimmtrainings teil, an den Aktivitäten im Winter beteiligen sich jeweils 18 bis 20 Kinder und Jugendliche. Die OG (Ortsgruppe) Tegernsee-Rottach-Egern trainiert im Winter nur vereinzelt im Wasser. Im Winter nehmen jeweils 6 bis 11 Kinder und Jugendliche teil, bei den Schwimmtrainings im Sommer erhöht sich die Anzahl auf ca. 15.” Auch die Wasserretter vom BRK brauchen das Wintertraining dringend. Alexandra Stüssi sagt: “Ein ganzjähriges Training ist sowohl für Mitglieder der Wasserwacht als auch für die Bevölkerung essenziell, da nur so die Schwimmfähigkeiten kontinuierlich beibehalten und verbessert werden können.”

Einer Traglufthalle allerdings will sie nicht das Wort reden. “Es ist vorstellbar, in einem Schwimmbad mit Traglufthalle zu trainieren. Von Seiten der Kreis-Wasserwacht (KWW) gab es 2021 einen Vorstoß zu einer Traglufthalle über dem Schwimmerbecken des See- und Warmbads in Rottach-Egern. Dieser Vorschlag konnte aufgrund mangelnder baulicher Voraussetzungen und prognostizierten enormen Energiekosten nicht umgesetzt werden.” Und auch in Kreuth sieht Stüssi keine geeigneten Voraussetzungen. “Auch im Freibad in Kreuth ließe sich eine Traglufthalle nur schlecht realisieren, da in diesem Bad das Wasser nur über eine Solaranlage erwärmt wird, womit selbst im Sommer die Wassertemperatur vom Sonnenschein abhängig ist.”

Das allerdings ließe sich mit neuen Energieversorgungen ja ändern. Interessant ist, wie verhalten sich Touristiker zu dem Thema äußern. Denn eine gut ausgebildete Wasserrettung am See ist für Gastgeber eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Gäste vertrauen darauf, dass sie im Sommer im Zweifel nicht sang- und klanglos untergehen.

Aber eine schäbige Traglufthalle als Lösung? Da winken Gastgeber, die gern von der Premium-Destination Tegernsee sprechen, sofort ab. Es soll schick sein, auch im Winter. So hört man immer wieder von Hoteliers und Gastronomen.

Und spricht man mit Lokalpolitikern in Kreuth, wird schnell klar, warum sofort technische Vorbehalte gegen eine solche Lösung auf den Tisch gelegt wird. Gerade in der klammen Kommune Kreuth will sich keiner eine solche kostenintensive Einrichtung in der Ortsmitte ans Bein binden. Hinzu kommen Fragen der möglichen Schneelast und der fehlenden Nachhaltigkeit. Nur wenn andere Gemeinden dafür anteilig auch aufkämen, so hört man, wäre “man eventuell für eine Übergangslösung” gesprächsbereit, so sagt ein Ratsmitglied uns.

Die Vereine sind froh, wenn die Kommunen ihnen in den Sommermonaten das Bad für die Trainingseinheiten zur Verfügung stellen. Auch darum halten sie still, warten auf das “interkommunale Hallenbad” in Bad Wiessee. Hier sollen nun in den nächsten Wochen nach und nach die Stadt- und Gemeinderäte über den neuesten Stand, also die Kostenaufteilung und die ersten Planungsideen informiert werden. Aber bis zum ersten Training in Bad Wiessee ist es dennoch ein langer Weg: Selbst wenn die Arbeitsgruppen, die Kommunen und die zuständigen Landesstellen für mögliche Förderungen ohne große Verzögerungen arbeiten, wird der Bau des Bads wohl frühestens Mitte/Ende 2027 beginnen.        

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