Ein Unternehmer soll 6.000 Euro Strafe zahlen, weil er Fake-Wahlplakate an einen Bauzaun in Gmund angebracht hat. So ein Beschluss des Amtsgerichts Miesbach im November. Doch der Unternehmer sieht sich im Recht.
Weil er Grünen Spitzenpolitikerinnen und Politiker auf den Plakaten beleidigt und ihre Körper ins Lächerliche zieht, musste sich ein Unternehmer vor Gericht verantworten. Der Mann hatte im September großzügig “beleidigende “Werbebanner” an Bauzäunen, direkt an der B307, angebracht. So stand es in der Polizeimeldung, die dem Unternehmer einen Besuch abstattete und ihn über den Tatbestand unterrichtet. Die Plakate wurden von der Polizei entfernt.
Es folgte ein Verfahren: Die Staatsanwaltschaft wurde tätig, weil es sich um Personen des politischen Lebens handelt, die einem besonderen Schutz unterliegen. Eben den Schutz vor “Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede”, wie sie im deutschen Strafgesetzbuch im Paragraf 188 verankert sind. Dagegen hat der Unternehmer mit seiner Wild-Plakatiererei nämlich verstoßen.
Weniger Gürtellinie, mehr Diskurs
Das hat mehrere Gründe, ein wesentlicher: Politiker sollen ihren Job machen können und sich nicht mit persönlichen Beleidigungen auseinandersetzen, die das politische Fortkommen bremsen. Ein weiterer; das demokratische Gefüge basiert darauf, dass Menschen bereit sind, sich diesen Job anzutun. Es geht zusammengefasst um den Schutz der Meinungsfreiheit (dass Politiker auch eine unliebsame Meinung vertreten dürfen, unliebsame Entscheidungen fällen), um den Schutz der Demokratie und einen guten politischen Diskurs. Obacht: Es geht nicht um legitime Kritik.
Der Angeklagte wurde zu 6.000 Euro in 40 Tagessätzen verurteilt. Er legte Einspruch ein. Die Hauptverhandlung ist für den März angesetzt.
Ursprünglicher Artikel, September 2023
Auch beim Plakatieren gibt es Regeln. Dafür gibt es die “Plakatierungsverordnung”. Die Gemeinde Gmund hat eine, um das wilde Plakatieren einzuschränken. Wer dagegen verstößt, bekommt einen Anruf vom Ordnungsamt mit der Bitte diese herunterzunehmen. Wenn das nicht klappt, kommt auch mal die Polizei. Immer dann, wenn es sich um eine Straftat handelt. Wie hier: Die Polizei schreibt von Verleumdung und beruft sich auf §188 StGB. Aber auch hinsichtlich Urheberrecht und Markenrecht sowie Fair-Play im Wahlkampf sprengt das Banner die Grenzen.
Deutschlandweite Aktion
Denn wer nicht genau hinschaut, könnte es für ein Wahlplakat der Grünen halten. Schließlich ist gleich Landtagswahl und im Tal ist Wahlwerbungszeit. Doch hier handelt es sich keinesfalls um eine Aktion der Grünen. Auf den Plakaten sind Ricarda Lang (Bundesvorsitzende der Grünen), Annalena Baerbock (Bundesaußenministerin), Cem Özdemir (Landwirtschaftsminister) und Robert Habeck (Vizekanzler) zu sehen. Ihre Fotos sind massiv bearbeitet: in Körpergröße eingeschrumpft, überdimensioniert, andere Kleidung, andere Körper. Ricarda Lang hat statt Beinen eine Walze. Darüber steht in Versalien: “Wir machen alles platt”. Das oben genannte Zitat ist von Robert Habeck, daran besteht kein Zweifel. Das Zitat stammt aus einer Sendung von Maischberger – Faktencheck, September 2022. Die Journalistin Sandra Maischberger fragt: “Rechnen sie mit einer Insolvenzwelle am Ende dieses Winters?” Er antwortet: “Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören, zu produzieren; nicht insolvent werden, das sehen wir […].
Amerikanische Verhältnisse
Die Werbebanner waren an Bauzäunen an der Hauptstraße festgemacht. Dahinter ist der Volksfestplatz. Also ein gut gewählter Ort, weil hier viele Menschen vorbeikommen. Die Polizei vermutet, dass die Bauzäune für diese Aktion extra aufgestellt wurden. Thomas Thomaschek, Vorsitzender des Ortsverbands der Grünen im Tegernseer Tal, geht davon aus, dass es sich um eine organisierte deutschlandweite Aktion handle. Auch in Aschaffenburg und anderen Orten seien die Banner aufgetaucht. Er ist sich sicher: “Da steckt Geld dahinter, wahrscheinlich kann man das einfach bestellen” und merkt an, dass “der Wahlkampf wird immer härter und wir bekommen amerikanische Verhältnisse”. Dennoch bleibt er gelassen, obwohl sich die Partei bereits Anfang des Jahres mit dem Hass, der ihnen entgegenschlägt, befassen musste: “Wenn man Gegenwind bekommt, merkt man, dass es vorangeht.”
Der Grundstückbesitzer möchte dazu “nix sagen”. Dass er sich freut, dass darüber ein Artikel erscheint, ist ihm allerdings anzumerken.
Damals
Bereits zur Bundestagswahl gab es eine deutschlandweite Plakat-Kampagne gegen die Grünen. Im Sommer 2021 war auf Plakaten in vielen Städten von “grünem Mist” die Rede. Erinnert sich noch jemand an die “Roten-Socken-Kampagne”? In den 1990er-Jahren war es die Union, die damit vor einer angeblich geplanten Koalition von SPD und PDS (heute Die Linke) warnen wollte.
Zeugenhinweise
Die Polizei Bad Wiessee bittet um Hinweise. Auch Zeugen, die Angaben zu der Firma, welche die Banner gefertigt hat, bitte die Polizei Bad Wiessee anrufen. Rufnummer 08022-9878-0.
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