Sie ist 45 Jahre alt, geschieden, lebt mit ihrer Familie in Gmund und ist promovierte Prädikatsjuristin. Babette Waxenberger will Alfons Besel ablösen und Bürgermeisterin werden. Was sie antreibt? Was sich in Gmund ändern sollte? Wir haben sie eingeladen …
Frau Dr. Waxenberger, stellen wir Sie den Lesern einmal in Stichpunkten vor:
Geboren?
In München. Aber größtenteils in Rottach-Egern groß geworden.
Studiert?
Ja, Jura. Ich habe viele Jahre als Richterin am Amtsgericht und Landgericht München gearbeitet, war zwischenzeitlich im Wirtschaftsministerium als Regierungsrätin tätig und arbeite jetzt als Oberstaatsanwältin in München.
Kinder?
Zwei, beide im Schulalter, 6 und 8 Jahre alt.
Wissen Sie, was uns auffällt? Um im bayerischen Staatsdienst als Juristin zu arbeiten, muss man ein “Prädikatsexamen” haben, also besonders gut gewesen sein. Frauen betonen so etwas nie.
Mit eigenen Leistungen anzugeben, das liegt mir nicht. Das spielt ja für meine Befähigung als Bürgermeisterin keine Rolle. Aber natürlich: Ich bin schon stolz darauf.
Sie sitzen bei der Münchner Staatsanwaltschaft ganz weit oben. Dürften ein gutes Einkommen haben und sich als Bürgermeisterin von Gmund wahrscheinlich verschlechtern. Warum treten Sie an?
Es ist eigentlich ganz einfach. Ich will die Heimat meiner Kinder gestalten und mitwirken vor Ort. Ich bin jetzt bereit, diese große Herausforderung anzunehmen und bin mit Mitte 40 in einem Alter, in dem ich das Bindeglied zwischen Jugend und der älteren Generation sein kann. Diese Brücke ist wichtig, um miteinander in die Zukunft zu gehen.
Warum sollen die Einwohnerinnen und Einwohner von Gmund Sie wählen?
Ich bringe viele Faktoren mit, die für das Amt der Bürgermeisterin von Vorteil sind. Ich habe durch meine berufliche Laufbahn viele verschiedene Stationen gesehen, kann mich in sehr unterschiedliche Themen schnell einarbeiten. Ich war jahrelang als Richterin tätig, zudem war ich in der Energiepolitik im Bayerischen Wirtschaftsministerium tätig. Verwaltungen, ihre Abläufe, ihre Chancen, aber auch ihre Trägheiten sind mir vertraut. Zudem bin ich es auch gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Als Richterin, wenn man gerade auch im Schwurgericht tätig ist, hat man ausgesprochen große Verantwortung, und genau das sind sicherlich Punkte, die mir hier im Amt der Gmunder Bürgermeisterin helfen werden. Entscheidungsfreude, klare Sicht auf Fehler, eigene wie auch fremde.
Und das bedeutet…?
Für mich bedeutet ein politisches Amt immer auch gestalten, anpacken und nicht nur verwalten.
Jetzt ist ihr Gegenkandidat als Bürgermeister seit sechs Jahren im Amt. Was hat Alfons Besel richtig gemacht?
Sagen wir mal so: Er hat sicherlich keinen gravierenden Fehler gemacht.
Was hat er falsch gemacht?
Halten wir einmal fest: Vieles, was in Gmund gut läuft, geht auf die Arbeit seines Vorgängers, Georg von Preysing, zurück. Ob es die Ortsmitte-Gestaltung um das Maximilian geht, die Schule oder Kitas. Die kürzlich neu geschaffene Großtagespflege im Pius Kinderhaus geht im Übrigen auf einen Antrag des CSU Ortsverbandes Gmund-Dürnbach, dem ich vorsitze, zurück. Projekte wie das Bahnhofsareal sind in den sechs Jahren immer wieder in vielen Sitzungen und Klausuren diskutiert worden. Aber ich fahre jeden Morgen mit dem Zug nach München – viel hat sich dort nicht getan.
Das Lob für unseren Lieblins-Altbürgermeister nehmen wir zur Kenntnis. Aber was fällt Ihnen da konkret ein?
Vor über einem Jahr wurde auf einer Bürgerversammlung sehr plakativ eine neue Kita im Dürnbacher Feld angekündigt. Es gab Widerstand. Seitdem herrscht Stille. Stattdessen schließt der Hort, Eltern werden acht Wochen vorher nur kurz informiert. Mir scheint, Gmund wird lediglich verwaltet.
Sie wünschen sich mehr Elan wie in anderen Gemeinden?
Ich will da keine Vergleiche ziehen, weil jede Kommune ihre eigenen Herausforderungen hat. Gmund ist kein touristischer Ort wie die Gemeinden südlich von uns. Aber wir tragen zum Beispiel noch immer die Hauptlast des Verkehrs. Wir sind nach wie vor nur das Nadelöhr zum Tegernseer Tal. Das muss sich ändern, indem wir Anreize schaffen, die Ausflügler zum Anhalten einzuladen. Hier werde ich unsere Gemeinde in die Zukunft führen – unter der Berücksichtigung der Gegebenheiten, aber mit Weiterentwicklung von Altbewährtem. Wenn wir als Politiker nicht rechtzeitig die Ärgernisse und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und Lösungen anbieten und umsetzen, kann der stille Ärger schnell in Protesten wie jüngst enden.
Was heißt das konkret?
Schauen Sie, Gmund ist bodenständig, hat noch viel Landwirtschaft. Bauern, Handwerker, Mittelständler sind die tragenden Säulen unserer Gesellschaft, prägen unser Bild der Heimat, sind in Vereinen wie den Sport- und Trachtenvereinen oder Gebirgsschützen engagiert. Wir haben die Arbeit und das Engagement viel zu oft als selbstverständlich hingenommen – ist es aber nicht. Daher müssen wir uns auch um die Sorgen und Nöte so gut wie es geht
kümmern.
Welche Projekte wollen Sie konkret angehen?
Als Mutter von zwei Kindern ist mir besonders wichtig, dass Familien gefördert werden. Dazu gehört eine wohnortnahe Versorgung z. B. durch den Ausbau des Einzelhandels, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, z.B. durch den Ausbau der Digitalisierung (Glasfaser), bezahlbarer Wohnraum als Anreiz für junge Familien, aber auch durch die Weiterentwicklung unserer Vereine. Oft vergessen, aber ungemein wichtig wird auch in Zukunft die
Energiewende sein. Hierüber müssen wir uns unterhalten. Bei allem Einklang mit unseren Nachbargemeinden im Tegernseer Tal muss klar sein: Wir als bodenständige Gemeinde können nicht alles mittragen, schon allein aus der Verantwortung gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern geht das nicht.
Beispiel?
Zum Beispiel das geplante, interkommunale Hallenbad. Bad Wiessee wird es nicht alleine stemmen. Daher sitzen alle Gemeinden nun im Boot. Ein Hallenbad ist auch für unseren Nachwuchs rund um den See vielfach, z.B. für den Schulsport, wichtig. Was aber nicht passieren darf, dass sich das Projekt noch ewig verzögert. Gmund trägt oft die Last anderer. Die Umgehungstraße hätte Gmunds Ortsmitte vielleicht entlastet, wäre für unsere Nachbarn aber weniger praktikabel gewesen. Mir ist als Bürgermeister-Kandidatin für Gmund wichtig, für den Ort, für seine Zukunft zu arbeiten. Brückenbauen ist ganz schön, aber unser Ort, unsere Heimat verdient es, nicht nur ein Verwaltungsposten zu sein. Er ist die Zukunft unserer Kinder.
Das wird uns jetzt ein wenig zu schwammig. Welche Projekte müssen konkret angestoßen werden?
Wir haben das Glück, nicht wie andere Gemeinden auf Tourismus setzen zu müssen. Unsere Firmen, die wichtige Arbeitsplätze schaffen und halten, die mit ihren Steuern unsere Kommune mitfinanzieren, brauchen mehr Unterstützung, Wertschätzung, und einfachere Prozesse. Dafür will ich mich einsetzen. Bürokratieabbau verspricht jeder gern. Aber er fängt auf unserer kommunalen Ebene an. Darüber will ich gleich zu Beginn meiner Amtszeit mit den Unternehmern und Unternehmerinnen sprechen. Wie können wir als kommunaler Dienstleister helfen, Prozesse und Abläufe zu vereinfachen. Das gilt auch für Bauvorhaben. In unserem Landtags- und Bezirkstagswahlkampf im vergangenen Jahr war das in den Gesprächen mit den Wählern immer wieder ein gravierendes Thema.
Sie haben in Gmund noch erstaunlich viel Einzelhandelsgeschäfte …
Ja, da hat Georg von Preysing mit seiner Politik gute Arbeit geleistet. (Interviewer verdreht die Augen) Aber wie schon gesagt, wir müssen die wohnortnahe Versorgung voranbringen. Beispielsweise kann es ja nicht sein, dass wir um den halben See fahren müssen, um in einer Drogerie einzukaufen. Unsere Gemeinde hat das Potenzial, sich künftig besser aufzustellen, wir müssen es nur anpacken. Und um das auch noch verkehrstechnisch gut bewerkstelligen zu können, wurde sich das Projekt Rufbus – wie in Holzkrichen – anbieten. Ich kann die Mobilität auch unserer Senioren steigern, ohne zusätzlichen Verkehr auf die Straße zu bringen.
Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, gegen einen eingeführten, allseits bekannten Politiker wie Alfons Besel zu gewinnen?
Schauen Sie, in erster Linie geht es mir darum, die Bürgerinnen und Bürger von mir als Person, aber auch von meinen Zielen und Vorhaben zu überzeugen. Auch wieder für die Kommunalpolitik zu begeistern. Ich glaube, Politiker, die aus der Verwaltung kommen, haben sicher vordergründig einen Informationsvorteil. Aber es ist dann eben nur ein Verwalten, ein Festhalten. Ich will aber mehr erreichen. Die Zeit ist im Wandel – und wir müssen dabei sein.
Sie wären die erste Frau in diesem Amt im Tegernseer Tal …
Ja, aber die Zeiten, wo das Geschlecht ausschlaggebend ist, dürften doch endlich vorbei sein. Ich stehe für eine optimistische, zukunftsgewandte, aber auch konservative Politik für Gmund. Es gibt so tolle Beispiele, wo Frauen den Chefsessel im Rathaus übernommen haben – und überall funktioniert das!
Frau Dr. Waxenberger, wir danken für das Gespräch
Info zur Kandidatin
Dr. Babette Waxenberger, 45 Jahre, 2 Kinder
Berufliches: Seit 2005 in der Justiz: Richterin am Amtsgericht München und Landgericht München I (u.a. am Schwurgericht in Jugendsachen, Zahnarzthaftung); Gruppenleiterin Staatsanwaltschaft München I (u.a. Wirtschaftsstrafsachen), Regierungsrätin im Bayerischen Wirtschaftsministerium im Grundsatzreferat Energiepolitik, seit 2022: Oberstaatsanwältin Generalstaatsanwaltschaft München (Mandatsträger, Dienstaufsicht)
Hobbys: Heimat- und Bergliebe (insbesondere Mountainbiken, Bergsteigen, Skitouren), mein Hund „Blue“, aktiv in Tennis – und Golfmannschaft (Ladies`-Captain) Politisches Engagement: Vorsitzende der CSU Gmund-Dürnbach, Mitglied im Kreisvorstand CSU Miesbach und der CSU-Frauen-Union, Mitglied im Bezirksvorstand des CSU-Arbeitskreises der Juristen, Listenkandidatin für den Bayerischen Landtag 2023 (Ergebnis: Platz 1 der Listenkandidaten im Stimmkreis Miesbach)
Weitere Ehrenämter: Mitbegründerin der GmunderGipfelkids, Elternbeirat Grundschule Gmund, Betreuerin beim Gmunder Projekt „Bus mit Füßen“, seit 17 Jahren Vorsitzende des Sportgerichts des Bayerischen Tennisverbandes (Bezirk Oberbayern-München, seit 2021 Regionalsportgericht Südbayern)
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