Es ist das derzeit größte Projekt im Dorf: der Bau des Severin’s, einem Luxushotel-Projekt an der Seestraße. Seit Wochen aber ruht dort die Arbeit. Was ist los?
Der Bauzaun fiel beim Sturm im Dezember um. Seitdem liegt er wie ein Sinnbild zur Hälfte auf dem Bürgersteig. Es bewegt sich nicht viel im tristen Februarregen auf der Baustelle. Vier Arbeiter einer Firma aus Bad Langensalza stehen in gelben Jacken inmitten von hoch aufragenden Lanzen. 6.000 Quadratmeter Bauruine?
Viele kennen es als “Seeperlen-Grundstück”. Gegenüber vom Kurpark in Rottach-Egern soll das Severin’s mit 56 Zimmern und Wellness-Oase entstehen. Der erste Spatenstich wurde Anfang Januar 2023 gesetzt, damals verkündete der Bauherr, die Zech Group aus Bremen, dass mit der Fertigstellung für Ende 2024 zu rechnen sei. Im September sollte eigentlich mit dem Aushub der Baugrube begonnen werden. Aber dann kam alles anders.
Das Grundwasser ist hier, Einheimische wissen das, das größte Problem. Die Seenähe und der viele Regen in den letzten Monaten hatte, so sagt uns Holger Römer, Leiter Unternehmenskommunikation der Zech Group, Probleme bereitet. Zuerst stieß die Tiefbaufirma auf mehr Beton im Boden vom alten Grundstück, als vorhergesehen. Dann gab es Probleme mit dem Gelkissen.
Das muss man erklären: Viel Grundwasser drückt an der Seestraße von unten nach oben. Setzt man nur eine reine Betonschicht in den Grund, riskiert man langfristige Risiken für das Fundament. Dafür gibt es das Gelkissen. Hierbei wird mithilfe einer vertikalen, wasserdichten Baugrubenumschließung und einer natürlichen oder künstlichen Dichtsohle ein auftriebssicherer Trog hergestellt.
“Über 1.300 Lanzen wurden in den Baugrund gezogen, um das Gelkissen in etwa zehn Meter Tiefe zu installieren.” Die Lanzen sind die zahlreichen Stangen, die man derzeit noch auf der Baustelle sehen kann. Sie wurden in kurzen Abständen über die ganze Baufläche in den Boden eingebracht worden. Darüber wird die Masse zur Bildung der Weichgelsohle eingebracht.
Die Baugrubenabgrenzung schließt an diese Sohle dann an. Dann sollte der Aushub der eigentlichen Baugrube erfolgen. Aber zwischen Gelkissen und Grubenabgrenzung leckte es. Grundwasser drang ein. Der Aushub der Grube, eigentlich bis Dezember 2023 dann geplant, verzögerte sich erneut. Das ist teuer. Sehr teuer.
Über ein halbes Jahr liege man im Zeitplan zurück, bestätigt uns die Zech Group. Verzögerungen dieser Größenordnungen sind in Zeiten der gestiegenen Zinsen und der Baustoffkosten eine immense Belastung für die Generalunternehmer. Es wäre nicht das erste Projekt in Seenähe, welches durch Grundwasser in finanzielle Schieflage geriete. Auch in Bad Wiessee waren Investoren immer wieder optimistisch gestartet, dann aber mit dem nachdrückenden Grundwasser schwer ins Schleudern gekommen.
Aber es sind auch keine guten Nachrichten für die Nachbarn. Die hatten sich über den Baulärm so massiv beschwert, dass Bürgermeister Christian Köck beim Landratsamt intervenierte. Nun wird also der Aushub, statt in der schwachen Nebensaison, vermutlich in die Hauptsaison rutschen. Römer verspricht, dass am Donnerstag neues Bohrgerät auf die Baustelle käme, die Arbeiten nun vollumfänglich fortgesetzt werden können. Zum An- und Abfahren der LKW sagt er: “Sie werden zwischen 7 und 19 Uhr erfolgen. Es wird einzeln angefahren”, tröstet er, sodass es an dieser Stelle zu keinem Verkehrschaos kommen sollte.
An den grundsätzlichen Plänen soll sich aber durch den Verzug nichts ändern. Nach wie vor will die Zech Group ein “Fünfsterne-Superior-Wellnesshotel” auf dem rund 6.000 Quadratmeter großen Grundstück entstehen lassen. Im Januar 2020 erwarb die Gustav Zech Stiftung mit einer vorliegenden Baugenehmigung das Areal von den im Tal bekannten Immobilienentwicklern Tengelmann und Leidecker. Mit im Boot ist die namensgebende Firma Severin’s. Sie gehört zum Betreiber Atlantic Hotels der Zech Hotel Holding. Die haben bereits zwei renommierte Häuser, auf Sylt und in Lech, in ihrem Portfolio. Das Investitionsvolumen am Tegernsee schätzen Experten am See auf bis zu 50 Millionen Euro.
Auch der Waltershof am westlichen Ende der Seestraße sollte abgerissen und das Areal neu bebaut werden. Aber auch hier ist Ruhe eingekehrt. Zyniker sehen darin auch einen Vorteil: Schließlich könne so das Baustellen-Feeling an der Seestraße über Jahre hingezogen werden.
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