1000 Bürgerinnen und Bürger waren dem Aufruf zur Demonstration der Jugendlichen vom Kulturhaus zur goldenen Parkbank gefolgt, um auch in Miesbach ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zu setzen.
Johanna Löffl und Anton Weidelener fungierten als Sprecher der Initiatoren für die Demonstration und führten den lebendigen und laut rufenden Demozug vom Marktplatz zum Waitzinger Park an.
Auf dem Marktplatz hatte Bürgermeister Gerhard Braunmiller seine Freude und Dankbarkeit geäußert, dass so viele Menschen gekommen waren, um Flagge für Demokratie und Zusammenhalt, Solidarität und Menschenrechte zu zeigen. Eine überwältigende Mehrheit spreche sich gegen Rassismus und Antisemitismus aus. „Ich bin stolz, dass so viele Menschen aus Miesbach und der Region für Demokratie aufstehen“, sagte er. Man müsse laut und aktiv werden, um sich den Feinden der Demokratie entgegenzustellen.
Die Stadt Miesbach sei für Vielfalt und eine offene Gesellschaft und man wolle den Menschen, die hierherkommen, Sicherheit geben. Deshalb danke er auch den demokratischen Kräften im Stadtrat für ihr Engagement. „Demokraten gehen respektvoll miteinander um“, rief das Stadtoberhaupt unter dem Beifall der Menschen. Er dankte insbesondere den Jugendlichen vom Kulturhaus zur goldenen Parkbank, die zu dieser Demonstration eingeladen hatten.
Wohin Diktaturen führen können
In ihrem Redebeitrag wies Lisa Hilbich auf die Bedeutung der Werte für unsere Gesellschaft hin. Diese Werte seien Vielfalt, Toleranz und das Bekenntnis zu freiheitlicher Demokratie. „Allerdings werden diese Werte nicht von allen gleichermaßen geschätzt“, sagte die Rednerin. „Hier im Landkreis hat bei der jüngsten Landtagswahl im vergangenen Herbst im Durchschnitt mehr als jeder zehnte eine Partei gewählt, die offen rechtsextrem und menschenverachtend auftritt. Darüber hinaus finden leider auch weitere Rechtspopulisten Zuspruch.“ Das sei brandgefährlich: „Wir haben in Deutschland schon erlebt, wohin Diktaturen führen können.“
Man habe auch in Miesbach die Nazivergangenheit noch nicht aufgearbeitet, betonte die Gründerin der Geschichtswerkstatt Miesbach. Es sei wenig bekannt über Zwangsarbeiter, Euthanasieopfer und KZ-Deportierte. Sie appellierte an die Menschen:
Engagiert Euch – so wie heute hier bei der Demo, aber auch in Organisationen, in Vereinen, in Parteien, Kirchen oder wo auch immer. Und bezieht Stellung! Bezieht Stellung für Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Denn: „Nie wieder ist jetzt!“
Nicht Ängste schüren
Der Integrationsbeauftragte des Landkreises, Max Niedermaier, verlas ein Statement des Landrates: „Selbstverständlich nehme ich die Bürgerinnen und Bürger ernst, die sich über die Unterbringung und Integration der Geflüchteten Sorgen machen. Ich beschäftige mich aber nicht mit denjenigen, die diese Situation dazu ausnützen wollen, um Zwietracht zu säen.“ Man dürfe nicht zulassen, dass Ängste geschürt werden. Er rufe dazu auf, sich in den Helferkreisen, denen er seinen Dank ausspreche, zu engagieren.
„Nach ‚Holzkirchen ist bunt‘ letzte Woche ist das bereits die 2. Veranstaltung für Vielfalt und Toleranz und gegen Rechtsextremismus in unserem Landkreis. Morgen folgt dann eine weitere, ein Lichtermeer ab 17.30 Uhr auf der Point in Tegernsee. Und die Resonanz ist überall großartig – siehe auch heute wieder“, freute sich Max Niedermaier und sagte: „Was die heutige Veranstaltung für mich aber zu etwas Besonderem macht, ist, dass diese von ganz jungen Leuten initiiert wurde.“
Als junger Mensch müsse man den Mut haben, sich hinzustellen und sagen – wir machen eine Demo – wir ziehen das durch. Und beinahe genauso toll finde er es aber, dass nach dieser Idee in kürzester Zeit ganz viele Leute und Institutionen bis hin zu den Kirchen mit dabei waren, sich zusammengesetzt haben und diese Demo veranstalten.
Demos seien wichtig, „auf Dauer aber, denke ich, müssen wir alle noch viel mehr aufeinander zugehen, Probleme erkennen und benennen – sich immer wieder zusammensetzen und miteinander reden – immer wieder.“
Im Waitzinger Park angekommen kamen im ökumenischen Beitrag die beiden Kirchen zu Wort. Erwin Sergel, evangelischer Pfarrer, konstatierte, dass Empathie ab-, hingegen Hass zunehme. Es herrsche mehr ein gegeneinander als ein Miteinander. Der christliche Glaube aber habe zwei Überzeugungen: Alle Menschen haben die gleiche Würde und sie sei unantastbar. Zum zweiten gelte das Gebot der Nächstenliebe, das nicht aufgegeben werden dürfe.
Auch die Pastoralreferentin des Katholischen Pfarrverbandes Miesbach appellierte an die Nächstenliebe. Man müsse den anderen ohne Vorurteile achten. Man dürfe Geflüchtete nicht als potenzielle Kriminelle betrachten, sondern als Menschen, die Schutz suchen. Und man müsse wieder teilen können. Sie wandte sich gegen jede Art von Hassparolen und wünschte sich Mut, in die Auseinandersetzung zu gehen mit denjenigen, die zu weit rechts gelandet seien.
Als Überraschungsredner war Bundestagsabgeordneter Karl Bär (Grüne) zur Veranstaltung gestoßen, der Hölderlin zitierte: „Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Der Rassismus sei eine Gefahr für die Demokratie, aber auch Egoismus und Eigennutz. Er plädierte für das Gemeinwohl und rief dazu auf, tätig zu werden: Zur Wahl zu gehen, selbst zu kandidieren, sich mit der Geschichte zu befassen und rauszugehen und mit den Menschen zu reden. So wie er, wenn er mit einer Flasche Chianti und einem Baguette Brotzeit auf dem Holzkirchner Marktplatz mache.
Zum Abschluss der Veranstaltung spielte die Band „Fun for Followers“ mit Jürgen und Benedikt Hasl, Markus Seemüller und Leo Decrush – eine Vereinigung von zwei Generationen für alle Generationen auf der Waitzinger Wiese.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Online-Magazin KulturVision am 04.03.2024 | Ein Beitrag von Monika Ziegler.
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