Martin Frühauf zieht den Stecker. Vom 20. Dezember 2024 an wird es in der Saurüsselalm nichts mehr von ihm geben. Besitzer Haslberger hingegen sucht nach Nachfolgern.
Zum Schluss gibt es viel Bitterkeit. Martin Frühauf ist sichtlich angefasst von der Situation, schreibt sich bei Instagram den Frust von der Seele. Keine Alm sei so eng reglementiert überwacht worden, wie die Saurüsselalm oberhalb Bad Wiessees. Er sah sich, so schreibt er, einer intensiven, negativen Medienberichterstattung ausgesetzt. Andere Almen im Tal und der Umgebung dürften Hochzeiten und Hüttenabende feiern, bei ihnen gäbe es immer ein großes Problem. Digitale Unterstützung bekommt er von seinen Freunden und Gästen, die teils herrlich kommentieren (“Ich weine laut”) oder dümmlich pöbeln, gleich den Standort Deutschland gefährdet sehen. Aber das gehört zum üblichen Gastro-Drama. Gäste kommen und gehen. Gastro ist oft Zirkus.
Mehr Dankbarkeit für Haslberger?
Atmen wir einmal durch und schauen uns die Fakten an: Die Saurüsselalm ist da, die Söllbachklause so gut wie fertig. Zwei Locations für Bad Wiessee. Die Saurüsselalm funktioniert, wird angenommen. Das ist in einer touristischen Region, die direkt und indirekt dreistellige Millionenumsätze erzielt, eine gute Nachricht. Es wäre töricht, die Betriebe wegen einer fehlenden Baugenehmigung jetzt stillzulegen. Wer das fordert, verkennt den Einfluss des Gastro-Angebots auf die lange vernachlässigte Kommune am Westufer und marginalisiert die Leistung des Unternehmers Franz Haslberger. Denn der hat komplett aus eigener Tasche für die Gemeinde und das Tal zwei, bald drei Anlaufpunkte für Gäste geschaffen hat. Eigentlich hätte Haslberger mehr Zuspruch und Dankbarkeit verdient. Eigentlich.
Dem Unternehmer muss man ebenso zugestehen, dass bei ihm sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den zuständigen Gremien besonders genau hingeschaut wird. Das ist zermürbend. Doch: Auch der Unternehmer aus Freising trägt hier eine Verantwortung. Seine selbstherrliche und bockbeinige Art hat ihm bei fast allen Projekten im Wege gestanden. Hätte mehr Transparenz, regelkonformes Bauen – dank zeitig eingereichten und dann genehmigten Anträgen – , eine konsistente Kompromissbereitschaft das Bild des beratungsresistenten Betonbarons zerbröseln lassen?
Wer die Presse von seinen Gaststätten ausschließt, statt einzuladen und Naturschutzvereine nur als lästige Verhinderer sieht, statt ihnen Raum und Gehör zu verschaffen, verbaut sich Wege für die Zukunft. Das gilt im Übrigen auch für den Pächter Martin Frühauf. Gerade im Gastro-Geschäft ist eine dauerhaft schlechte Presse Gift.
Wer will da oben ins Risiko gehen?
Und da wir schon bei den Gründen für die aufgeheizte Stimmung sind: Auch wir, ich, sind in der Vergangenheit in dieser Causa zu weit gegangen. Da folgt auch kein ‘aber’. Es wird für keinen neuen Pächter leicht werden, wenn die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind. Denn wer tut sich den Tort an? Hier ein Augenschein-Termin, dort hämische Kommentare, dazu ein justiziabler Graubereich. Und in heißen Sommermonaten fehlt auch mal das Grundwasser für den Betrieb der Alm. Gastro in den Bergen mit Franz Haslberger? Da braucht es Geduld, eine dicke Haut und Risikobereitschaft.
Und das Landratsamt? Es wurde offensichtlich, dass die Behörde insgeheim dem Unternehmer helfen wollte, sich dabei nicht immer geschickt anstellte. Ein Ermessensspielraum ist immer so eine Sache, weil es Raum für Mauschelei-Vorwürfe lässt. Der Verweis auf das Event-Gebaren anderer Almen kann als pure Hilflosigkeit ausgelegt werden, es ist mindestens ein Armutszeugnis, weil das Landratsamt die Stelle für die Genehmigungen und auch die Kontrollen ist.
In jüngster Zeit hat sich im Tegernseer Tal eine Konflikt-Kultur breitgemacht, die nicht gesund ist. Schnell, zu schnell, wird diffamiert und der juristische Weg eingeschlagen, statt Kompromisse bei einem Hellen und einem guten Essen zu finden. Ob Kita-Streit, Radweg- und Rathaus-Neubau Konflikt oder eben Saurüsselalm – es sind alles Auseinandersetzungen, die man unter guter Vermittlung jenseits von Gerichten klären könnte. Bürgermeister müssen mehr als je zuvor pro-aktiv in der Öffentlichkeit Projekte erklären, sich nicht in Ratssitzungen wegducken.
Sonderwirtschaftszone Tegernseer Tal
Das Tegernseer Tal ist im übertragenen Sinn eine Sonderwirtschaftszone. Hier wirken andere wirtschaftliche Kräfte, haben Kommunen andere Budgets zur Verfügung, die zu Großprojekten verführen. Die aber müssen intensiver der Bürgerschaft erklärt werden. Da reicht das Grußwort im Gemeindeboten oder die abgelesene Rede in der Bürgerversammlung nicht aus. Wer das als Kommunalpolitiker nicht versteht, gehört nicht auf seinen Posten. Ob Feuerwehrhaus, Radweg oder Event-Gastronomie: Bürger haben ein Recht auf Transparenz und Erklärung.
Das ist die Hausaufgabe für Eigentümer, Bürgermeister und Aufsichtsbehörden.
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