Seit gestern Abend ist es offiziell: Der Grundsatzbeschluss zur Tourismus-Fusion, den der Schlierseer Gemeinderat am 29. Oktober gefasst hat, ist identisch mit dem Beschluss, den alle anderen Gemeinden getroffen haben.
Eine Neuigkeit, die eigentlich keine ist. Bereits in der vergangenen Woche ließ Schliersees Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer durchblicken, dass der Wortlaut des Beschlusses gleich sei. Doch nun haben alle Bürgermeister das Protokoll gesehen und so akzeptiert.
Wie Georg Overs, Geschäftsführer der TTT, betont, werde man nun alles daran setzen, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzuholen. In Kürze soll die Steuerungsgruppe tagen. Das ist auch der Startschuss für die Ausarbeitung der anstehenden Detailbeschlüsse. Offene Frage sind dabei unter anderem der genaue Wortlaut der neuen Satzung oder die anstehenden Integrationsverträge.
Die Detailbeschlüsse werden wir dann allen Gemeinderäten vorlegen. Denn darüber muss beraten und entschieden werden.
Dabei wünscht sich Overs, dass es dieses Mal reibungsloser funktioniert. Im Tegernseer Tal, so der TTT-Chef, habe man eine breite Zustimmung für den Grundsatzbeschluss gehabt. Damit alle Fragen der Gemeinderäte auch ausreichend Beachtung finden, wollen die Tourismus-Verantwortlichen in den entscheidenden Gemeinderatssitzungen Rede und Antwort stehen.
Auf die Frage nach dem Zeitplan konnte oder wollte Overs heute noch keine klare Aussage treffen. Man werde den Fahrplan zeitnah veröffentlichen. Auf alle Fälle sei jetzt Eile geboten – wenn man den 1.1.2015 als avisierten Startzeitpunkt für die landkreisweite Tourismusfusion einhalten wolle.
Ursprünglicher Artikel vom 15. November mit der Überschrift: “Im Tal herrscht Misstrauen”
Trotz der nach mehreren Anläufen erfolgten Zustimmung Schliersees zur Fusion von TTT und ATS ist die Sache noch nicht vom Tisch.
Ganz im Gegenteil. Gerade wegen der Entscheidung Schliersees herrscht im Tegernseer Tal ein tiefes Misstrauen, ob der Marktgemeinde nicht doch insgeheim Zugeständnisse gemacht wurden. Nach Wiessee fordert nun auch Kreuth Klarheit.
Eigentlich hatte man aufseiten der Verantwortlichen gehofft, mit dem knappen „Ja“ Schliersees zum Grundsatzbeschluss einen Strich unter den Zusammenschluss der Tourismusorganisation gemacht zu haben.
Doch nun, nur knapp zwei Wochen nach der Sitzung, zeigt sich, dass die Hoffnung der Verantwortlichen vergebens war. Vielmehr hat die Entscheidung zu einem tiefen Misstrauen einiger Tal-Gemeinderäte gegenüber den Schlierseern und den Touristikern geführt. Die Befürchtungen sind groß, dass man der Marktgemeinde die Entscheidung schmackhaft gemacht hat, indem man weitergehende Zugeständnisse versprach.
Grundsatzbeschluss nicht rechtlich bindend
So sagte beispielsweise Wiessees Bürgermeister Peter Höß auf der vergangenen Sitzung: „Sollte der Grundsatzbeschluss mit einem Anhang verbunden sein, ist die Fusion zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf jeden Fall erledigt.“
Geht man nach der derzeitigen Faktenlage, so müsste die Fusion damit eigentlich auch im ersten Schritt gescheitert sein. Denn dass es einen Anhang gibt, ist unstrittig. Schliersees Bürgermeister Franz Schitzenbaumer bestätigt dies heute nochmals gegenüber der Tegernseer Stimme und erklärt die Sachlage so:
Der Grundsatzbeschluss, über den auch wir entschieden haben, ist im Wortlaut unverändert. Allerdings stellt dieser nur eine Absichtserklärung dar und ist rechtlich nicht bindend. Auswirkungen hat ein Beschluss erst, wenn es tatsächlich an einen Vertrag geht, der unterschrieben werden muss.
Der Schlierseer Gemeinderat hat in der vergangenen Sitzung nun verbindlich gesagt, man werde dem Bürgermeister nicht erlauben, einen Vertrag zu unterschreiben, wenn die verhandelten Punkte nicht Bestandteil des Vertrages sind.
Rechtlich bindend ist der Grundsatzbeschluss im Übrigen auch für die Talgemeinden nicht. Nicht zu leugnen ist allerdings, dass ein späteres Nein zumindest politische Auswirkungen haben dürfte. Schitzenbaumer findet dafür einen angemessenen Vergleich: „Ein Ja zum Grundsatzbeschluss ist wie ein gegebenes Versprechen“, so der Bürgermeister.
Daher wollte man in Schliersee auch nicht einfach so das Einverständnis geben und forderte von den Verantwortlichen zunächst die Klärung einzelner Punkte. „Punkte, die später aber sowieso hätten verhandelt werden müssen“, stellte ATS-Geschäftsführer Harald Gmeiner bereits vor zwei Wochen klar.
Meinungen gehen auseinander
Ob die Verhandlungen über diese Punkte nun nicht aber bereits einer Bevorteilung Schliersees gleichkommen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Aus der Sicht der Marktgemeinde habe man für sich keine Extrawünsche ausgehandelt.
„Das geht ja nicht nur Schliersee etwas an. Die Klärung dieser Punkte haben sich auch die anderen Gemeinden gewünscht“, hieß es auf der vergangenen Sitzung. Außerdem würde keiner der Punkte dem geschlossenen Grundsatzbeschluss irgendwie widersprechen, meint Schnitzenbaumer. Und auch ATS-Geschäftsführer Harald Gmeiner erklärte schon kurz nach der Entscheidung: „Es gibt keine Lex Schliersee.“
De facto hat sich Schliersee aber bereits durch den Wissensvorsprung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung einen gewissen Vorteil gegenüber den anderen Gemeinden verschafft. Außerdem sind die im Vorfeld getroffenen Vereinbarungen zumindest nicht zum Nachteil der Marktgemeinde getroffen worden.
So haben sich die Parteien beispielsweise darauf geeinigt, dass die Summe, die alle Gemeinden im Falle einer ATS-Pleite nachschießen müssten, nicht nach den Übernachtungszahlen, sondern nach den Gesellschaftsanteilen bemessen wird. Für Schliersee, die von den Übernachtungszahlen her größte Gemeinde im Landkreis nach Bad Wiessee, bedeutet das eine Ersparnis von 9,5 Prozent der Kosten.
Es ist zumindest fraglich, ob diese Einigung auch so zustande gekommen wäre, wenn erneut alle Gemeinderäte aus den einzelnen Gemeinden hätten zustimmen müssen. Denn so wurden die Verhandlungen nur zwischen der sogenannten Steuerungsgruppe und Schliersee geführt. Aus Gmeiners Sicht hatte dies praktische Gründe: „Wir konnten jetzt nicht noch mal in alle Gemeinden gehen.“
Misstrauen aus dem Tal
Zwar waren an den Verhandlungen auch Bürgermeister aus dem Tal, wie beispielsweise der Kreuther Josef Bierschneider, beteiligt. Doch wie sich gestern erneut zeigte, ist Bierschneider zwar selber von der Fusion überzeugt, weiß seinen Gemeinderat in dieser Sache aber nicht uneingeschränkt hinter sich.
Wie auch schon in Bad Wiessee verlangte man auch auf der gestrigen Kreuther Sitzung das Protokoll aus Schliersee. Alles, was über die Ausarbeitung der Verträge und Vereinbarungen hinausgehe, sei ein einseitiger Beschluss. „Und das geht nicht“, meint Markus Wrba (FWG).
Und sein Gemeinderatskollege Martin Walch (SPD) forderte unmissverständlich, über den weiteren Verlauf der Abstimmungen besser informiert zu werden. Auch das Protokoll müsse, so Walch weiter, unverzüglich dem Gemeinderat zur Verfügung gestellt werden.
Das Dokument werde Schliersee auch gerne zur Verfügung stellen. Allerdings müsse dieses erst vom Gemeinderat in der nächsten Sitzung am kommenden Dienstag genehmigt werden, erklärt Schnitzenbaumer. Grundsätzlich beklagt er jedoch das Misstrauen sowohl aus dem Tegernseer Tal als auch aus seinem eigenen Gemeinderat:
Es muss ein Weg gefunden werden, wie wir dieses Misstrauen abbauen können. Denn die Grundlage des Vertrages muss Vertrauen sein. Gemeinsam heißt dann eben auch gemeinsam.
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