Nach sechs Verhandlungstagen fällte der vorsitzende Richter Martin Rieder heute das Urteil. Die Angeklagte nahm es unter Tränen zur Kenntnis und betonte, am liebsten alles ungeschehen machen zu wollen.
Der Mord an der Rottacher Boutiquebesitzerin Ursula M. hielt das Tegernseer Tal Ende 2012 und Anfang 2013 in Atem. Nach langen und intensiven Ermittlungen nahm die Kriminalpolizei am 4. Januar 2013 schließlich die 49-jährige Uschi D. fest. Sie stand in dringendem Tatverdacht, Ursula M. ermordet zu haben. Über das Foto einer Überwachungskamera und einer Speichelprobe waren die Ermittler ihr schließlich auf die Spur gekommen.
Zu Beginn des Prozesses am vergangenen Donnerstag schilderte die Staatsanwaltschaft, wie es zum Mord gekommen war. Die Angeklagte, die zunächst im Geschäft des Opfers in der Rottacher Seestraße zur Probe gearbeitet hatte, hätte demnach den Plan entwickelt, die Boutiquebesitzerin Ursula M. zu berauben und zu töten. Dazu hat sie sich vorab telefonisch über die Öffnungszeiten des Geschäfts erkundigt, in der Erwartung, am Abend die Tageseinnahmen der 65-Jährigen zu entwenden.
Sie veränderte ihr Äußeres, steckte ein Messer in ihre Tasche, postierte sich im überdachten Bereich des gegenüberliegenden Geschäfts in der Seestraße und wartete auf das Opfer. Dann gelangte sie ins Haus der Geschäftsfrau, folgte ihr in die Wohnung und forderte die 65-Jährige zur Geldherausgabe auf. Dabei schlug sie auf das Opfer ein und erwürgte später die Geschäftsfrau – in voller Absicht, so die Überzeugung der Staatsanwaltschaft.
„Wollte das Opfer nicht erdrosseln“
Uschi D. sieht das hingegen anders, wie sie in einer ausführlichen Vernehmung vor Gericht schilderte: Eigentlich habe sie nur die Geldtasche des Opfers rauben wollen. Doch die Geschäftsfrau habe sich bei dem Übergriff gewehrt. Damit habe sie nicht gerechnet, so die Wiesseerin.
Quasi „aus Versehen“ sei ein Kampf entstanden, bei dem sie die 65-Jährige erdrosselt habe. Das sei keine Absicht gewesen. Sie sei zwar die Täterin, aber mit Absicht gehandelt habe sie nicht. Mit 2.000 bis 3.000 Euro Beute rechnete die Täterin nach eigenen Angaben. Die 49-Jährige begründete ihre Tat wie folgt:
Ich wollte immer mal eine größere Wohnung mieten, ein paar Tage sorgenlos leben. Damit man den Kopf nicht so voll hat. Mal wegfahren oder so.
Erbeutet hatte sie real nur eine kleine Summe: 250 Euro sowie Bank- und Kreditkarten des Opfers. Ihr damaliger Lebensgefährte Helmut B. scheint indes von der Tat nichts mitbekommen zu haben, wie er selbst vor Gericht aussagte. Er schreckte erst auf, als er Ende November, also vor gut einem Jahr, ein Fahndungsfoto in der Zeitung sah. Der Nachbar hatte ihm Uschi D.s Foto gezeigt.
Das machte Helmut B. nervös. Er drängte die Partnerin, zur Polizei zu gehen und zu beweisen, dass sie nicht die Person auf dem Foto ist. Sie befolgte seinen Rat, gab eine Speichelprobe ab. Danach ging alles seinen Gang. Die Beweise waren erdrückend. Uschi D. wurde Anfang Januar verhaftet.
Gutachten bescheinigt volle Schuldfähigkeit
Im Zuge des Prozesses wurde auch der psychische Zustand der Angeklagten genauer untersucht. Wegen Depressionen hatte sie sich bereits 2009 in die Schlemmer-Klinik in Bad Wiessee einliefern lassen. Nun musste geklärt werden, ob sie auch zur Tatzeit noch unter der Krankheit litt und daher mildernde Umstände infrage kommen.
Am vergangenen Dienstag wurde deshalb vor Gericht ein psychiatrisches Gutachten verlesen. Darin erklärte ein Experte die 49-Jährige für im vollen Maße schuldfähig und attestierte ihr lediglich eine kleinere depressive Störung. Dazu der Psychiater:
Ihre Persönlichkeit ist von Selbstunsicherheit geprägt, aber nicht gestört.
Am heutigen letzten Prozesstag wurde schließlich das Urteil gegen Uschi D. verkündet. Die Richter um den Vorsitzenden Martin Rieder verurteilten die Angeklagte zu einer lebenslangen Haftstrafe und folgten damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Gericht sah es dabei als erwiesen an, dass die 49-Jährige den Mord vorsätzlich begannen hat.
„Sie hat aus Habgier getötet. Ihr Motiv war es, an die Geldtasche mit den Tageseinnahmen des Opfers zu kommen“, erklärte Rieder in der Urteilsbegründung. Zudem habe sie den Raub im Vorfeld geplant. Der Aussage der Täterin, sie habe den Riemen ihrer Handtasche nur um den Hals von Ursula M. geknotet, damit das Opfer aufhöre, sich zu wehren, schenkte man indes nur wenig Glauben. Dazu der Richter:
Dass das Opfer aufhört zu zappeln, hätte sie leichter haben können, dazu hätte sie die Frau nicht umbringen müssen. Sie hätte immer die Möglichkeit gehabt, das Tatgeschehen abzubrechen.
Am Ende stufte das Gericht die Tat demnach als klassischen Raubmord ein, stellte aber keine besondere Schwere der Schuld fest. „Der Fall geht nicht über das übliche Maß hinaus“, begründete der Richter diese Einstufung. Uschi D. kann somit auch mit einer Hafterleichterung rechnen. In ihren Schlussworten entschuldigte sie sich schließlich nochmals für die Tat und betonte, dass sie am liebsten alles ungeschehen machen würde.
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