Das Fusionsgespenst geht um

Wegen ihrer ausgiebigen Sponsoring-Praxis steht die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee seit einigen Monaten in der Kritik. Vom „System Miesbach“ ist die Rede. Der Ruf ist beschädigt.

Gerüchte über eine Fusion mit einer größeren Nachbarsparkasse geistern bereits seit einiger Zeit durch den Landkreis. Doch wie realistisch ist das Szenario und was würde ein Zusammenschluss bedeuten?

Hauptsitz der Sparkasse im Landkreis ist Miesbach. Bei einer Fusion könnte sich das ändern / Bild: KSK Miesbach-Tegernsee.
Hauptsitz der Sparkasse im Landkreis ist Miesbach. Bei einer Fusion könnte sich das ändern / Bild: KSK

Die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee steht seit Monaten unter Beschuss. Vor allem das üppige Sponsoring der Geburtstagsfeiern von Landrat Jakob Kreidl (77.000 Euro) und Vize-Landrat Arnfried Färber (55.000 Euro) können viele Sparkassenkunden, aber auch Politiker und Funktionäre, nicht nachvollziehen. „Es kann nicht sein, dass durch das Handeln einer Sparkasse das Ansehen unserer bayerischen Sparkassen in Misskredit gerät“, erklärte der Präsident des Sparkassenverbands Bayern, Theo Zellner, im März gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Auch Innenminister Hermann forderte jüngst eine „lückenlose Aufklärung“ der Vorgänge in Miesbach.

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Nun prüft der Sparkassenverband. Längst steht das Geldinstitut auch im Visier der Münchner Staatsanwaltschaft. Dabei wird unter anderem das großzügige Sponsoring der Sparkasse unter die Lupe genommen. Auch intern hat man in Miesbach mittlerweile reagiert und will seinerseits die Sponsoringpraxis der vergangenen Jahre aufarbeiten. Eine Münchner Kanzlei wurde im Februar damit beauftragt. Am Mittwoch wurde indes bekannt, dass auch die Regierung von Oberbayern ihre Ermittlungen gegen die Sparkasse ausgeweitet hat. Das gab Michaela Krem, die Pressesprecherin der Behörde, auf Nachfrage der Tegernseer Stimme bekannt.

Das alles sind reichlich schlechte Nachrichten für das Geldinstitut. Nun muss abgewartet werden, was all diese Untersuchungen zu Tage fördern werden. Vielen ist die Sparkasse auch zu nah dran an den politischen Würdenträgern. Eines ist bereits jetzt klar: Die Rufe nach einer stärkeren Kontrolle werden immer lauter.

Aufsichtsrat soll kontrollieren

Wie eng die Sparkasse mit dem Landkreis verbunden ist, verrät das Sparkassengesetz. Sparkassen sind Anstalten des öffentlichen Rechts. Träger der Sparkassen in Deutschland sind daher die jeweiligen Gebietskörperschaften, bei kleineren Sparkassen also die Städte und Landkreise. Für die Kontrolle des Geldinstituts und des Vorstands ist der Verwaltungsrat zuständig. Er tagt regelmäßig. Ihm sind am Ende des Jahres die Geschäftsberichte vorzulegen. Im Fall der Miesbacher Sparkasse reden wir hier über ein neunköpfiges Gremium, das überwiegend mit Lokalpolitikern und einigen wenigen Unternehmern besetzt ist.

So sitzen dort bisher unter anderem der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU), Vize-Landrat Arnfried Färber (FWG), aber auch der Gmunder Gemeinderat und künftige Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne). Der Wiesseer Rainer Kathan ist einer der wenigen Unternehmer im Gremium. Den Vorsitz des Gremiums hat der Landrat inne. So steht es im Sparkassengesetz geschrieben.

Niedriger Bilanzgewinn

Doch wie stabil ist das Fundament, auf dem die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee steht, noch? Das angeknackste Image ist nur die eine Seite der Medaille. Für weitere Rückschlüsse darauf, wie es um das Institut derzeit steht, lohnt ein Blick auf die verfügbaren Geschäftszahlen. Mit einer Bilanzsumme von 1,61 Milliarden Euro und Kundeneinlagen von 1,26 Milliarden steht Miesbach im aktuellsten Sparkassenranking aus dem Jahr 2012 auf Position 212 von 423. Nachbarverbände wie Bad Tölz-Wolfratshausen oder Rosenheim-Bad Aibling liegen auf den Plätzen 175 beziehungsweise 62. An der Spitze thront die Sparkasse Hamburg. Bayernweit springt für Miesbach indes Platz 43 von 71 heraus. Hier bewegt man sich also eher im hinteren Mittelfeld.

Blickt man auf den Gewinn der hiesigen Sparkasse, ergibt sich ein noch deutlicheres Bild. So konnte man im Jahr 2012 bei einer Bilanzsumme von 1,61 Milliarden Euro nur einen Gewinn von 509.000 Euro erwirtschaften. Gemessen am Ertrag ist Miesbach damit das bayernweite Schlusslicht. Im Jahr 2011 waren es bei ebenfalls 1,6 Milliarden Bilanzsumme noch 1,38 Millionen Euro Überschuss. 2010 sahen die Zahlen ähnlich aus.

Dieser Entwicklung ist sich auch der Vorstandsvorsitzende Martin Mihalovits bewusst. Sofort nach seinem Amtsantritt im April 2012 leitete er Restrukturierungsmaßnahmen ein und senkte die Aufwände des Geldinstituts von 35 Millionen Euro auf 32 Millionen Euro im Jahr.

Sparkassenvorstand Martin Mihalovits (Mitte) muss derzeit viele kritische Fragen beantworten / Archivbild
Sparkassenvorstand Martin Mihalovits (Mitte) muss derzeit viele kritische Fragen beantworten / Archivbild

Auch ohne die dauernden Enthüllungen über die verfehlte Sponsoringpolitik steht die Sparkasse also durchaus vor Herausforderungen. Trägt der eingeleitete Konsolidierungskurs keine Früchte und fördern die Untersuchungen des Sparkassenverbands und der Regierung von Oberbayern weitere systematische Versäumnisse zu Tage, könnten am Ende auch die Stimmen lauter werden, die eine Fusion der Miesbacher Sparkasse mit einem größeren Nachbarn wie Bad Tölz-Wolfratshausen oder Rosenheim-Bad Aibling als mögliche Lösung sehen.

Dann hätten die bisherigen Alleingänge ein Ende. Das Vorstandsgremium würde breiter aufgestellt, die Kontrollmöglichkeiten würden steigen, so erklären es Insider. 77.000 Euro an Zuwendungen für den Geburtstag eines Landrats wären nicht mehr so einfach möglich. Auch was die Bilanz angeht, würde man so auf einem breiteren Fundament stehen. Und dabei wäre die Fusion der Sparkasse kein Einzelfall.

„Synergieeffekte nutzen“

Die Sparkasse Miesbach-Tegernsee, mit ihren derzeit 28 Geschäftsstellen im Landkreis, ist eine von insgesamt 71 eigenständigen Sparkassen in Bayern. Doch diese Zahl ist seit Jahren rückläufig. So büßten zwischen den Jahren 2000 und 2013 insgesamt 22 Sparkassen ihre Eigenständigkeit mehr oder weniger freiwillig ein, um mit einer anderen Kreis- oder Stadtsparkasse zu fusionieren. Die Beweggründe erklärt Ingo Krüger vom Bayerischen Sparkassenverband:

Fusionen sind meist von Regulationsdruck getrieben. Also entschließt man sich für einen größeren Verbund. Dann braucht man zum Bespiel nur einen Geldwäschebeauftragten und spart Kosten.

Doch was nach außen oft positiv mit den zwei Worten „Synergieeffekte nutzen“ verkauft wird, hat in der Praxis manchmal einen ganz anderen Hintergrund. Oft bleibt einer Sparkasse nichts anderes übrig, als mit einem ihrer Nachbarinstitute zusammenzugehen. Das zeigt der Fall Ebersberg aus dem Jahr 2011. Damals fusionierte das vergleichsweise kleine Institut mit der größeren Sparkasse aus Starnberg. Offiziell hieß es: „Alles in Ordnung. Reine Routine.“ Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, wie heikel die Situation in Wahrheit gewesen ist.

Wie eine ländliche Sparkasse durch eine aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbare Kreditpolitik des Vorstands in Gefahr gerät – und dann vielleicht auch zum Übernahmekandidaten für gesunde Nachbarn wird. Mit dem Fall beschäftigte sich damals auch die Süddeutsche Zeitung. So erwirtschaftete die Sparkasse Ebersberg im Jahr 2009 bei einer Bilanzsumme von 1,2 Milliarden Euro nur einen vergleichsweise geringen Gewinn von 410.000 Euro. In den Jahren 2008 und 2007 waren es bei einer ähnlichen Bilanzsumme sogar nur 318.000 Euro beziehungsweise 306.000 Euro Überschuss. „Der Gewinn ist erbärmlich gering“, erklärte der ehemalige Verwaltungsrat Hubert Heun im Mai 2011 gegenüber der SZ.

Ein Eingeweihter spricht gegenüber der Tegernseer Stimme davon, dass Ebersberg damals so schlecht dastand, dass eine Fusion unausweichlich war. Denn hat eine Sparkasse so schlecht gewirtschaftet, dass sie kurz vor der Pleite steht, wird sie von einer der Nachbarsparkassen übernommen, um die drohende Pleite zu verhindern. Betrachtet man die nackten Zahlen, so lassen sich durchaus Parallelen zur Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee ziehen. Dort erwirtschaftete man 2012 bei einer Bilanzsumme von 1,6 Milliarden Euro lediglich einen Gewinn von 509.000 Euro.

Sieben: „Eine Fusion ist kein Thema“

Doch trotz des in den vergangenen Jahren im Vergleich zu anderen Instituten eher geringen Gewinns scheint ein Zusammenschluss Miesbachs mit einem größeren Nachbarn wie Bad Tölz-Wolfratshausen oder Rosenheim-Bad Aibling aus Sicht der Miesbacher Verantwortlichen derzeit nicht notwendig. Das betont auch der Pressesprecher Peter Friedrich Sieben:

Eine Fusion der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee mit einer anderen Sparkasse ist kein Thema. Hierzu besteht für uns keinerlei Notwendigkeit.

Gegen eine Fusion der Sparkasse mit einem größeren Partner spricht für die Verantwortlichen auch der in den vergangenen Jahren konstante Eigenkapitalanteil der Bank. Dieser lag im Zeitraum von 2010 bis 2012 immer zwischen 122 und 124 Millionen Euro. In Ebersberg war dieser, vor der Fusion mit der Sparkasse München-Starnberg, derweil immer weiter abgesenkt worden.

Verlierer eines Zusammenschlusses zweier Sparkassen könnte indes der Kunde sein. Das sieht auch ein Sparkassen-Insider so und verweist erneut auf das Beispiel Ebersberg. Werde ein Gebiet von Ebersberg bis Starnberg von einer zentralen Kreditabteilung behandelt, könne man seine Kunden gar nicht mehr so gut kennen wie bei einem kleineren Verbund. Ingo Krüger vom Bayerischen Sparkassenverband hält hier indes dagegen: „Für den Kunden ergeben sich bei einer Fusion eigentlich keine Nachteile, da sich die Sparkassen in verschiedenen Geschäftsgebieten befinden. Es wird also keine Filiale geschlossen“, meint Krüger.

Nur der Juniorpartner

Neben der Gefahr einer schwindenden Kundenbindung hätte eine Fusion wohl auch für den Landkreis Miesbach und die Gemeinden größere Nachteile. Denn das überzogene Sponsoring der Geburtstagsfeste von Jakob Kreidl und Arnfried Färber ist nur die eine Seite. Gleichzeitig tritt die Sparkasse auch als Förderer des Landkreises und der ansässigen Vereine auf. So machte man 2012 mit einem günstigen Kredit den Weg für den Umbau des Rottacher Tierheims frei. Zudem fördert die Sparkasse zahlreiche weitere Projekte aus Kunst, Kultur und Sport.

Im Falle einer Fusion mit einer Nachbarsparkasse wird es damit zwar nicht vorbei sein, die Unterstützung dürfte aber im Einzelfall noch intensiver abgewogen werden. Schließt man sich zu einem größeren Verbund zusammen, wäre die Sparkasse Miesbach-Tegernsee nur noch der Juniorpartner. Verwaltungsrat und Vorstand würden dementsprechend besetzt. Mehr Interessen müssten unter einen Hut gebracht werden und im Zweifel würde dann wohl eher ein großer Partner wie die Sparkasse Rosenheim den Ton angeben.

Dabei ist der Imageverlust für den Bayerischen Sparkassenverband aufgrund der Aktivitäten der KSK jetzt schon immens. Durch den eilig einberufenen “Orientierungsrahmen für Spenden, Sponsoring und Zuwendungen” will man den Schaden zwar so gering wie möglich halten. Doch klar ist: wenn sich das hießige Institut noch ein paar “grobe Schnitzer” leistet, wird ein erzwungener Zusammenschluss wahrscheinlicher. Die Verantwortlichen im Vorstand und Aufsichtsrat haben es selbst in der Hand.

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