Schmaler Grat zwischen Himmel und Hölle

„Investorenparadies“ oder „unattraktive Provinz“. Beides könnte auf das Tegernseer Tal zutreffen. Derzeit scheint es so, als bewegen wir uns deutlich näher an paradiesischen Zuständen – zumindest für potenzielle Investoren.

Das Tal erlebt einen lange nicht mehr gesehenen Bauboom. Große Projekte stehen in der „Pipeline“. Für die Region ist das Chance und Risiko zugleich.

Himmel_Hoelle

„Investiert wird, wenn man ein gutes Geschäft wittert“, so Frank Zahnert, von Beruf Anwalt in Tegernsee und Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins, vor einigen Monaten. Und derzeit wittern einige Investoren und Bauunternehmer ein ziemlich großes Geschäft im und mit dem Tal. In diesem Jahr wurden mehr oder weniger in allen Gemeinden große Bauvorhaben auf den Weg gebracht.

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In Gmund könnte sich das Ortsbild durch die Wiederbelebung des Maximilian und des Gut Kaltenbrunn in den kommenden Jahren entscheidend verändern, und Bad Wiessee plant gar die Neugestaltung des gesamten Kurviertels. Auch in Tegernsee und Rottach-Egern werden die Baukräne in den kommenden Jahren in den Himmel sprießen, und Waakirchen könnte sich dank des Lanserhofs zu einem medizinischen Mekka im Alpenvorland entwickeln.

Endlich im 21. Jahrhundert angekommen

Nun kann man angesichts der Perspektiven, die sich aus der Vielzahl der anstehenden Bauprojekte fürs Tegernseer Tal bieten, sowohl in Jubel als auch in Tristesse verfallen. Sieht man den Trend positiv, lässt sich anführen, dass man im Tal offenbar endlich die Lehren aus den Versäumnissen der letzten 20 Jahre gezogen hat. Sich nicht mehr auf den früheren Boomzeiten ausruhen, sondern wieder offen für Neues und damit attraktiv für potenzielle Investoren werden – das scheint die derzeitige Devise zu sein.
Die Talgemeinden stellen damit auch die Weichen für die nächsten Jahrzehnte. Der Tegernsee steht vor einem Bauboom, der möglicherweise ungeahnte Dimensionen erreichen könnte. Die zahlreichen anstehenden Bauprojekte, die in diesem Jahr beschlossen, auf den Weg gebracht oder gar schon fertiggestellt wurden, deuten auf einen klaren Trend. Dabei werden die kommenden drei Jahre wohl entscheidend sein. In diesem Zeitraum sollen fast alle der derzeit diskutierten oder schon beschlossenen Bauten fertig werden.

Neue Wahrzeichen

Während die einen neue Thermen, große Hotels und kühne Immobilienprojekte als „Signal für die Aufbruchsstimmung im Tal“ feiern, betrachten andere diese Entwicklung mit Sorge. Denn die anstehenden Bauprojekte dürften buchstäblich kaum ohne Nebengeräusche über die Bühne gehen: Baukräne, Lärm, überfüllte Straßen und schlechte Luft könnten damit, vorübergehend jedenfalls, zu einem weiteren Wahrzeichen des Tegernseer Tals werden.

Verstopfte Straßen und Staus durch den zunehmenden Lkw-Verkehr sind zu befürchten
Verstopfte Straßen und Staus durch den zunehmenden Lkw-Verkehr sind zu befürchten

Von den Folgen für die Umwelt ganz zu schweigen, droht dem Tal ein Chaos, wenn alle Projekte tatsächlich fast parallel realisiert werden. Dann werden auf den ohnehin oft überfüllten Straßen rund um den Tegernsee auch noch zahlreiche Baufahrzeuge unterwegs sein, die mehrmals am Tag zu ihren Baustellen – teilweise weit oben an den Hängen – fahren oder diese wieder verlassen.

Am Gmunder Berg oder spätestens an der Kreuzstraße treffen sie dann alle aufeinander: ruhesuchende Touristen, genervte Einheimische und renditegesteuerte Bautrupps. Das kann gut gehen. Es kann aber auch dazu führen, dass das Tal seine Stammklientel verliert und die vereinzelten Proteste Einheimischer gegen die Bauvorhaben zu einer Regel werden.

Sollten dann die ersten großen Projekte zu Fall gebracht werden, wäre das ein fatales Signal an alle Investoren. Der Tegernsee würde in der öffentlichen Wahrnehmung schneller als gedacht vom „Paradies der Bauherrn“ wieder zu einer „unattraktiven Provinz“. Es ist eben ein schmaler Grat zwischen maximaler Rendite, sinnvollem Naturschutz und nachhaltiger Weiterentwicklung einer ganzen Region.

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