Ohne Lagerkoller in die Zukunft

Vor rund sechs Wochen haben sich die Wiesseer Gemeinderäte Josef Brenner, Rainer Kathan und Karl Sauer dazu entschieden, bei den kommenden Kommunalwahlen für den Wiesseer Block zu kandidieren.

Bislang saßen sie für die CSU im Gemeinderat. Wir haben mit den dreien über die Beweggründe des Übertritts zur Konkurrenz gesprochen. Dabei wird klar: die drei lehnen politische Lager in Gemeinden generell ab.

Die Gemeinderäte Josef Brenner, Karl Sauer und Rainer Kathan über ihre Ziele nach dem Wechsel zum Wiesseer Block
Die Gemeinderäte Josef Brenner, Karl Sauer und Rainer Kathan über ihre Ziele nach dem Wechsel zum Wiesseer Block.

In Bad Wiessee stehen in den kommenden Jahren richtungweisende Entscheidungen an. Es gilt, den Schuldenberg von über 30 Millionen zu reduzieren, die gemeindeeigenen Wohnungen zu sanieren und große Bauprojekte zu stemmen. Oft gab es aus dem Grund im Wiesseer Gemeinderat intensive Debatten zwischen den Fraktionen.

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Doch auch parteiintern knirschte es, vor allem in der CSU, gewaltig. So kam es in den letzten eineinhalb Jahren vermehrt zu Lagerbildungen. Auf der einen Seite die altgedienten CSU-Gemeinderäte um Kurt Sareiter und Ingrid Versen. Auf der anderen Josef Brenner, Rainer Kathan und Karl Sauer. Während Brenner bis Dezember CSU-Mitglied war, mittlerweile aber aus der Partei ausgetreten ist, gehörten Kathan und Sauer zwar der Fraktion an, waren aber parteifrei. Sauer sitzt seit zwölf Jahren im Gemeinderat. Kathan und Brenner gehören dem Gremium seit dieser Legislaturperiode an.

Doch Lagerkoller und Nichtberücksichtigung für die anstehende Kommunalwahl führten im Dezember zu der Entscheidung: die drei treten mit sofortiger Wirkung aus der CSU-Fraktion aus, um auf der Liste des Wiesseer Blocks zu kandidieren. Im Interview mit der TS geht es unter anderem über die Gründe dieses Übertritts.

Guten Tag, die Herren, es ist rund sechs Wochen her, dass Sie der Wiesseer CSU nach internen Unstimmigkeiten den Rücken gekehrt haben. Wie kam es dazu?

Josef Brenner: Diese Entscheidung kam nicht von uns. Man wollte uns in den Reihen der Wiesseer CSU einfach nicht mehr haben. Uns wurde telefonisch mitgeteilt, dass wir auf der CSU-Liste für den Wiesseer Gemeinderat keinen Platz mehr bekommen.

Was waren Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?

Josef Brenner: Ich denke, wir waren einfach zu oft anderer Meinung als die Mehrheit der Wiesseer CSU-Fraktion.

Rainer Kathan: Wir wurden schon seit Längerem zu keiner Fraktionssitzung mehr eingeladen und waren damit auch in den Meinungsbildungsprozess der Partei kaum eingebunden. Vor einigen Wochen hat man uns schließlich mitgeteilt, dass wir nicht mehr erwünscht sind.

Karl Sauer: Für mich hat sich nach der Wahl 2008 schnell herausgestellt, dass ich in einigen Dingen anderer Meinung war als viele in der CSU. Jetzt hat man dort offenbar entschieden, auf andere Köpfe zu setzen. Mir hat aber niemand persönlich gesagt: „Du passt nicht zu uns.“

Warum aber dann gerade der Schritt hin zur direkten Konkurrenz der CSU in Bad Wiessee?

Rainer Kathan: Wir sind zu der Entscheidung gekommen, dass es wichtig ist, den von Bürgermeister Peter Höß und der Mehrheit des Gemeinderates eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Deswegen mein Entschluss, für den Wiesseer Block zu kandidieren. Es geht nicht darum, Parteipolitik zu machen, sondern um das Wohl der Gemeinde. Das heißt, auch mehrheitliche Entscheidungen zu akzeptieren und dann auch dahinter zu stehen. Wir wollen aus dem Grund auch in Zukunft mit allen Vertretern im Gemeinderat gut zusammenarbeiten. Das gilt übrigens auch für die CSU.

Josef Brenner: Ich könnte mir auch vorstellen, dass es nur eine große Liste von Bürgern gibt, die sich bei der Wahl zum Gemeinderat aufstellen lassen und aus der die Wähler auswählen, unabhängig von Parteien und Fraktionen. Aber da sind wir noch ein wenig entfernt davon.

„Die Sanierung des Badeparks würde Millionen kosten“

Ein immer wiederkehrender Streitpunkt ist beispielsweise der Umgang mit dem Badepark. Auch Rolf Neresheimer, Bürgermeisterkandidat der RAN-Liste, sagt, dass Alternativen zur Schließung des Badeparks nie richtig geprüft wurden. Also einfach investieren und offen halten?

Rainer Kathan: Es ist über Jahre hinweg geprüft worden, ob eine Sanierung des Badeparks finanziell möglich ist. Es gibt eine Kostenrechnung aus der letzten Legislaturperiode, wonach uns das rund zehn Millionen Euro kosten würde. Seit 2008 sind noch weitere Brandschutzvorschriften dazugekommen: demnach sind die Kosten nochmals gestiegen. Eine Sanierung des Badeparks ist für Bad Wiessee finanziell nicht darstellbar – das wissen wir schon seit Jahren.

Karl Sauer: Geht man heute in den Badepark, wird man feststellen, dass verschiedene Sachen einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Eine Umrüstung würde heute fast so viel kosten, wie ein neues Bad zu bauen. Aus dem Grund ist auch die Entscheidung für die neue Therme die einzig richtige.

Für Rainer Kathan ist
Rainer Kathan will am Konzept von Matteo Thun festhalten.

Mit Stararchitekt Matteo Thun setzt die Gemeinde beim Konzept für die neue Therme voll auf eine Karte. Was halten Sie davon, noch weitere Umsetzungsvorschläge einzuholen oder gar einen Architektenwettbewerb abzuhalten?
 
Rainer Kathan: Wir haben jetzt gerade den großen Vorteil, dass ein Investor ein fertiges Konzept präsentiert bekommt. Zudem stehen der Gemeinderat, das Landratsamt und unter anderem auch die Schutzgemeinschaft hinter den Planungen. Dass dieses Konzept von Matteo Thun erarbeitet wurde, ist ein weiterer Pluspunkt für die Gemeinde. Der auch international sehr gute Ruf von Matteo Thun erleichtert die Investorensuche. Ein Wettbewerb aus verschiedenen Architektenideen macht daher meines Erachtens keinen Sinn.

Was passiert, wenn man keinen Investor findet, der das 130-Millionen-Projekt stemmen will?

Josef Brenner: Wir sollten hier positiv denken und daran glauben, dass wir einen geeigneten Investor finden. Wenn wir für dieses tolle Areal mit Seezugang niemanden finden, verstehe zumindest ich die Welt nicht mehr.

Doch selbst wenn ein Investor gefunden wird, bleibt bei vielen die Befürchtung, dass zwar die Therme kommt, ein Schwimmbecken für einheimische Kinder und Vereine aber verschwindet. Kann das der Sinn sein?

Rainer Kathan: Wir wollen ganz klar, dass in der Therme auch ein Schwimmbetrieb möglich ist. Wie man dann in der Praxis umsetzt, ist eine Frage der Organisation und des Betreibers.

„Kritik der CSU nicht nachvollziehbar“

Lassen Sie uns noch zu einem anderen Wiesseer Bauprojekt kommen. Dem Brenner Park, den Sie, Herr Brenner, verantworten. Aus den Reihen der CSU kam immer wieder der Einwand, in diesem Fall wurden Ausnahmen für einen Gemeinderat gemacht, die man bei einem normalen Bauherrn eigentlich nicht eingehen würde. 

Josef Brenner: Ich glaube, kaum ein Bauvorhaben wurde im Gemeinderat so intensiv diskutiert und von der Gemeinde so genau geprüft wie der Brenner Park. Am Ende ist eine Mehrheit zu dem Entschluss gekommen, dass das Konzept, so wie es jetzt vorgesehen ist, gut für Bad Wiessee ist.

Aber warum soll gerade ein Luxusprojekt wie der Brenner Park in Ihren Augen gut für die Allgemeinheit sein?

Josef Brenner: Durch den Brenner Park wird sich die Kaufkraft im Ort erhöhen, und es werden Arbeitsplätze geschaffen. Unser Ziel ist es dabei nach wie vor, dort keine Zweitwohnungen, sondern Hauptwohnsitze entstehen zu lassen. Es ist allerdings sicher richtig, dass der Brenner Park eher die gut betuchte Bevölkerung anspricht.

Kritiker monieren zum Beispiel, dass durch die Bauarbeiten viel zu viele Bäume gefällt werden. Nachvollziehbar für Sie?

Josef Brenner: Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen sind die Bäume, um die es hier geht, erwiesenermaßen kernfaul. Zum anderen ist es nur möglich, die notwendige Tiefgarage zu errichten, wenn dort ein paar dieser Bäume verschwinden.

Neben der Tiefgarage hat vor allem auch die CSU den Standort für das geplante Restaurant oft kritisiert.

Karl Sauer: Es war natürlich schnell klar, dass man das Restaurant nicht mitten im Wohnbereich errichten kann. Daher ist man nun eben zu dem Platz am Rande gelangt. Die Kritik kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.

Der Brenner Park richtet sich eher an Wohlhabende. Mit der Therme ist es ähnlich. Wird Wiessee also endgültig zum Luxusort, in dem kein Platz mehr ist für junge Einheimische ohne dicken Geldbeutel?

Rainer Kathan: Bad Wiessee hat mit Abstand die meisten Gemeindewohnungen im Tegernseer Tal. Diese müssen nun aber nach und nach saniert und auf den neuesten Stand gebracht werden. Nur dann sind sie attraktiv für junge Familien aus Wiessee.

Wie will die Gemeinde das zeitnah umsetzen?

Rainer Kathan: Mit der Gründung des kommunalen Eigenbetriebes haben wir hier den richtigen Weg eingeschlagen. So kann deutlich effizienter gearbeitet und Aufträge zur Sanierung zielgerichteter ausgeschrieben werden. Man muss dann nicht den billigsten Anbieter nehmen, sondern kann sich für das beste Angebot entscheiden.

Josef Brenner...
Josef Brenner will die Gemeindepolitik auch in den kommenden sechs Jahren mitgestalten.

Nach all den Querelen in den letzten Jahren – warum die Entscheidung, erneut für den Gemeinderat zu kandidieren?

Josef Brenner: Das war keine einfache Entscheidung. Aber wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, dass auch weiterhin Leute im Gemeinderat sitzen, deren Lebensziel es nicht ist, Gemeinderat zu werden, sondern die wirklich unabhängig agieren können.

Karl Sauer: Ich bin seit nunmehr zwölf Jahren im Gemeinderat und eigentlich der Meinung, dass man nach einiger Zeit betriebsblind wird und aus dem Grund neue, auch jüngere Leute nachrücken sollten. In der derzeitigen Situation – mit den vielen Großprojekten – brauchen wir aber eine gewisse Kontinuität. Ich persönlich will aus dem Grund auch die nächsten sechs Jahre noch dabei sein, um die angefangenen Projekte zu einem positiven Ende zu führen.

Gehen wir ein wenig weg von der aktuellen Gemeindepolitik. Wie sieht Ihre ganz persönliche Vision für Bad Wiessee aus?

Josef Brenner: Ich sehe Bad Wiessee als Gesundheitszentrum im Tegernseer Tal. Wir haben durch den Medical Park und den Jägerwinkel schon in der Vergangenheit einen guten Ruf erworben. Durch die Therme und das damit verbundene Gesundheitszentrum kann man diesen Ruf noch weiter ausbauen. Diese Chance sollten wir nutzen.

Rainer Kathan: In meinen Augen gilt es in der Tat, Bad Wiessee als Gesundheitsstandort zu etablieren. Aber gleichzeitig müssen wir auch über die Grenzen der einzelnen Gemeinden hinweg noch enger zusammenarbeiten. Die Bürgermeister und die Verwaltungen sollten mehr kooperieren.

Und was ist das langfristige Ziel? Vielleicht eine talweite Gemeinde?

Josef Brenner: Vielleicht. Ich persönlich fühle mich zum Beispiel gar nicht alleine als Wiesseer – sondern eher als Bürger des Tegernseer Tals. Man sollte das Tal als Gesamtes nehmen und gemeindeübergreifend noch besser zusammenarbeiten. So könnte Bad Wiessee zum Gesundheitszentrum des Tals werden, Rottach-Egern wäre dann der mondäne Geschäftsort, Tegernsee der Kulturort und Gmund beispielsweise der Ort für Handwerk.

Würde das in der Konsequenz aber nicht bedeuten, dass sich die Gemeinderäte irgendwann selbst abschaffen?

Karl Sauer: Ja. Und das muss auch unser Ziel sein.

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