„Obernikolaus“ Gerhard Lippert ist in den Job „als Quereinsteiger reingerutscht“. Das ist unüblich in diesem „Zusammenschluss von Freunden“, die jährlich etwa 400 Kindern in und um Holzkirchen einen aufregenden Besuch vom Nikolaus bescheren. Der Nachbar hat ihn vor 14 Jahren als „Kramperl“ rekrutiert.
In der Männertruppe treffen sich meist ehemalige Pfadfinder, Ministranten oder Mitglieder der Kolpingjugend. Alle müssen mehrere Jahre als Krampus gedient haben, bevor sie genug Erfahrung für den Einsatz als Heiliger Mann mitbringen. Der älteste Nikolaus im Team ist Dr. Martin-Michael Schmid, der vor 48 Jahren angefangen hat.
Peinliches Missgeschick
Doch auch Lippert hat schon viel erlebt. Am eindrücklichsten war die Situation in einer bäuerlichen Familie: Die drei Buben stehen aufgereiht wie Orgelpfeifen vor dem Nikolaus. Feierliche Stille, der erste Bub öffnet den Mund – um sich vor lauter Aufregung zu übergeben! „Gottseidank war ich nur der Kramperl“, sagt er heute. Doch der routinierte Nikolaus bekam den peinlichen Moment mit der anwesenden Mama und Oma in den Griff.
Unvergesslich ist ihm auch die Mädchentruppe, die erst den Wohnzimmertisch zur Seite räumen musste, um dem Nikolaus im Stil der „No Angels“ vorzutanzen. „Im Bart lässt sich so manches Schmunzeln gut verstecken“, verrät Lippert.
Kleine Helden in Not
Für den Heiligen Mann gibt es selbstgemalte Bilder, Gedichte, die ersten Lieder auf einem Instrument. Wenn ein Nikolaus mehrere Jahre von der gleichen Familie gebucht wird, bekommt er den Werdegang der Kinder mit.
Um an die Geschenke zu kommen gibt es unzählige Versprechen, auf die Windel zu verzichten, heldenhaft verschenkte Schmusetücher und noch mehr mitgegebene Schnuller. „Nur einer ging mal an ein Kind zurück“, erinnert sich Lippert. Aus langjähriger Erfahrung werden die Kindersachen über mehrere Tage aufhoben, um allzu dramatische Szenen zu vermeiden; pädagogische Nothilfe hin oder her.
Lippert hält die Truppe zusammen, hängt Plakate in Kindergärten und stellt die Touren für die beiden Einsatztage zusammen. Auf den Anmelde-Zetteln sind die Kernfragen beantwortet: Uhrzeit, Ort, wie viele Kinder, wie viele Erwachsene, Hintergrund-Infos zu Lob und Tadel fürs goldene Buch sowie das Geschenke-Depot. Aber jeder Nikolaus hat natürlich seine eigene Art, den Besuch zu gestalten.
Ehrenamtlicher Kampf gegen die Coca-Cola Konkurrenz
In den Jugendräumen im Holzkirchner Pfarrheim helfen die Frauen im Hintergrund. Sie legen die Gewänder zurecht und sorgen für die Accessoires „Das ist ein Riesenchaos, wenn da knapp 30 Männer ankommen und angezogen werden“, sagt Maria Weissensteiner. Untergewand, Überwurf, Perücke, Bart, Mitra, weiße Handschuhe und Bischofsstab müssen sein. Schließlich hat die Figur des Heiligen mit dem Weihnachtsmann aus der Cola-Reklame nichts zu tun.
Die Kramperl haben neben dem Bart und schwarz geschminktem Gesicht möglichst großzügig Fell um die Gestalt gewickelt. Dazu die Rute, Ketten oder andere Lärminstrumente. „In dem Aufzug habe ich mal meinen besten Kumpel nicht erkannt“, sagt Lippert. Jüngeren Kindern wird es bei dem Anblick schon unheimlich. Dann bleibt der Krampus auch mal vor der Tür.
Für ihren Einsatz erhalten die Nikoläuse Spenden, wovon ein Großteil zurück in die Jugendarbeit fließt. Der Lohn ist lediglich ein Zuschuss zum gemütlichen Essen danach.
Lippert hält viel von der schönen Tradition rund um den ehemaligen Bischof von Myra, bescheideneren Geschenken und ziemlich wenig von Santa Claus im Oberland: „Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mehr von Nikolaus und Christkind reden.“ Maria Weissensteiner wird deutlicher: „Vielleicht gewinnen wir den Kampf gegen den Weihnachtsmann doch noch!“
Um mit den Nikoläusen in Kontakt zu treten, reicht ein einfacher Anruf. Die Anmeldungen werden von Weissensteinerr (08024-7287) und Stefan Kauderer (08024-6629) entgegengenommen.
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