„Das kleinste Heimatmuseum Oberbayerns“

Es könnte skurril sein: Um eine Vitrine mit sieben alten Wallfahrtsmedaillen strahlen ein paar engagierte Hobby-Historiker samt Bürgermeister. Der materielle Wert der Exponate liegt bei rund 5 Euro. Schon der Glaskasten kostet 200mal so viel. Andererseits: So viel Interesse an örtlicher Historie war nie.
Stolz präsentiert: Das kleinste Heimatmuseum der Welt.
Stolz präsentiert: “Das kleinste Heimatmuseum Oberbayerns.”

Rund 60.000 Aufrufe registrierte Andreas Klotz auf seiner Website www.historisches-holzkirchen.de innerhalb von rund drei Jahren. Tendenz weiter steigend. Der begeisterte Sondengeher, im Hauptberuf Bankkaufmann, hat unter anderem die Funde seiner Streifzüge dort veröffentlicht.

Die Stücke wurden in Zusammenarbeit mit erfahrenen Spezialisten und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege identifiziert, datiert und registriert. Schwerpunkte sind Römerzeit und Mittelalter. Die Medaillen in der Vitrine im Rathaus sind allesamt Funde aus Holzkirchen und Umgebung.

Vom Gnadenbild zum Misthaufen

Bereits im Mittelalter gab es an allen wichtigen Wallfahrtsorten Pilgerzeichen für Hut oder Kleidung. Im 16. und 17 Jahrhundert wurden dann massenhaft Medaillen produziert, auf denen die Gnadenstätte oder das Gnadenbild dargestellt war. Als Funde geben sie heute Auskunft über die Mobilität der damaligen Bevölkerung und eine besondere Art des Tourismus. „Das war besonders für die Damenwelt die einzige Möglichkeit, mal ´rauszukommen“, erzählt Gretel Rombach, Mitglied der Geschichts-AG.

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Der älteste Anhänger stammt aus dem 17./18. Jahrhundert aus dem Kloster Tegernsee. Zuordnungen nach Altötting/Dorfen, Bad Griesbach (Konrad von Parzham) oder Ettal sind räumlich noch einigermaßen nachvollziehbar. Aber die Plakette aus Mariazell in Österreich zeigt, dass die Holzkirchner auch weiter herumkamen. Der Weg der Plaketten auf den Acker führte über den Müll auf den Misthaufen und von dort auf die Felder. „Damals gab es eben noch keine VIVO“, scherzt Klotz.

„Lokale Geschichte aufbereiten“

Sein Engagement bildete den Ausgangspunkt für die Holzkirchner Geschichts-AG, die nun verschieden Aktivitäten bündelt. Hans Widmann beispielsweise ist als erfahrener Archivar von Bad Wiessee ist seit Jahresbeginn auch in Holzkirchen tätig. Die Holzkirchnerin Gretel Rombach ist Landschafts- und Kulturführerin mit diversen Zertifizierungen von IHK bis EU. Sie kennt sich in ganz Oberbayern aus und hat sich auf Kelten und die Wittelsbacher spezialisiert.

Weitere Unterstützung kam aus dem Netzwerk des Ortsentwicklungsprozesses. Gerald Puchbauer, Geschäftsführer der Bonn Elektronik GmbH und Ariane Reinhard, Inhaberin einer Segelschule, betrachten sich als interessierte Laien. Sie sehen ihre Aufgabe darin, „die lokale Geschichte aufzubereiten und der Allgemeinheit auf interessante Weise zugänglich zu machen.“

Geschichte trifft Neuzeit

Die Geschichts-Arbeitsgruppe trifft sich meist einmal monatlich und koordiniert sich ansonsten ganz neuzeitlich über WhatsApp. Die Mitglieder sind keineswegs nur eingefleischte Ur-Bayern. Aber alle treibt das Interesse an der lokalen Kultur und den Wurzeln ihrer Heimat; ein Gegengewicht zur umfassenden Globalisierung.

Dabei gehen die Ideen für die Zukunft nicht aus. Im Rathaus-Foyer soll es einmal pro Quartal eine Ausstellung mit wechselnden Stücken aus dem Fundus von Andreas Klotz geben. Dazu kommen Info-Flyer und ein kniffeliges Gewinnspiel. Ariane Reinhard flachst über die derzeitige Situation: „Das kleinste Heimatmuseum Oberbayerns.“ Es soll weiter wachsen. Mitstreiter sind willkommen. www.geschichts-ag.de

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