Er gilt als Meilenstein der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland: Der Mindestlohn. Seit Januar diesen Jahres müssen Chefs ihren Angestellten mindestens 8,50 Euro die Stunde zahlen. Tausende Menschen in Deutschland sollen nun von der neuen Regelung profitieren.
Doch das Gesetz hat auch seine Schattenseite – und die hat nichts mit Geld zu tun. Um eine korrekte Umsetzung des Mindestlohns zu gewährleisten, sind Wirte dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter genauestens zu dokumentieren.
Geändert hat sich nur die Zeit im Büro
„Mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro hat in der Gastro niemand ein Problem“, erklärt Altwirt Inhaber Hans Vogl. Das Problem liege bei der Zeiterfassung. Die bedeutet für den Gastronom viele zusätzliche Stunden Mehrarbeit im Büro.
Gezahlt habe Vogel den Mindestlohn schon davor. „Einziger Unterschied ist, dass ich jetzt weniger Zeit habe um bei meinen Gästen zu sein – das ist sehr schade.“ So wie dem Altwirt geht es den meisten Gastronomen in Holzkirchen.
Auch Franco vom gleichnamigen italienischen Restaurant ist genervt. Zwar sei es gut Ausbeuter-Betrieben einen Riegel vorzuschieben, doch auch ihn belastet die zeitintensive Büroarbeit: „Ich habe mehrere Angestellte, die zu unterschiedlichen Zeiten kommen und gehen – die viele Schreiberei ist der Wahnsinn.“
Kürzungen bei Hochzeiten
Nächster Schlag für das Gastgewerbe: Seit Januar dürfen Arbeitnehmer die maximale Arbeitszeit von zehn Stunden nicht mehr überschreiten. „Wie sollen wir das denn bei Veranstaltungen machen?“, fragt Vogl.
Bei Hochzeiten müsse das Brautpaar künftig zwei Schichten bezahlen oder die Hochzeit einfach „kürzen“. Und was ist, wenn Gäste einer Musikveranstaltung am Ende des Abends nach einer Zugabe rufen? Fakt ist: Die Mehrkosten einer zweiten Schicht – und das für vielleicht nur ein bis zwei Stunden weil‘s grad gesellig ist – möchte niemand.
Lücken müssen gestopft werden
Um den Anforderungen des Gesetzes gerecht zu werden, arbeitet auch Herbert Franz von der Gelateria Franzetti täglich eine halbe Stunde zusätzlich. Was den Holzkirchner fast noch mehr stört, ist der Generalverdacht der Behörden: „Es wird immer gleich vermutet man würde betrügen. Das ist traurig.“
Geht es nach Franz, sollten die Ämter ihre Kapazitäten besser nutzen und Lücken stopfen. „Durch Subunternehmer schaffen es andere Firmen immer noch die Regelung zu umgehen. Das ist kein fairer Wettbewerb.“
Um Vorteile zu erwirken, haben bereits Gespräche zwischen Wiesnwirten und Politik stattgefunden. Hier hofft man auf eine Lockerung der Bestimmungen. Jedoch ausschließlich für die Großverdiener der Wiesn und Festl. Der Wirt um die Ecke schaut in die Röhre und schreibt weiter Zettel.
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