Mutter des Täters: „Er hat noch nie jemandem Leid zugefügt“

Der Besuch des Waldfestes in Ostin im vergangenen Jahr kommt einen 28-jährigen Fischbachauer womöglich teuer zu stehen. Er ist von der Staatsanwaltschaft München II des versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Am zweiten Prozesstag wurden heute weitere Details über den Tathergang bekannt. Doch die Umstände bleiben weiter rätselhaft.

An diesem Bushäuschen in Ostin kam es in der Nacht vom 10. auf den 11. August zu dem Gewaltausbruch.
An diesem Bushäuschen in Ostin kam es in der Nacht vom 10. auf den 11. August zu dem Gewaltausbruch.

Der Beschuldigte hat offensichtlich dreimal auf einen 26-jährigen Piesenkamer mit einer schweren Eisenstange eingeschlagen, ihn aber scheinbar nie richtig getroffen. Sein Opfer konnte die Attacken abwehren und den Täter so lange festhalten, bis die Beamten der Wiesser Polizei eintrafen.

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Eigentlich wollte der Fischbachauer heute vor dem Landgericht das Zustandekommen seines Ausrastens schildern, doch sein Verteidiger bat das Gericht aus persönlichen Gründen um einen Aufschub. Er habe krankheitsbedingt gestern nicht mit seinem Mandanten sprechen können. Das Gericht gab dem Ersuchen statt.

Schwere Vorwürfe der Staatsanwaltschaft

So bleibt vorerst nur die eineinhalbseitige Anklageschrift als Bezugsquelle, was der Tat vorausging. Demnach hatte Maximilian E. auf dem Waldfest einen Streit mit einem befreundeten Ordner. Dabei soll er so in Wut geraten sein, dass er die Brille sowie den Blinkerhebel am Auto des Ordners zerstörte. Dann sei der Beschuldigte geflohen, um einer drohenden Strafverfolgung zu entgehen. Auf dem Betriebsgelände einer nahegelegenen Metallbaufirma bewaffnete er sich mit einer Eisenstange und versteckte sich hinter dem Bushäuschen.

Dort wartete der Piesenkamer mit seiner Begleiterin auf ein Taxi. Völlig unvermittelt erfolgte der Angriff des Fischbachauers. Insgesamt dreimal, so die Ermittler, habe der Täter von oben ausholend in Richtung des Kopfes seines Opfers geschlagen. Unter Ausnutzung des Überraschungsmoments wollte er sein Opfer töten, heißt es weiter, weil er damit das Risiko seiner Verfolgung und Entdeckung beseitigen wollte.

Die Vorwürfe wiegen schwer. Doch auch am zweiten Prozesstag deutet wenig darauf hin, dass auf der Anklagebank ein brutaler Schlägertyp sitzt, wie ihn die Staatsanwaltschaft beschreibt.

Polizistin: „Keine notorischen Auffälligkeiten“

Erste Zeugin heute ist die Polizeibeamtin V. von der Dienststelle in Bad Wiessee. Sie hatte in jener Nacht zum 11. August vergangenen Jahres mit ihrem Kollegen F. Nachtschicht, als sie der Notruf eines Taxifahrers erreichte, am Rande des Waldfestes gebe es eine Schlägerei. „Als wir ankamen, war nicht gleich abzuschätzen, welcher der Beteiligten welchen Status hatte, sprich: Wer Opfer oder Täter war“, schildert die junge Polizistin ihre ersten Eindrücke vom Tatort.

Doch der Beschuldigte habe sofort eingeräumt, dreimal auf sein Opfer eingeschlagen zu haben. „Er war ruhig und hatte keine notorischen Auffälligkeiten eines Betrunkenen“, beschreibt die Polizistin die anschließende Festnahme. Der Fischbachauer soll aber zuvor noch zu den beiden Beamten gesagt haben, als er kurz hinter ihnen zu stehen kam: „Was seid ihr für Polizisten, ich könnte euch jetzt jederzeit angreifen.“

Als die Polizisten dem Opfer eine ärztliche Versorgung anboten, habe dieser abgelehnt. Er sei äußerlich nur leicht verletzt gewesen, mit einer Schürfwunde am kleinen Finger. Erst eine Zeit danach traten bei dem Piesenkamer psychische Folgen auf, sagte dieser zum Prozessauftakt am Mittwoch, eine posttraumatische Belastungsstörung plage ihn bis heute.

Mutter ist fassungslos

Als nächster tritt heute Vormittag ein guter Freund von Maximilian E. in den Zeugenstand: Ludwig S. Beide kennen sich bestens seit ihrer Zeit auf dem Miesbacher Gymnasium. „Ich habe nie miterlebt, dass Max jemals auffällig geworden wäre“, schildert S. seine jahrelange Freundschaft mit dem Angeklagten, den er auch an jenem Tag zu einer Grillparty nach Miesbach eingeladen hatte. Gegen 24 Uhr seien sie mit mehreren Autos zum Waldfest in Ostin gefahren. Als sie ankamen, sei der Platz noch restlos überfüllt gewesen. „Es herrschte ein Gedränge wie auf der Wiesn“, so der Zeuge.

Der Angeklagte gibt nicht das Bild eines typischen Schlägers ab
Der Angeklagte gibt nicht das Bild eines typischen Schlägers ab.

Es gebe dort zwar ein offizielles Ausschankverbot, doch bis weit nach Mitternacht seien dort unter Freunden weiterhin alkoholische Getränke zu bekommen. Auch bei übermäßigem Alkoholgenuss habe er seinen beschuldigten Freund nie aggressiv erlebt. Der sei dann eher ruhiger geworden. In dieser Nacht war „der Max gut drauf“. Da Ludwig S. aber bereits um vier Uhr mit dem Taxi nach Hause gefahren sei, sein Freund aber noch bleiben wollte, könne er nichts zum Tatablauf beitragen.

Fassungslos über den Vorwurf des versuchten Mordes ist immer noch die Mutter des Angeklagten, die den Prozess im Saal 266 des Landgerichts verfolgt. „Der hat nie jemandem Leid zugefügt, noch nicht einmal einen Ladendiebstahl hat er begangen“, beteuert sie im Gespräch. Die nächsten Verhandlungstage werden zeigen, wie belastbar die Anklage ist.

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