Am 7. Oktober wird der Tegernseer Stadtrat erneut über die Pläne beraten. Derweil greifen die Verantwortlichen der Rentenversicherung in die Trickkiste.
70 Millionen Euro könnte der Komplex, den die Deutsche Rentenversicherung an der Point errichten will, kosten. Gegen das Ausmaß des Baus regt sich schon länger Widerstand rund um den Tegernsee. Die Nachbargemeinde Rottach-Egern erwägt sogar eine Klage und die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) eine weitere Demonstration gegen die in ihren Augen „Monsterplanung“. Derweil wartet alles gespannt auf die Entscheidung des Tegernseer Stadtrates am 7. Oktober.
Wie ein Neubau zum Ersatzbau wird
In diesen Wochen der Entscheidung greift die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in die Trickkiste. Sie plane gar keinen Neu- oder Erweiterungsbau, „sondern lediglich einen Ersatzbau“, wie DRV-Pressesprecher Jan Paeplow der Tegernseer Stimme auf Anfrage nun aktuell mitteilt. Verwundert reibt man sich als Berichterstatter die Augen, denn in der Pressemitteilung vom 4. Juni dieses Jahres sprach Paeplow noch vom „Neubau der Orthopädischen Klinik“ und was dieser für die Region bedeuten würde. Offenbar ist der Gegenwind so stark, dass die DRV nun versucht, das Vorhaben in ein positiveres Licht zu setzen.
Sie hofft womöglich, dass ein Ersatzbau die Kritiker eher verstummen lässt, als ein Neubau. Tatsache bleibt, dass der „Ersatzbau“ mit seinen beiden sechsstöckigen Gebäuden 31,30 Meter und 34,60 Meter über den Wasserspiegel des Tegernsees hinausragen würde. Die Rechtsprechung definiert einen Ersatzbau als Neuerrichtung eines gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle und von gleicher Größe, für die gleiche Nutzung.
Sechs Stockwerke auf 23.000 Quadratmetern
Kann man also noch von einem „Ersatzbau“ sprechen, wenn die Geschoßflächenzahl von 10.149 auf 22.900 Quadratmeter erweitert werden soll, damit 20 Betten mehr zur Verfügung stehen? Nur damit sei ein „kostendeckender Betrieb“ möglich, begründet die DRV den Bettenzuwachs und die Erweiterung. Die in Tegernsee neu entstehenden Betten fallen jedoch in einer anderen Klinik der Rentenversicherung weg. So werden deutschlandweit keine neuen Betten geschaffen.
Hintergrund für diese interne Bettenverschiebung ist offensichtlich eine „Verbindliche Entscheidung“ des DRV-Bundesvorstandes vom August 2011, die der Tegernseer Stimme vorliegt. „Da aus heutiger Sicht ausreichende Bettenkapazitäten vorhanden sind, sollen grundsätzlich keine Neu- oder Erweiterungsbauten erfolgen“, so die DRV, „eine Erweiterung der Kapazitäten ist nicht vorgesehen“.
Die Marschroute der DRV ist: „Mit dem Ersatzbau ist unsere Rehabilitationsklinik langfristig gesichert, um möglichst vielen Menschen helfen zu können“. Was aber geschieht, wenn der Stadtrat am 7. Oktober die Daumen senkt, wollte die TS von Paeplow wissen: „Im Falle einer Ablehnung muss über die Zukunft der Klinik erneut beraten werden”, so der Sprecher.
Damit es nicht soweit kommt, werden Spekulationen genährt, die Betreiber könnten dann den Standort Tegernsee mit 93 000 Euro an jährlichen Kurbeiträgen und Aufträge an die private Wirtschaft in Höhe von 640 000 Euro in Frage stellen. Ganz oben steht der Hinweis auf einen möglichen Verlust von 120 Arbeitsplätzen. Davon betroffen seien unter anderem 11 Ärzte, 14 Pflegefachkräfte und 30 Therapeuten.
Zukauf eines Grundstückes wäre jetzt möglich
Da die Wirtschaftlichkeit einer Klinik immer auch von der Größe abhängt ist, hätte man sich natürlich auch in der unmittelbaren Nachbarschaft umgesehen, ob etwas zur Erweiterung des Klink-Areals geht. In den zurückliegenden Jahren sei die damalige LVA Niederbayern-Oberpfalz sowohl am Ganghofer- als auch am Stielerhaus interessiert gewesen, heißt es aus Klinikkreisen.
Auch das schräg gegenüber am Hang liegende Grundstück in der Froumundstraße haben die Verantwortlichen in der 90er Jahren in Betracht gezogen. Jetzt gibt es diese Möglichkeit wieder. Das über 7.000 Quadratmeter große Grundstück wird derzeit von einem Rottacher Makler angeboten.
Ein Zuschlag durch die DRV würde womöglich auch den Gemeinderat in Rottach-Egern befrieden. Denn in seinem Anwaltsschreiben an die Stadt Tegernsee wird darauf hingewiesen, dass das Bauvorhaben in unmittelbarer Seenähe nicht erforderlich sei. „Eine Reha-Klinik kann ebenso gut an anderen, weniger sensiblen Standorten in Tegernsee realisiert werden“.
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