Anna Stark ist eine engagierte und resolute ältere Dame, die sich durchzusetzen weiß. Als ehrenamtliche Vorsitzende des Kreisverbands der Volkshochschulen (VHS) im Landkreis leistet sie die Arbeit einer Geschäftsführerin. Die Organisation von Deutschkursen für Asylberechtigte gehört seit Monaten zu ihren Hauptaufgaben.
Zurzeit bietet die VHS sechs Kurse an. Geplant ist die Einrichtung von zwei bis drei zusätzlichen Klassen. Maximal 25 Schüler finden in einem Sprachkurs Platz, 20 Stunden Unterricht pro Woche sind bindend vorgesehen. Höchstens 200 Schüler können auf diese Weise ein halbes Jahr lang Deutsch lernen. Erfahrungsgemäß sind es weniger und es dauert länger, denn nicht jeder hält den Kurs bis zum Ende durch, nicht jeder schafft die Prüfung auf Anhieb.
70 Prozent der Asylsuchenden erhalten ein Aufenthaltsrecht
Noch kann der Bedarf mit einer Wartezeit von bis zu drei Monaten gedeckt werden, erklärt Stark. Aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat sich vorgenommen, bis Ende des Jahres sämtliche offenen Asylanträge zu bearbeiten. Der Pressesprecher des Landratsamtes, Birger Nemitz, schätzt, dass um die 70 Prozent der Asylsuchenden ein Aufenthaltsrecht und damit auch das Recht auf einen Sprachkurs erhalten dürften.
Der Bedarf an offiziellen Sprach- und Integrationskursen im Landkreis Miesbach liegt demnach insgesamt bei rund 700 Plätzen. Die steigenden Anerkennungsquoten lassen erwarten, dass die augenblickliche Situation nicht so entspannt bleiben wird. Einige Flüchtlinge werden den Landkreis verlassen, sofern ihnen das nach dem neuen Integrationsgesetz noch erlaubt ist. Die anderen aber müssen warten, bis sie einen Kursplatz bekommen. Ein bis zwei Jahre, wenn es bei den jetzigen Kursangeboten bleibt.
Es fehlt an geeigneten Räumen
Die können allerdings nicht ohne weiteres erweitert werden. Es fehlt an geeigneten Räumen – das BAMF schreibt mindestens 1,5 Quadratmeter Platz pro Schüler, eine weiße Tafel und Toiletten vor. Doch es fehlt auch und vor allem an Lehrern, die den Anforderungen des BAMF genügen.
Wenn man nicht über die fachlichen und pädagogischen Examina verfügt, wie sie etwa ein Gymnasiallehrer hat, muss man das Zertifikat „Deutsch als Fremdsprache“ oder „Deutsch als Zweitsprache“ vorweisen oder eine längere entsprechende Zusatzausbildung absolvieren.
23 Euro pro Unterrichtseinheit erhält man als freier Mitarbeiter ohne Sozialleistungen. Für diese Summe werden sich viele potentielle Lehrer gründlich überlegen, ob sie den Weg wirklich beschreiten wollen.
Auch für den Träger der Kursen ist es finanziell nicht einfach. Pro Schüler und Unterrichtsstunde zahlt das BAMF 3,10 Euro. Davon müssen Lehrer, Raummiete und Nebenkosten bezahlt werden. „Es gibt keine Landkreisdeckung, nichts“, beschreibt Anna Stark die Situation. Trotz allem bleibt sie zuversichtlich. Bis jetzt hatte sie auch keine Schwierigkeiten, Räume und Lehrer zu finden.
Lehrer sind Mangelware
Petra Winklmair zeichnet ein anderes Bild. Sie ist Asylsozialberaterin im Münchner Verein „Hilfe von Mensch zu Mensch“. Der bietet schon seit vielen Jahren Sprachkurse an, im Landkreis Miesbach derzeit aber nur einen. Ein zusätzlicher Kurs soll nun dazukommen.
Was den Unterrichtsraum betrifft, ist Winklmair endlich fündig geworden, möchte aber noch nicht verraten, wo. Nicht, dass ihr den noch jemand anderer wegschnappt. Aber Lehrer für den neuen Kurs sucht sie bislang vergebens.
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