Erfahrungen austauschen, rechtliche Bestimmungen aufzeigen und den Bedarf an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund herausfinden, darum ging es bei der Informationsveranstaltung am Montag Abend im Hotel Egerner Höfe in Rottach-Egern. Das Zusammentreffen wurde vom Förderverein des „Paktes für Integration und Arbeit“, kurz PIA, organisiert.
Max Niedermeier, Vorsitzender des Vereins, eröffnete den Abend und sprach zu den gut zwanzig anwesenden Unternehmern, die teilweise aus der Hotellerie, Pflege- und Backwarenbranche kommen. Erst im Frühjahr sei der Verein gegründet worden, erklärte Niedermeier. Dabei wolle man Flüchtlinge „in Lohn und Brot bringen“, und dafür brauche es die Unterstützung aller wichtigen Institutionen im Landkreis Miesbach – dazu gehören auch die Unternehmer.
Flüchtlinge in “Lohn und Brot” bringen
Welch große Aufgabe man sich gesetzt habe, Asylbewerber zu qualifizieren und in ein Arbeitsverhältnis zu bringen, sei ihm durchaus bewusst, so Niedermeier. Allerdings sei eine gute Integration der Grundstein für sozialen Frieden und für dieses Ziel lohne sich das Engagement, so der Vorsitzende.
Franz Lutje, Zweiter Vorsitzender des Vereins und einer der Holzkirchner Integrationsbeauftragten, drückte es deutlicher aus:
Jeder Flüchtling, der Arbeit hat, macht keinen Ärger oder liegt dem Staat auf der Tasche. Deswegen gibt es PIA. Eine Win-Win-Situation für alle.
Man arbeite eng mit dem Arbeitsamt zusammen, so Niedermeier. Auf Initiative des Vereins sei sogar eine eigene Internet-Jobbörse für Flüchtlinge entstanden. Inzwischen habe aber das Arbeitsamt diese Aufgabe übernommen. „Wir als Verein sind mittlerweile eher Netzwerker“, erklärte er. Und mit „Netzwerken“ meint Niedermeier Dinge wie: Kontakte zu Behörden und Institutionen knüpfen, Gespräche führen, Informationsabende organisieren, Asyl-Lernwerkstätten mit Fachlehrern unterstützen oder Akquise betreiben.
Hilfe zur Qualifikation
Dabei ist der Ablauf für Flüchtlinge als Arbeitnehmer immer gleich: Bevor Asylbewerber eine qualifizierte Arbeit beginnen können, werden vom Bundesamt für Migration zunächst deren persönliche Fähigkeiten abgefragt. Reichen diese nicht aus, stehen die Chancen auf einen Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsplatz schlecht. PIA hilft bei der Umsetzung der Maßnahmen, damit fehlende Qualifikationen ausgeglichen werden.
1.000 Flüchtlinge leben derzeit im Landkreis Miesbach. Aber in welchen Unternehmen kann man sie unterbringen? Wo ist Bedarf? Andrea Steinberg-Schmid, ehemalige Personalverantwortliche bei BMW und ebenfalls in der Vorstandschaft von PIA sowie im Helferkreis Valley tätig, weist auf Einstellungsalternativen hin.
Die könne der Arbeitgeber beim Jobcenter und der Agentur für Arbeit erfragen. Ihr Tipp: Eine Einstiegsqualifizierung, die bezuschusst wird. Diese laufe über ein halbes Jahr und kann als Übergang in ein Ausbildungsverhältnis in Anspruch genommen werden, weiß Steinberg-Schmid.
Was wollen Asylbewerber?
Eine Umfrage in den siebzehn Helferkreisen ergab, dass dreißig Prozent der befragten Asylbewerber gerne im Gastronomie- oder Handwerksbereich arbeiten würden. Zehn Prozent im Gesundheitswesen, im kaufmännischen Bereich oder in der IT-Branche. Viele hätten den Druck von den Heimatfamilien, Geld zu schicken, berichtet Steinberg-Schmid.
Die Flüchtlinge wollen und müssen Geld verdienen.
Viele Flüchtlinge hätten Beschäftigungen mit einem 16-Stunden-Tag, Arbeit am Samstag und Sonntag seien keine Seltenheit. Einen Asylbewerber müsse man aber langsam an den Beruf heranführen, so Lutje. Viele der Geflüchteten hätten keine Ausbildung, seien auf ihrer Flucht geschlagen oder eingesperrt worden. Manchmal sei es vielleicht schwierig, sie zu begreifen, fügt er hinzu, aber Geduld mache vieles leichter.
Andere Länder, andere Sitten
Wieviel Geduld man aufbringen muss, weiß auch eine Teilnehmerin aus der Pflegebranche zu berichten. Ein von ihr eingestellter Syrer erschien eines Morgens nicht zur Arbeit. Als sie ihn fragte, warum er denn nicht gekommen sei, antwortete er: „Weil es geregnet hat.“
PIA-Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Dr. Jürgen Brenner erklärt, dass jede Beschäftigung eines Asylbewerbers von der Ausländerbehörde genehmigt werden müsse. Hat ein Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis, kann er sich selbst in den Arbeitsmarkt einbringen. Hat er keine, gilt eine Wartezeit von drei Monaten ab Asylantrag, bevor er ein Praktikum beginnen kann, das meist nur acht Tage oder zwei Wochen andauert. Danach könne er eine Ausbildung beginnen, so Brenner.
Neues Integrationsgesetz garantiert fünf Jahre Sicherheit
Ein neues Integrationsgesetz, das erst seit 10. August gilt, besagt, dass jeder Asylbewerber für die Dauer seiner Ausbildung von bis zu drei Jahren im Land geduldet wird. Plus zwei Jahre Arbeitspraxis im Anschluss. Für Brenner garantiert das Planbarkeit und Rechtssicherheit – unter anderem auch für die Arbeitgeber.
Selbst abgelehnte Asylbewerber haben nach neuem Recht Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn sie einen Arbeitsplatz oder eine Ausbildungsstätte vorweisen können. Dieses Gesetz gibt den Arbeitgebern jetzt die Sicherheit, dass der Asylbewerber für die Dauer seiner Ausbildung bleibt und nicht vorher abgeschoben wird. Bis dato war ein nicht genehmigter Asylantrag für manchen Unternehmer ein klares Einstellungshindernis.
„Für eine Einstellung setze ich eine sprachliche Qualifikation voraus. Bei mir im Gesundheitsbereich ist das gerade deshalb so wichtig, weil Medikamente nicht verwechselt werden dürfen.“ Der Unternehmer, der sich kurz vor Ende noch zu Wort meldet, spricht von positiven Erfahrungen mit Asylbewerbern. Zwei Drittel seien motiviert, berichtet er. Wichtig sei, nicht den eigenen Leistungsdruck auf die Asylbewerber zu übertragen. Rückschläge müsse man in Kauf nehmen. Hier gelte ein anderes Auswahlkriterium, so der Mann.
Für eine andere Teilnehmerin, die in der Hotelbranche tätig ist, zählt ebenfalls die Beherrschung der deutschen Sprache zum wichtigsten Einstellungskriterium: “Kommunikation ist das A und O. Genauso wie ein sicheres Auftreten. Aber was vor allem wichtig ist: Deutsch. Deutsch. Deutsch.”
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