Bereits als 14-Jährige fuhr Viktoria Rebensburg gegen internationale Konkurrenz. Ihren ersten Sieg als deutsche Meisterin im Super-G sicherte sie sich dann zwei Jahre später, im Alter von 16 Jahren. Mit zu ihrer stärksten Disziplin zählt der Riesenslalom, in dem sie sich bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi Platz drei erkämpfte.
Erst kürzlich belegte sie im Riesenslalom den zweiten Platz bei der Ski-Weltmeisterschaft 2015 in Vail und gewann damit ihre erste Medaille bei einer Weltmeisterschaft. Die Tegernseer Stimme sprach mit der Kreuther Skirennläuferin über Sieg und Niederlage, über Disziplin und Leidenschaft.
Entwicklung in den Speed-Disziplinen
Tegernseer Stimme: Wie hast du die Eröffnungsfeier der 43. Alpinen Ski-WM erlebt und was ist das Besondere an solchen Großevents?
Viktoria Rebensburg: Da für die Damen gleich am Dienstag mit dem Super-G das erste Rennen auf dem Programm stand, haben wir nur unsere Jungs zur Eröffnungsfeier geschickt und waren selber früh im Bett. Das ist aber nicht weiter tragisch. Das besondere Flair einer solchen WM kriegt man auch im Anschluss mit. Es ist immer etwas Besonderes, wenn Damen- und Herren-Wettbewerbe an einem Ort ausgetragen werden, was im Weltcup nur selten der Fall ist. Das Interesse der Fans ist einfach nochmal größer. Ich habe die Stimmung und die positive Atmosphäre sehr genossen. Das Skigebiet in Vail und Beaver Creek ist ein Traum und die Organisation und die Unterbringung waren top. Auch, dass es am Ende um Medaillen und nicht „nur“ um einen Podestplatz und Punkte geht, macht einen zusätzlichen Reiz der Großereignisse aus.
Tegernseer Stimme: Mit dem Super-G der Damen ist die erste Entscheidung in Vail gefallen. Wie bewertest du deinen fünften Rang im Auftaktrennen? Wie siehst du in dieser Disziplin deine weitere Entwicklung?
Viktoria Rebensburg: Ich war mit diesem ersten Auftritt bei der WM sehr zufrieden. Abgesehen von einem geringfügigen Verbesserungspotenzial im oberen Teil ist mir ein sehr guter Lauf gelungen. Es war schade, dass es am Ende nicht für’s Podest gereicht hat. Wichtig und schön ist für mich die Gesamtentwicklung in den Speed-Disziplinen. Ich bin im Super-G und der Abfahrt in dieser Saison konstant vorne dabei, unabhängig von Schneeverhältnissen und Hängen.
Tegernseer Stimme: Es wird oft behauptet, dass der Schnee in Nordamerika ein ganz anderer ist als in den Alpen. Stimmt das und was macht die Besonderheit aus?
Viktoria Rebensburg: Ja, das stimmt. Das Skigebiet in Vail liegt sehr hoch, es ist relativ gleichmäßig kalt und der Schnee an sich ist dadurch viel trockener und pulvriger als der in unseren Alpen. Dadurch fährt es sich ganz anders, man bekommt eine unmittelbare Rückmeldung. Ich habe manchmal auch die Formulierung „der Schnee ist aggressiver“ zur Beschreibung dafür gebraucht. Diesen Unterschied merkt auch ein Freizeitsportler, der hier sicherlich ebenfalls großen Spaß hat, weil der Schnee durch seine Beschaffenheit einfacher zu fahren ist. Hier fühlt sich jeder wie ein Profi!
Tegernseer Stimme: Neben Abfahrt und Super-G gilt der Riesenslalom nach wie vor als deine stärkste Disziplin. Was genau macht den Reiz bei dieser Disziplin für dich aus?
Viktoria Rebensburg: Der Riesenslalom ist ganz klar meine Spezialdisziplin, weil ich damit in den Leistungssport eingestiegen bin. Ich habe ein gewisses Talent mitgebracht und war sehr früh sehr erfolgreich darin. Bis heute ist diese Disziplin für mich deshalb die Basis für alles andere, hier zähle ich seit meinem Olympiasieg in Vancouver stabil zu den besten Fahrerinnen der Welt. Dank des Materialwechsels und sicherlich auch bedingt durch die inzwischen einfach größere Erfahrung konnte ich in dieser Saison aber auch in Abfahrt und Super-G konstant gute Leistungen erzielen. Deshalb macht mir vor allem die Abfahrt, wo es noch um einen Podestplatz im Disziplinen-Weltcup geht, gerade auch sehr viel Spaß!
Neue Skier – neues Glück
Tegernseer Stimme: Seit dieser Saison hast du ja auch neue Ski: Du bist von Nordica zu Stöckli gewechselt. Welches Fazit ziehst du seitdem für die Speed-Disziplinen?
Viktoria Rebensburg: Ich habe nach zehn Jahren zu einem neuen Ausrüster gewechselt. Das bedeutet neues Material, neues Team und viele Tests, um das optimale Zusammenspiel aller Komponenten zu finden. In den schnellen Disziplinen habe ich mich mit den neuen Skiern von Beginn an sehr wohl gefühlt, im Riesenslalom hat sich die Abstimmung schwieriger gestaltet. Das Team hat mir deshalb für die WM nochmals komplett neue Riesenslalomski gebaut und damit das Problem gelöst, dass ich nicht die gesamte Kraft auf den Ski übertragen konnte. Die neuen ziehen ganz anders in die Kurve rein, ich kann kleinere Radien fahren und das Gefühl stimmt wieder. Der Unterschied ist, denke ich, für alle sichtbar und ich bin sehr zuversichtlich, was die restliche Saison und die weitere Zukunft betrifft!
Tegernseer Stimme: Bei der Disziplin Riesenslalom hast du dann in Maribor mit nur 4 Hundertstelsekunden den Sieg verpasst. Freude und Enttäuschung liegen da nahe beieinander. Wie hast du diesen Moment erlebt?
Viktoria Rebensburg: Mein klares Ziel für diese Saison ist, mit den neuen Ski einmal im Riesenslalom ganz oben zu stehen. Aber nach den bisherigen Weltcup-Ergebnissen in dieser Disziplin bin ich mit meinem zweiten Platz sehr zufrieden. Auf den letzten Metern im zweiten Lauf hat sich bei mir vielleicht doch die Erkältung der Vorwoche bemerkbar gemacht, sodass mir ein bisschen Aggressivität gefehlt hat. Anna ist dagegen im letzten Teil sehr stark gefahren und hatte damit am Ende einfach die vier Hundertstel auf ihrer Seite.
Tegernseer Stimme: Nach dem Rücktritt von Maria Höfl-Riesch ruhten die Medaillenhoffnungen bei den deutschen Damen vor allem auf dir. War der Druck bei dieser WM deshalb besonders hoch?
Viktoria Rebensburg: Richtig ist, dass vor allem im Slalom momentan keine der deutschen Fahrerinnen vorne mitfahren kann. Ich denke aber, solche Umbruchphasen gibt es immer wieder. Die Mädels, die nachkommen, sind gut dabei, aber brauchen einfach noch etwas Zeit. Ich selber habe dadurch rein auf die Rennen in der WM und im Weltcup keinen größeren Druck empfunden. Klar, konzentriert sich das Medieninteresse jetzt viel mehr auf mich, aber das ist ja nicht von heute auf morgen passiert. Ich konnte mich nach und nach daran gewöhnen und in die neuen Aufgaben reinwachsen. Im Starthäuschen macht es keinen Unterschied, da kann ich alles um mich rum ausblenden. Früher wie heute ist es am Ende meine eigene Erwartungshaltung, die am höchsten ist und an der ich mich messe.
Tegernseer Stimme: Vor zwei Wochen war der Skicross-Weltcup am Tegernsee, in deiner Heimat. Hast du etwas von dem Event mitbekommen?
Viktoria Rebensburg: Bei mir stand am Samstag ja selber ein Weltcup-Rennen in Slowenien auf dem Programm, sodass ich mich natürlich vor allem darauf konzentriert habe. Aber in der Ski-Szene kennt man sich und ich habe nach meiner Rückkehr detaillierte Berichte bekommen. Ich denke, dass der Weltcup vor der eigenen Haustür für alle ein besonderes Erlebnis war und alle die Tage am Oedberg sehr genossen haben. Dass bei den Jungs dabei auch noch ein zweiter Platz herausgesprungen ist, ist natürlich super und ich bin sicher, dass ordentlich gefeiert wurde.
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