Mit dem Ende dieses Jahres endet auch die Ära Georg Overs. 2016 übernimmt der derzeitige Geschäftsführer der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH, Stephan Köhl den Chefposten der TTT. Overs nannte vier bleibende Herausforderungen, mit denen sich sein Nachfolger auseinandersetzen muss. Wir haben Stephan Köhl gefragt, wie er diese Aufgaben anpacken will.
1. Schwindendes Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten
Als dringendes Problem sieht Overs den Bettenschwund im Tal. Die Entwicklung zeige deutlich, dass immer mehr Betten vom Markt gehen, erklärt Overs. Hinzu komme außerdem, dass die Stadt München immer neue Übernachtungsmöglichkeiten bietet. Bis Ende 2018 werden in der Hauptstadt rund 8.700 neue Betten erwartet. Overs appelliert daher dingend, neue Betten im Tal zu schaffen.
Stephan Köhl: „Den Appell von Overs kann ich nur bekräftigen. Wir müssen vor allem dafür sorgen, dass nicht nur neue Betten bei den Bestandsgastgebern entstehen, sondern auch neue Häuser gebaut werden. Am Beispiel des Lanserhofs kann man sehen, wie erfolgreich ein neues Marketingkonzept mit einer neuen Zielgruppe sein kann.
Es gilt aber weiterhin, die bestehenden Übernachtungsmöglichkeiten – egal innerhalb welcher Sternenkategorie – zu fördern. Dies kann entweder durch bauliche Erweiterungen oder Renovierungen umgesetzt werden. Hier gilt es vor allem, die Betriebe durch entsprechende Marketingmaßnahmen oder durch Fördermittel zu unterstützen.“
2. Mobilität
Als weitere bleibende Herausforderung nennt Overs das Thema Mobilität. Hierbei spricht er die Probleme der öffentlichen Verkehrsmittel, vor allem aber die Zugverbindung und den Wochenendverkehr an. Konkrete Lösungsideen, wie Carsharing, gibt es zwar, doch die Umsetzung lässt auf sich warten.
Stephan Köhl: „Mobilität ist sicherlich ein herausforderndes Thema. Darüber haben wir schon viel gesprochen und es wurde schon viel ausprobiert. Der Lösungsansatz ‚Carsharing‘ ist
fragwürdig, wie und ob er auf dem Land funktionieren kann. In Städten hat es sich bewährt. Nun muss man herausfinden, wie es sich für das Tal rentabel gestalten lässt.
Das Problem der Mobilität gibt es im Tegernseer Tal seit Jahrzehnten. Dieses zu lösen dauert sicherlich auch seine Zeit. Vorerst möchte ich mir ein Bild von der Situation vor Ort machen. Ich bitte daher um etwas Geduld.“
3. Tagestourismus
Auch wenn es das langfristige Ziel ist, Touristen längerfristig im Tal zu halten, sieht Overs den Tagestourismus als großen Nutzen. Er soll auch weiterhin gefördert werden. Welche Richtung möchten Sie in Zukunft einschlagen?
Stephan Köhl: “Hier schließe ich mich Herrn Overs durchaus an. Die Tagestouristen bringen vor allem für den Handel und für Gasthöfe eine intensive Wertschöpfung. Doch überwiegend wollen wir unsere Marketingmittel für Übernachtungsgäste einsetzten. Daher werden wir nicht aggressiv in München werben, sondern entfernte Gebiete als Zielort bewerben. Hier kann ich mir durchaus Gäste aus Stuttgart oder aus dem Rheinland vorstellen, die für mehrere Tage Urlaub im Tal machen.
In den Tagestouristen steckt durchaus das Potenzial, auch längerfristig im Tal zu bleiben. Hier sollen bestimmte Marketingstrategien die Besucher überzeugen, über Nacht zu bleiben. Beispielsweise kann man den Besuchern durch Werbemittel, Plakate oder den Medien unsere Übernachtungsangebote direkt vor Augen zu führen, wenn sie sich im Tal befinden.”
4. Deutschlandorientierter Tourismus
Der jetzige Geschäftsführer sieht es als problematisch, dass das Tal hinsichtlich seines Tourismus sehr deutschlandorientiert ist. Immer noch weit über 90 Prozent sind deutsche Gäste. Ausländische Marktführer sind die Nachbarländer Schweiz, Italien und die Niederlande. Auch wenn Deutschland ein günstiger Markt zum Bewerben sei, plädiert Overs dazu, das Zielgebiet auszuweiten.
Stephan Köhl: “Mir persönlich sind die deutschen Gäste sehr lieb. Es hat sich in Krisenjahren, wie 2009 und 2010 gezeigt, dass man sich touristisch gesehen auf die deutschen Gäste verlassen kann. Sie tragen das hohe Potenzial, zu Stammgästen zu werden. Aber Wachstum schafft man dadurch, dass man auch andere Gebiete anspricht.
Ich sehe großes touristisches Potenzial in Urlaubsgästen aus der Schweiz oder aus Norditalien. Aber auch die Benelux-Länder, wie Luxemburg oder Belgien, sind ein spannender Markt. Im Auslandsmarketing sollten wir uns auf westeuropäische Länder konzentrieren, nicht auf Exoten, wie Russland. Dabei spielt der Wechselkurs oder andere Faktoren immer eine entschiedene Rolle. Sich international zu etablieren dauert mehrere Jahre, wir sind aber auf einem guten Weg.”
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