“Wer trickst, muss bestraft werden”

Jeden Tag etwas Neues. Die Hiobsbotschaften im Fifa-Skandal um gekaufte Stimmen zur Weltmeisterschaftsvergabe 2006 reißen nicht ab. Mehr noch: Sie lassen das Sommermärchen in einem völlig neuen Licht erscheinen. Doch was sagen eigentlich die Vertreter des Breitensports zu den Verstrickungen von Blatter, Beckenbauer und Niersbach? Die TS hat bei den Vereinen im Tegernseer Tal nachgefragt.

Macht die FIFA-Afffäre das Image des Fußballs kaputt?
Derby zwischen Bad Wiessee und Tegernsee: Hier sind die Affären der Funktionäre ganz weit weg.

Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Das Sommermärchen 2006 in Deutschland konnte nur deswegen stattfinden, weil prominente Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußballbundes (DFB) vier Fifa-Funktionäre aus dem Exekutivkomitee gekauft haben sollen. Das offenbarte eine Recherche des SPIEGEL-Magazins. Von da an nahm die Affäre an Fahrt auf. Scheibchenweise gelangten immer mehr unschöne Nachrichten an die Öffentlichkeit. Es geht um Schwarzgeld, ominöse Zahlungen, Intransparenz und einen erheblichen Imageschaden – Stoff, aus dem sonst Hollywood-Streifen gemacht sind.

Die Verunsicherung bei den Fans ist groß, insbesondere weil die Vorbereitungen für die Europameisterschaft 2016 auf Hochtouren laufen. Doch nicht nur sie, auch die Verantwortlichen der örtlichen Vereine machen sich so ihre Gedanken, welche Auswirkungen die Negativ-Schlagzeilen für den Fußball als Breitensport hat.

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Klare Worte findet Rudolf Geidner, erster Vorstand des TV 1888 Tegernsee. Ihn ärgert die Diskrepanz zwischen denen “da oben” und der Basis: „Der Skandal beschädigt das Engagement der Ehrenamtlichen. Diese Leute leisten einen tollen Job für gar nicht bis wenig Geld. Sie stehen zwei- bis dreimal auf dem Platz und fahren den Nachwuchs zu den Spielen. Und weil das Geld trotzdem nicht reicht, sind wir zusätzlich mit Ständen auf dem Weihnachtsmarkt vertreten.“

“Es war eine wirklich tolle WM”

Die Art und Weise, wie sich Ex-Fifa-Boss Blatter jahrelange bereichert hat, bewertet der Tegernseer Vereinspräsident als „scham- und charakterlos“. Und weiter: „Dass da oben aufgeräumt wird, finde ich gut.“ Dennoch ist er der Ansicht, dass man mit Blick auf die Spiele in Deutschland nicht zu tief in der Vergangenheit rühren sollte. „Keine Frage, wer getrickst hat, muss bestraft werden. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass es eine wirklich tolle WM gewesen ist. Ich persönlich finde, dass man es nicht zulassen sollte, dass der sportliche Aspekt dieser Spiele minimiert wird.“

Keine Auswirkungen habe die Affäre dagegen im Hobbyfußball. „Bei uns läuft alles wie gehabt weiter.“ Das betrifft auch das finanzielle Engagement durch Werbepartner. „Auflagen oder ähnliches gibt es nicht. Es handelt sich um lokale Sponsoren, die uns kennen und sehr genau wissen, wo das Geld hinfließt“, sagt Rudolf Geidner.

Dieser Meinung können sich seine Vorstandskollegen, Thomas Erler vom TSV Bad Wiessee, und Toni Erlacher, Präsident beim FC Rottach, nur anschließen. „Die Sponsoren sind ortsverbunden. Da gibt es keine Probleme“, sagt Thomas Erler. Aber auch sonst sei die leidige Affäre nicht das Tagesthema Nummer eins beim Vorstand und seinen Mitgliedern. „Es gibt so viel anderes, das es vor Ort zu lösen gilt, beispielsweise die Trainergewinnung und Organisatorisches. Außerhalb des Alltagsgeschäfts nehme ich die Entwicklungen zwar wahr und verfolge sie in den Medien, mehr aber auch nicht“, so Erler weiter.

“Europa – die Insel der Glückseeligen”

Von den Dimensionen des Skandals, räumt er ein, sei er dennoch überrascht gewesen. „Wenn etwas nicht rechtens war, muss es aufgeklärt werden.“ Trotzdem sieht er den deutschen Spitzenfußball und die damit verbundenen Korruptionsvorwürfe auch ganz nüchtern: „Wenn man das in ein Verhältnis setzt mit den Zuständen in Mittel- und Südamerika, befinden wir uns doch noch relativ auf einer Insel der Glückseeligen“, sagt Thomas Erler.

Einer der Gründe, warum die Korruptionsaffäre nicht wirklich die örtlichen Vereine tangiert, ist die Diskrepanz zwischen Spitzen- und Breitensport: „Die Fifa ist ein Gremium, das weit entfernt von uns agiert“, sagt Toni Erlacher. „In Sachen Aufklärung kann ich nur sagen: Die Landesverbände arbeiten gut zusammen. Alles ist in Bewegung und wird aufgearbeitet.“

Eine klare Trennung zieht auch Max Breunig, Vorstandschef beim FC Real Kreuth. „Die Fakten entnehme ich der Presse. Das tue ich aber als Privatmann. Unseren Vorstand und die Spieler beschäftigt der DFB-Skandal nicht weiter.“ Die Freude am Fußball lasse er sich aber schon aus Prinzip nicht nehmen. Das nächste große Turnier steht mit der EM in Frankreich quasi schon vor der Tür. Und Breunig wird sie als Fan begleiten. „Ich werde auch weiterhin mit der deutschen Mannschaft mitfiebern.“

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