Wie sicher ist die Technik?

Gestern ereignete sich eines der schlimmsten Zugunglücke Bayerns. Die Suche nach der Ursache hat längst begonnen. Eine automatische Bremssicherung hätte die beiden Züge eigentlich stoppen sollen. Doch wie genau funktioniert dieses Sicherungssystem und gibt es Alternativen?

Signale Bahnhof Tegernsee (3)
Jeder Bahnhof ist mit Einfahrts- und Ausfahrtsignalen ausgestattet. Hier zeigt das rote Signal „Stop“

Der Schock über das schwere Zugunglück hält immer noch an. Zwei Züge des Meridian kollidierten gestern Morgen auf eingleisiger Strecke zwischen Bad Aibling und Kolbermoor. Zehn Menschen kamen dabei ums Leben. Rund 80 wurden verletzt. Laut Polizei wird keiner mehr vermisst. Jetzt richtet sich der Fokus auf die Ursachenforschung.

Menschliches Versagen?

Inzwischen kamen Spekulationen auf, menschliches Versagen sei für die Katastrophe verantwortlich zu machen. Das kann die Bundespolizei derzeit aber noch nicht bestätigen. Die Ermittlungen dauern an und können sich noch Tage, sogar Wochen hinziehen, heißt es.

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Die 37 Kilometer lange Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim verläuft ab Bad Aibling Richtung Osten eingleisig. Dieser Teilabschnitt ist mit der sogenannten „Punktförmigen Zugbeeinflussung“ (PZB) ausgestattet. Dieses automatische Bremssystem soll verhindern, dass zwei Züge frontal zusammenstoßen.

An den Schienen befindet sich auf Höhe eines Hauptsignals ein Magnet. Dieser Magnet ist mit dem Hauptsignal verbunden und erkennt durch eine entsprechende Frequenz, ob das Signal auf grün „freie Fahrt“, grün-gelb „langsam fahren“ oder auf rot „Stop“ geschaltet ist. Sobald ein Zug diesen Magnetpunkt überfährt, wird über einen Magneten am Zug ein Signal bis in die Lokführerkabine geleitet. Heino Seeger, Geschäftsführer der Tegernsee Bahn, erklärt:

Übersieht ein Zugführer ein Signal, greift das PZB nur dann ein, wenn das Hauptsignal auf rot steht. Dann leitet es eine automatische Bremsung des Zuges ein.

Laut Seeger bestehe auch die Möglichkeit, dass der Lokführer das PBZ manuell außer Kraft setzt, beziehungsweise die Bremswirkung manuell. „Im Falle einer Signalstörung kann der Fahrdienstleiter im jeweiligen Stellwerk ein Ersatzsignal an den Lokführer schicken. Dies geschieht schriftlich und ist in der Regel absolute Ausnahme“, so der Geschäftsführer weiter. In einem solchen Fall kann der Zugführer das automatische Bremssystem außer Kraft setzten und weiter fahren.

RCAS in Entwicklung

Das System der Punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) wurde bereits in den 30er Jahren entwickelt. Trotz des verheerenden Unglücks im Oberland schätzt Seeger das Bremssystem als fahrtüchtig ein. Aber der Mensch habe hier letztlich immer noch die Kontrolle über das technische System, so Seeger.

Um menschliche Fehler auszuschließen, müsse man die Sicherheit zu hundert Prozent technisieren, meint der Tegernsee Bahn Geschäftsführer. Ein neuartiges System sei bereits in Forschung, erklärt Seeger. Das sogenannte Railway Collision Avoidance System (rcas), entwickelt von Wissenschaftlern des Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Seeger erklärt:

Ursprünglich wurde dieses Korrespondenzsystem für die Raumfahrttechnik entwickelt. Heute nutzt man es bereits im Schiffverkehr. Derzeit läuft das Forschungsprojekt noch für den Zugverkehr. Hierbei korrespondieren zwei Züge durch Multisensorik-Technik.

Vor rund drei Jahren testete Heino Seeger noch als BOB-Chef das rcas auch bei den BOB-Integralen, die zwischen Holzkirchen und dem Oberland auch eingleisiges Schienennetz nutzen. Damals habe alles funktioniert, meint Seeger.

Egal ob menschliches oder technisches Versagen: theoretisch könne ein derartiges Unglück auf allen eingleisigen Strecken passieren, urteilt Seeger abschließend, so auch auf der Bahnstrecke zwischen Schaftlach und Tegernsee. Ab Holzkirchen Richtung Tegernsee verläuft das Schienennetz eingleisig. Diese Strecke ist sicherheitstechnisch genau wie die Unfallstrecke mit dem PBZ ausgerüstet und birgt daher auch die entsprechenden Gefahren.

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