Julia Strelow findet es nach wie vor schade, dass Sie das letzte Kino im Tal aufgeben muss. „Und ich weiß, dass viele das genauso sehen“, meint Strelow. Daher hat sich die Betreiberin mit dem Wirtschaftsministerium in Kontakt gesetzt.
Unterstützung rechtlich möglich
Dabei wollte Sie wissen, ob die Gemeinden generell keinen Gewerbebetrieb unterstützen könnten. Die Antwort, die sie nach ihren Recherchen bekommen hat, scheint eindeutig. „Wenn man will, darf man auch“, wurde ihr nach ihren eigenen Angaben mitgeteilt.
Begründet wird dies etwa mit Standortförderung oder Daseinsfürsorge. Rechtlich wäre eine solche Unterstützung also durchaus möglich gewesen, sagt Strelow. In der Praxis wird das beispielsweise in Rottach-Egern auch gemacht. Hier unterstützt die Gemeinde, allerdings klar zeitlich begrenzt, das örtliche Theater.
Allerdings hatten die Bürgermeister neben rechtlichen Bedenken auch andere Gründe ins Feld geführt, wie etwa das mangelnde wirtschaftliche Konzept. Strelow gibt daher auch zu, dass ihre Aufgabe nicht nur aufgrund der mangelnden Unterstützung der Gemeinden zustande kam. „Ich gebe auf wegen totaler Erschöpfung und fehlender Perspektive“, so die bisherige Betreiberin.
Ursprünglicher Artikel vom 22. Februar 2016 mit der Überschrift: „Gemeinden wollen nicht auf Dauer zahlen“
Letzte Vorstellung, Vorhang zu: Am Tegernsee wird es schon bald kein Kino mehr geben. Der Tegernseer und Kreuther Bürgermeister bedauern diese Entwicklung ebenso wie der Rottacher Filmpreisträger Henric L. Würmeling. Doch die Forderung nach finanzieller Unterstützung weisen sie zurück.
Er finde es sehr schade, dass das letzte Kino schließe, bedauert Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU), “Frau Strelow hätte es wirklich verdient, dass ihr großer Einsatz belohnt wird“. Doch Hagn stellt auch klar, dass er Strelows Forderungen nach öffentlichen Mitteln nicht folgen kann. In der jetzigen Form könne man ihr Kino wohl nicht retten. Wenn man das Lichtspielhaus retten wollte, müsse über die Miete gesprochen werden, wie hoch diese tatsächlich sei und ob es Verhandlungsspielraum gebe.
Hagn gibt auch zu bedenken, dass das Kino in die Jahre gekommen sei, die technische Ausstattung sowie die Bestuhlung müssten den heutigen hohen Ansprüchen angepasst werden. „Ob das Kino als Programmkino, ohne sogenannte Blockbuster, eine Chance hat, darf bezweifelt werden, die Nachfrage ist wohl nicht sehr groß“, wendet Hagn ein. Ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept müsste vom Betreiber kommen, der sich auch über die Ausrichtung Gedanken machen müsse.
„Gewerbebetrieb Kino“
„Die Stadt Tegernsee hat Frau Strelow nach Kräften unterstützt. Ich habe ihr auch geraten, sich mit der Standort Marketing Gesellschaft (SMG) in Verbindung zu setzen, um hier mögliche Kooperationspartner zu finden“, erklärt Rathauschef Hagn. „Ob sie das getan hat, und ob sie sich externe Hilfe geholt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Nur auf die Gemeinden loszugehen ist zu kurz gesprungen“. Strelow hatte in ihrem offenen Brief den Gemeinden vorgeworfen, ihr offizieller Antrag auf Unterstützung durch die Gemeinden sei durch die Bank mit dem Totschlagargument „Gewerbebetrieb“ abgeschmettert worden.
„Wenn dieses Kino mit seinem wirklich anspruchsvollen Programm mit einer Kneipe, Drogerie, und ähnlichem gleichgesetzt wird, dann muss man sich nicht wundern, wenn der Betreiber irgendwann total kaputt das Handtuch wirft“, wetterte Strelow am Wochenende. Hagn entgegnet ihr nun: „Man kann natürlich trefflich darüber streiten, ob Kinos nicht auch förderungswürdige Kultureinrichtungen sein können, die Diskussion müsste dann aber für alle Kinos in Bayern geführt werden – sie führt also nicht zum Ziel“.
Hagn fragt sich, mit welcher „Begründung hier die Allgemeinheit einspringen soll?“. Denn das Kino sei ursprünglich im Eigentum der Betreiber gewesen. Diese hätten es verkauft, um ihre privaten Belange abdecken zu können. „Es stellt sich schon die Frage, ob die finanziellen Probleme nicht hausgemacht sind?“, moniert Hagn. „Fakt ist daher, dass das Kino in der jetzigen Form wohl wirtschaftlich nicht überlebensfähig zu sein scheint. Eine dauerhafte Bezuschussung, woher auch immer, halte ich für nicht tragbar, da wir die Probleme nur in die Zukunft schieben“.
„Bürger jammern immer zu spät“
Ähnlich äußert sich auch Josef Bierschneider (CSU). Auch sein Gemeinderat habe sich mit der Anfrage von Frau Strelow befasst, das Kino zu bezuschussen. „Letztendlich haben wir ihr aber keine Zusage geben können, weil es haushaltsrechtlich äußerst problematisch ist, dauerhafte Zuwendungen an einen gewerblichen Betrieb zu geben“, so Kreuths Bürgermeister gegenüber der Tegernseer Stimme. Deshalb habe man Frau Strelow zum einen empfohlen, die Gründung eines Fördervereins anzustoßen.
„Zum anderen haben wir ihr zugesagt, dass wir gerne unser gemeindliches Mitteilungsblatt für Berichterstattung über das Kino zur Verfügung stellen, um das Angebot „Kino“ noch mehr zu bewerben. Darüber hinaus haben wir in Zusammenarbeit mit Frau Strelow die Beschilderung für das Kino an unseren Straßen verbessert“, erklärt Bierschneider. Doch wie man es letztendlich schaffe, mehr Besucher in das Kino zu bringen, dafür habe er leider auch kein Patentrezept.
„Leider wird bei den Bürgern immer erst dann gejammert, wenn etwas nicht mehr da ist, aber im Vorfeld sind die meisten dann doch nicht bereit, das Angebot vor Ort zu nutzen“, beurteilt Bierschneider die Lage. „So ist es nicht nur beim Kino, so ist es auch im Einzelhandel. Meist wird nur über Internet oder beim Großmarkt weiter weg billig eingekauft, und erst wenn der Einzelhändler vor Ort schließt, merkt man, dass man mit seinem Einkaufsverhalten die Betriebe vor Ort kaputt gemacht hat“.
Filmpreisträger wirbt für Fortbestand
„Grosses Kino auf der Berlinale und – am Tegernsee Vorhang zu“, schreibt Henric L. Würmeling der Tegernseer Stimme. Würmeling, der inzwischen in Rottach-Egern lebt, ist vom Fach. Er war viele Jahrzehnte Redakteur des Bayerischen Fernsehens, davon die letzten zehn Jahre Programmbereichsleiter. Seine ARD-Dokumentationen erhielten zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Bayerischen Fernsehpreis.
Für einen Filmemacher wie Würmeling ist der Verlust eines ambitionierten Kinos besonders schmerzlich. „Kein Kino mehr für Kinder wie das Weihnachtsprogramm “Heidi “, Jugendliche müssen fürs Kino aus dem Tal und was sollen die Touristen und Sommergäste bei schlechtem Wetter machen“, schreibt Würmeling.
„Frau Strelow hat mit unermüdlicher Energie, Gespür und Engagement bis ans finanziell Eingemachte anspruchsvolles Kino ins Tal gebracht. Volkstheater ist wichtig, aber Kino für alle auch. Beides hat mit Unterhaltung und Kultur zu tun. Helft, dass Strelows Kino an der Weissach bleiben kann“, engagiert sich der preisgekrönte Würmeling. Doch die Fakten sprechen gegen den Fortbestand des Kinos.
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