Letzte Woche brachte BR Data den Stein ins Rollen: Mit einer Recherche zur Nahversorgung in der Stadt und auf dem Land rückte wieder das Thema des schwindenden Einzelhandels in den Fokus. In dem Bericht bezieht sich der BR auf Angaben der Firma Trade Dimensions im Auftrag der Staatsregierung. Demnach gebe es in mehr als 500 bayerischen Gemeinden keine Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel, 157 von ihnen haben weder einen Bäcker noch einen Metzger – sie gelten demnach als komplett unversorgt.
Schwierige Situation im Einzelhandel
Im Zuge dieser Recherche wurden auch die Zahlen für den Landkreis Miesbach öffentlich. Demnach sei der Landkreis stärker vom Ladensterben betroffen als Andere. Die Zahl der Lebensmittelgeschäfte sei in den letzten zehn Jahren um zehn Prozent zurückgegangen. Hört sich erst mal nach viel an. Aber in absoluten Zahlen dann doch nicht so dramatisch. So schlossen in den vergangenen zehn Jahren fünf Lebensmittelgeschäfte im gesamten Landkreis.
Florian Brunner von der Standortmarketing-Gesellschaft Landkreis Miesbach stimmt dem Trend zu: „Die Lage im Einzelhandel ist in den letzten Jahren erheblich schwieriger geworden.“ Doch sieht er die Ursache nicht bei Edeka, Netto, Aldi und Co.:
Ich sehe die Discounter oder die großen Supermarktketten hier im Landkreis gar nicht so als Problem. Die größte Konkurrenz ist das Internet und das damit veränderte Konsumverhalten der Leute.
Dennoch ist er der Meinung, dass die Nahversorgung im Landkreis Miesbach und speziell auch im Tegernseer Tal immer noch sehr gut da stehe. „Ich habe nicht den Eindruck, dass wir in diesem Bereich besonders große Defizite hätten.“ Grund hierfür sei natürlich vor allem der Tourismus, ohne den sehe das ganz anders aus.
Erfolg durch Qualität und Handwerk
Zwar haben laut BR Data in den vergangenen Jahren fünf Einzelhändler hier im Landkreis geschlossen, doch die Bäckerei Schinagl in Tegernsee ist ein Beispiel für neue Läden, die im Tal Fuß gefasst haben. Bäckermeister Rubert Schinagl kann für sich selbst ein positives Fazit ziehen: „Einerseits ist es schon so, dass es immer weniger kleinere Geschäfte gibt, doch wir sind hier sehr zufrieden.“ Er sei glücklich über die Situation am Tegernsee:
Eigentlich kann man fast schon sagen, dass wir hier im Tal auf Wolke 7 schweben, da es hier noch so viele Menschen gibt, die auf Persönlichkeit und Qualität Wert legen.
Außerdem sei laut Schinagl die Dichte von großen Supermärkten nicht so groß wie in anderen Regionen, deshalb glaube er auch nicht, dass die großen Märkte die kleinen Läden auffressen. Er sieht sich bestärkt in seinem Motto für seine Bäckerei: „Wir machen alles selbst und so transparent wie möglich für den Kunden.“ Dieser Weg sei zwar sehr aufwendig und arbeitsintensiv, „aber das ist unsere Philosophie und die wird von den Leuten auch geschätzt.“
Im Rottacher Malerwinkl gibt es ein einzigartiges Paradebeispiel für den Erfolg eines kleinen Lebensmittelgeschäftes: Margret Mannhardts Kramerladl in der Seestraße. Die über 70-Jährige betreibt das Geschäft bereits in dritter Generation – gegründet wurde er im Jahr 1896 von ihrer Großmutter. Schon vor einiger Zeit erklärte Mannhardt:
Vom Kaviar bis zum Schuahbandl gibt’s bei uns ois. Wos mir ned ham, des brauchans ned.
Neben dieser Vielfalt an alltäglichen aber vor allem regionalen Produkten ist es vor allem die Herzlichkeit der Betreiberin, die den Kramerladl so besonders macht. Es mache ihr bis heute Spaß, „weil immer so nette Leid vorbei keman.“ Deshalb nimmt sie sich auch immer Zeit „für an gloanan Ratsch.“
Kramerladl bleibt in der Familie
Außerdem sei der Ort des Geschäfts in der Seestraße entscheidend für ihren Erfolg: „Unser Kramerladl hod so a schene Lage hier, do konn’s ja nur guad lafn“, erklärt sie lachend. Für sie sei es vor allem wichtig, dass sie bereits einen Nachfolger in der Familie für ihren Laden hat.
Einer ihrer sechs Enkel, Adriano Mannhardt, mache jetzt eine Ausbildung bei Dallmayr, um danach den Kramerladl zu übernehmen. „Des is einfach a scheens G’fui.“ Mit ihrem kleinen, traditionsreichen “Tante-Emma-Laden” gibt Mannhardt den kleinen Geschäften in der Region Hoffnung.
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